Süddeutsche Zeitung

Frankreichs designierter Präsident:Der Yacht-Faktor

Kaum gewählt, fällt Frankreichs designierter Präsident Nicolas Sarkozy mit Formen der Vorteilsnahme auf, die ihm in anderen Ländern erheblich schaden würden. In Frankreich regt sich hingegen noch nicht einmal bei der Opposition Kritik.

Michael Kläsgen

Bei Nicolas Sarkozy durfte man auf einiges gespannt sein. Dass der neue französische Präsident sich aber noch vor seinem Amtsantritt so etwas leistet, überrascht dann doch: Kaum gewählt, steigt er, was nicht dementiert wird, in den Düsenjet des Industriellen Vincent Bolloré, um sich auf dessen Yacht ,,auf das Amt vorzubereiten''.

Die Yacht soll man für 173.000 Euro in der Woche mieten können. Sarkozy aber zahlt wohl nichts. Er zahlte angeblich schon die Nacht nach seiner Wahl im Edelhotel Fouquet's nicht, in dem das Zimmer bis zu 3000 Euro kostet.

In Deutschland mussten Politiker wegen harmloserer Formen der Vorteilsnahme zurücktreten. In Schweden dürfen sie nicht einmal einen Blumenstrauß annehmen, ohne ihn zu deklarieren. Das ist richtig so. Sarkozy sollte deshalb, wenn die Informationen stimmen, sein Amt gar nicht erst antreten.

Kein Unrechtsbewusstsein

Ihm fehlt es am nötigen Unrechtsbewusstsein, sonst hätte er den Familienausflug nicht gemacht. Naiv ist er dazu, wenn er glaubte, unentdeckt zu bleiben.

Obendrein ist er nicht ehrlich. Er gehe ins Kloster, hatte er zuvor angekündigt. Man könnte nun meinen, dies alles löse einen Skandal aus. In Frankreich regt sich darüber aber nicht einmal die Opposition auf.

Auch dass der bekannteste Steuerflüchtling des Landes, der Rocksänger Johnny Hallyday, für Sarkozy Wahlkampf machte, blieb unkommentiert. Jetzt will der Künstler wieder zurückkommen.

Verbindungen zu den Medien

Die Verbindungen Sarkozys zu den Medien stören ebenso wenig. Überflüssig zu sagen, dass auch Bolloré Zeitungen und TV-Kanäle besitzt. Das mag erklären, wie Sarkozy sich als Erneuerer produzieren konnte.

In Wahrheit ist alles beim Alten geblieben oder noch schlimmer geworden. Aber: Jedes Land hat den Präsidenten, den es verdient.

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Quelle:
SZ vom 09.05.07
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