Fondsmanager:Puzzeln in der Zwangsjacke

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Kontrolle und zentrale Investmentpolitik knebeln deutsche Fondsmanager. Viele klagen über fehlende Freiheiten. Wie passt Sicherheit zur Branche?

Markus Zydra

Geldverwalter kann ein toller Job sein. Man genießt Vertrauen, Sparer geben den Experten ihr Kapital und ein guter Fondsmanager hat dann den richtigen Riecher, um das Beste für die Kunden herauszuholen: Er investiert in die richtigen Aktien zum richtigen Zeitpunkt und verkauft die Papiere rechtzeitig, bevor die Kurse purzeln. Ja, so schön könnte es sein, doch gerade in vielen großen Fondshäusern weht ein anderer Wind. "Die Kontrolle von Risiko, Kursschwankungen und Korrelationen, all diese mathematischen Dinge spielen eine immer wichtigere Rolle", klagt ein Fondsmanager, der ungenannt bleiben will. "All das bringt mehr Sicherheit, aber was hat das mit Investieren zu tun?"

Fondsmanager haben es immer stärker mit Kontrolle und Vorgaben zu tun. Da bleibt wenig Zeit, sich Unternehmen genauer anzuschauen. (Foto: Foto: AP)

Diese Frage stellen sich viele in der Branche. Klassische Investition bedeutet: Man analysiert ein Unternehmen und kauft dann die Aktien. "Doch wegen der administrativen Dinge hat man kaum noch Zeit, Unternehmen anzuschauen", berichtet der Fondsmanager. "All das lähmt meine eigentliche Arbeit." Das Korsett ist mitunter eng. Manchmal dürfen Fondsmanager nicht das Wertpapier kaufen, was sie für richtig halten, denn der einzelne Geldverwalter ist nur ein kleiner Teil der großen Maschine.

Die Unternehmenssteuerung entscheidet

"Wir sehen die Tendenz im Fondsmanagement, dass es dort weniger Freiheiten gibt", sagt Peter Schenk, Leiter Kapitalmarktcontrolling bei der Meag, dem Vermögensverwalter des Rückversicherers Munich Ergo. "Es ist weniger der Riecher des Fondsmanagers, der entscheidet, vielmehr ist es die Unternehmenssteuerung", sagt Schenk. So dürfen beispielsweise Goldminenaktien nicht gekauft werden, wenn die zentral definierte Investmentpolitik das verbietet.

"Die Fondsmanager werden durch vielerlei eingeschränkt", sagt Werner Hedrich, Chefanalyst der Ratingagentur Morningstar. Etwa indem keine Aktienposition mehr als zwei Prozent des Gesamtportfolios ausmachen darf. "Dann kann der Fondsmanager nur noch puzzeln", räumt Hedrich ein. Und die Folgen sind schlimm. "Die Identifikation deutscher Fondsmanager mit ihrem Produkt ist schlecht, weil sie es oft vom Produktmanagement aufgedrückt bekommen", sagt Hedrich. Ein Beispiel seien Klimafonds, wo der Manager nicht viel machen dürfe. "Die Frage ist jedoch, ob die Fondsmanager es mit mehr Freiheit besser machen würden", sagt Hedrich.

Fixierung auf den Stoxx

Diejenigen, die es besser können, verlassen die großen Fondshäuser meist und machen sich selbständig. Einer davon heißt Martin Stürner, Vorstandschef der PEH Wertpapier, der den entscheidenden Unterschied zu den großen Fondsgesellschaften so beschreibt: "Wir haben 100 Prozent oder Null Prozent Aktien, die anderen wechseln zwischen 100 Prozent und 90 Prozent."

Stürner spielt auf die sogenannte Benchmark-Fixierung der meisten Aktienprodukte an. So werden beispielsweise viele "Aktienfonds Europa" so gemanagt, dass ihre Rendite nicht von der Rendite des europäischen Aktienindex Stoxx abweicht - im Stoxx sind die größten europäischen Unternehmen gelistet. Dasselbe gilt für Rohstofffonds oder Länderfonds, sehr häufig gibt es einen Index als Vergleichsmaßstab. Folgerichtig haben die Fondsmanager in dieser Zwangsjacke kaum Freiheiten bei der Entscheidung, welche Aktien sie kaufen.

Sonst würden sie ganz schnell riskieren, hinter die Rendite des Index zurückzufallen und das gilt dann in der Branche als besonderer Malus. "Viele denken noch immer, man muss nur lange genug in Aktien investiert sein, dann hat man auch Erfolg", kritisiert Stürner. "Doch Fondsmanager müssen den Mehrwert bringen, wenn die Kurse fallen und sie die Aktienquote rechtzeitig senken", fordert Stürner. Es sei pervers und anmaßend, in einer Baissephase die besten Aktien finden zu wollen. "Das ist als ob man in ein Piranhabecken springt", sagt Stürner.

Die Krux mit der Kurzfristigkeit

Dennoch werden noch immer viele Benchmark-Fonds an die Privatsparer verkauft. Das ist der Erfolg des Marketings. "Die Performance spielt im Publikumsfondsbereich kaum eine Rolle", berichtet ein anderer Fondsmanager. "Auch ein Fonds, der gute Renditen aufweist, sich aber schlecht verkauft, der wird gekippt", sagt er. "Mittlerweile halten Anleger Investmentfonds kaum länger als ein Jahr, die Fonds sind auch gar nicht auf 30 Jahre ausgelegt", so der Experte. Das widerspreche dem Gedanken des langfristigen Investments.

"In der Fondsindustrie gibt es zwei Kategorien, das Management und das Marketing, beides darf nicht verwoben werden,", sagt Stürner, der das Gegenteil beklagt. "Goldfonds kommen beispielsweise erst auf den Markt, wenn der Goldpreis schon 100 Prozent gestiegen ist."

© SZ vom 11.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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