G7-Plan:"Die Banken werden später zur Kasse gebeten"

Fünf Schritte gegen den Absturz: Der Plan der G-7-Länder zur Rettung der Finanzbranche passt auf eine DIN-A4-Seite. Doch der Teufel steckt im Detail.

Martin Hesse

"Wir haben den Aktionsplan bewusst sehr kurz formuliert, weil wir eine klare Botschaft aussenden wollen", sagt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück über den Plan, mit dem die führenden Industrienationen (G 7) der Krise beikommen wollen. Tatsächlich umfasst der Plan nur fünf Punkte, ein paar erläuternde Sätze und passt auf eine DIN-A4-Seite. Ob die Botschaft so klar ist, wie Steinbrück sie verkaufte, ist umstritten. "Der Teufel steckt im Detail, Details aber nennt der Plan nicht", kritisierte Jacob Frenkel, Vize-Präsident des Versicherungskonzerns AIG. Dies sind die fünf Elemente des Plans:

Keine Pleite großer Institute

Die G 7 verpflichten sich, alle Mittel auszuschöpfen, um systemrelevante Institute zu unterstützen und ihren Zusammenbruch zu verhindern. Wie die einzelnen Staaten das machen und welche Banken sie für systemrelevant halten, obliegt den nationalen Regierungen.

Garantien für den Zahlungsverkehr

Die G 7 wollen alle notwendigen Schritte unternehmen, um den zusammengebrochenen Kredit- und Geldmarkt wieder zu beleben. Sie wollen sicherstellen, dass Banken und andere Finanzdienstleister breiten Zugang zu Liquidität und Refinanzierung haben. Wie das geschehen soll, ist offen. Bundesbankpräsident Axel Weber sagte, ein Instrument könnte staatliche Garantien für Geldgeschäfte unter Banken sein. Er verwies auf Großbritannien, dass derartige Garantien bereits angekündigt hat. Der Interbankenmarkt ist für die Kreditinstitute überlebenswichtig, um ihr Geschäft kurz- und mittelfristig zu refinanzieren.

Staatliches Kapital

Die Industriestaaten wollen sicher stellen, dass ihre Banken und andere Finanzdienstleister bei Bedarf sowohl aus privaten als auch staatlichen Quellen genug Kapital zur Verfügung gestellt bekommen, um das Vertrauen wieder herzustellen. So soll außerdem gewährleistet werden, dass die Banken Verbraucher und Unternehmen weiterhin mit Krediten versorgen können. Die jeweiligen Regierungen würden also wie eine Art Staatsfonds agieren: Sie geben Kapital, ohne eine Mehrheit an einzelnen Banken zu erwerben. Auf die Anteile erhalten sie wie andere Aktionäre Dividenden und können sie wieder veräußern, wenn sich die jeweilige Bank stabilisiert hat.

"Die Banken werden später zur Kasse gebeten"

Garantie für Spareinlagen

Die Einlagensicherungs- und Garantiesysteme der G-7-Staaten sollen so gestaltet sein, dass die Einlagen der Kunden sicher sind und ein Ansturm auf die Banken verhindert wird. Die Einlagen sind für Banken eine der letzten sicheren Finanzierungsquellen. Damit sprechen die Regierungen eine Garantie aus, wie sie Bundeskanzlerin Angela Merkel in Deutschland bereits gegeben hatte. Auf welche Art von Einlagen oder Sparguthaben sich die Garantien beziehen, ist in dem Rahmenplan nicht festgelegt.

Bilanzregeln werden gelockert

Die G-7-Staaten wollen sicher stellen, dass der Markt für den Handel von Immobilienkrediten und anderen verbrieften Forderungen wieder funktioniert. Derzeit sind viele dieser Wertpapiere nicht handelbar, weshalb Banken sie in ihren Bilanzen abschreiben müssen - auch wenn nicht sicher ist, dass die zugrundeliegenden Kredite letztlich ausfallen. Denkbar ist zum einen, dass die Regierungen den Banken Papiere abkaufen. Zum anderen sollen Bilanzierungsregeln so geändert werden, dass Banken Wertpapiere aus ihrem Handelsbestand in einen anderen Teil der Bilanz umbuchen können. Während Vermögenswerte im Handelsbuch ständig an aktuelle Marktpreise angepasst werden müssen, werden sie im so genannten Bankbuch nur in dem Maße abgewertet, wie tatsächlich Zahlungsausfälle zu erwarten sind. Dadurch könnte, so das Kalkül der G 7, die Abwärtsspirale aus Abschreibungen, Kapitalbedarf, Verkaufsdruck und neuen Abschreibungen gebrochen werden.

Diese fünf Maßnahmen sollen nach dem Willen der G 7 so schonend wie möglich für die Steuerzahler umgesetzt werden. Das könnte unter anderem bedeuten, dass Banken, die etwa Garantien in Anspruch nehmen, dafür Gebühren entrichten müssen. "Die Banken werden später zur Kasse gebeten", sagte Bundesbankpräsident Axel Weber. Außerdem können die Regierungen den Banken Auflagen machen, etwa bezüglich der Höhe von Managervergütungen.

Jeder Staat kann selber festlegen, welche Hilfen er anbietet. In der Erklärung ist aber festgehalten, dass keine Maßnahme anderen Staaten schaden darf. Stattdessen sollen die Regierungen ihre Hilfen koordinieren. Tun sie dies nicht, besteht die Gefahr, dass Investoren und Kunden Geld von Banken abziehen, die weniger Hilfe erhalten, und es zu den besonders begünstigten schleusen. Die französische Finanzministerin Christine Lagarde sagte vor dem internationalen Bankenverband IIF in Washington: "Wir müssen koordiniert vorgehen und als koordiniert wahrgenommen werden."

Die G 7 erklären außerdem, sie woll-ten makroökonomische Instrumente nutzen, um die Krise zu bekämpfen. Laut Steinbrück heißt das etwa, dass in der jetzigen Situation nicht Steuern erhöht oder Ausgaben gesenkt werden, um die Konjunktur nicht zusätzlich zu belasten. Ein Konjunkturprogramm lehnte Steinbrück aber bis zuletzt ab, anders als die Französin Lagarde. An die Banker in Washington gewandt sagte sie: "Wir müssen auch an die Realwirtschaft denken."

Abschließend heißt es in dem Aktionsplan, die G 7 wollten die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der Krisenbekämpfung stärken und das Finanzsystem reformieren. Die Diskussion über die künftige Funktion des IWF und eine Neuordnung der Finanzwelt hat jedoch gerade erst begonnen. "Wir müssen der Finanzwelt eine neue Architektur geben - das ist ein langwieriger Prozess."

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