Fondsmanager Paulson:Hässliche Kratzer am Image

John Paulson hat unfassbar viel Geld mit Wetten auf den Kollaps des Immobilienmarktes gewonnen. Nun zeigt sich: Der Star-Spekulant ist tief in die Geschäfte verstrickt.

Moritz Koch

Der Mann mit den geschwollenen Tränensäcken galt als weiser Mann der Wall Street. Als Querdenker, der sich rechtzeitig gegen die Doktrin der ewig steigenden Immobilienpreise auflehnte. Mehrere Bücher wurden über ihn geschrieben - mit ehrfürchtigen Titeln wie: "Das beste Geschäft aller Zeiten. Wie John Paulson Finanzgeschichte schrieb."

John Paulson, Reuters

Paulson sah den Absturz des Immobilienmarktes voraus - und setzte voll auf das Fiasko.

(Foto: Foto: Reuters)

Gewinn: 3,7 Milliarden Dollar

Die Klage der US-Börsenaufsicht gegen die Investmentbank Goldman Sachs kratzt nun am Heldenimage des Anlage-Genies. Zwar wirft die SEC Paulson nichts vor. Aber ihre Ermittlungen zeigen, dass der Starspekulant tief in den Fall verstrickt ist. Mehr noch: Ohne ihn hätte Goldman das Wertpapier, mit dem sich Investoren wie das deutsche Geldhaus IKB schwere Verluste einhandelten, womöglich niemals aufgelegt.

John Paulson wurde 1955 im New Yorker Stadtviertel Queens geboren. In Harvard studierte er Betriebswirtschaft und machte in den 80er Jahren bei der Investmentbank Bear Stearns Karriere. Mitte der 90er Jahre gründete er seinen eigenen Hedgefonds.

Doch immer noch war er ein Nobody. Erst als die Jahrhundertkrise aufzog, schlug seine große Stunde. Paulson sah den Absturz voraus, setzte voll auf das Fiasko und wurde unvorstellbar reich. 3,7 Milliarden Dollar soll er im Jahr 2007 verdient haben.

Währenddessen steuerte sein alter Arbeitgeber auf die Pleite zu. Nur ein Staatseingriff bewahrte Bear Stearns im Frühjahr 2008 vor der Insolvenz. Schon 2006 erkannte Paulson, dass der Immobilienmarkt vor dem Kollaps stand.

Zu einer Zeit, in der die Wall Street noch Milliardengewinne mit Hypotheken an einkommensschwache Haushalte erzielte, wollte er auf fallende Preise wetten, vor allem in Florida, Nevada, Arizona und Kalifornien, wo die Märkte seiner Ansicht nach besonders überhitzt waren. Gegen eine Gebühr von 15 Millionen Dollar war Goldman bereit zu helfen.

"Famoser Fab"

Paulsons Geschäftspartner war der 31-jährige Goldman-Banker Fabrice Tourre, oder: "Der Famose Fab", wie Tourre sich selbst nannte. Die SEC hat eine Email aufgetrieben, in der der profithungrige Emporkömmling einem Freund schreibt: "Mehr und mehr Schulden im System, das ganze Gebäude steht vor dem Einsturz, der einzige potentielle Überlebende, der famose Fab, der inmitten dieser komplexen, schuldenfinanzierten Geschäfte steht, ohne notwendigerweise alle Implikationen dieser Monstrositäten zu verstehen."

Anders als Tourre verstand Paulson genau, was vor sich ging. Nach Ermittlungserkenntnissen der SEC wählte er selbst die Hypothekenbündel aus, die Tourre zu Anlageinstrumenten verwandelte und in alle Welt verkaufte. Möglichst krisenanfällig sollten die Konstrukte sein. Schließlich schloss Paulson Wetten auf ihren Preisverfall ab.

Die SEC ahndet nur Anlegertäuschung, in diesem Punkt ist Paulson nichts vorzuwerfen. Er hatte aus seiner Überzeugung, dass ein Crash bevorstehe, nie einen Hehl gemacht. Tourre dagegen soll Investoren mit Versicherungen, dass Paulson nicht gegen sie, sondern mit ihnen wettet, betrogen haben. Doch auch Paulsons Vorgehen ist fragwürdig. Die Anlagen, die auf seinen Wunsch konstruiert und vermarktet wurden, machten die Krise schlimmer, sagen Experten. Kein Stoff für Heldensagen.

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