Süddeutsche Zeitung

Fitnessstudio kündigen:So kommen Sie raus aus dem Fitnessstudio-Vertrag

  • Viele Nutzer von Fitnessstudios hängen in teuren Verträgen mit langer Laufzeit. Bei den Verbraucherzentralen ist Ärger mit den Studios Dauerthema.
  • Doch wie kommt man raus aus dem Vertrag? Das hängt ganz davon ab, welchen Grund man vorweisen kann. Was unbedingt zu empfehlen ist: hartnäckig bleiben.

Von Berrit Gräber

Gute Vorsätze holen nach der Weihnachtszeit so manchen von der Couch: Die bundesweit 8300 Fitnessklubs haben zu Jahresbeginn wieder deutlich mehr Zulauf als sonst gehabt. Bauch-, Beine-Po- oder Spinning-Kurse sind überfüllt, die Studios voll mit Sportlern, die Muskeln und Kondition trainieren wollen. Die Branche boomt mit mehr als 9,5 Millionen Mitgliedern. Günstige Preise locken, da binden sich viele Einsteiger gleich für zwei Jahre. Spätestens im Sommer, wenn der Ehrgeiz schwindet, die Monatsbeiträge von 50 Euro und mehr aber weiterlaufen, gibt es ein böses Erwachen: Der Vertrag lässt keine vorzeitige Kündigung zu. Selbst wenn jemand wegen eines Umzugs oder aus gesundheitlichen Gründen raus aus dem Vertrag will, gebe es Probleme zuhauf, sagt Tatjana Halm, Juristin der Verbraucherzentrale Bayern.

Ärger mit Fitnessstudios sei ein Dauerthema bei den Verbraucherzentralen, sagt Jurist Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen. Wer sich für ein, zwei Jahre an ein Sportstudio binde, sollte immer bedenken, dass sich die Verträge nicht so einfach widerrufen lassen. Aktionspreise und Sonderrabatte sollten kein Anreiz sein, schon nach fünf Minuten an Ort und Stelle zu unterschreiben, warnt Hummel. Denn: Verträge sind zu erfüllen und Mitgliedsbeiträge laufen weiter, egal, ob der Freizeitsportler regelmäßig trainiert oder pausiert.

Wer wichtige Gründe hat, kann allerdings doch früher kündigen (Az. BGH XII ZR 42/10), wie der Bundesgerichtshof entschieden hat. Demnach darf ein Kunde den Vertrag stornieren, wenn er die Vertragsleistung nicht mehr nutzen kann, auch wenn er wollte. Dieses Recht auf eine außerordentliche Kündigung kann in einem Fitnessvertrag nicht ausgeschlossen werden. Bleibt die Frage - was ist ein wichtiger Grund? Dazu zählt nach Auffassung der BGH-Richter in erster Linie eine ernste und dauerhafte Erkrankung des Sportlers. Woran er leidet, braucht er bei seiner Kündigung nicht angeben. Ein ärztliches Attest, das die Untauglichkeit für den Fitnesssport allgemein bestätigt, muss dem Studio reichen, sagen die Richter.

In der Praxis nutzt häufig jedoch auch ein Attest nichts, wie eine Online-Umfrage der Verbraucherzentralen im vorigen Herbst ergab. Wer aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aussteigen will, stoße bei vielen Studio-Betreibern auf Widerstand, so Hummel. Sein Rat: Hartnäckig bleiben und verhandeln. Viele Studiobetreiber lassen sich überzeugen, den Vertrag in der Krankheitspause auf Eis zu legen oder die bezahlte, ungenutzte Zeit nachholen zu lassen. Die Umstände müssen im Einzelfall abgewogen werden. Wer so krank ist, dass er nach einer Operation dauerhaft, womöglich über Monate, das Bett hüten muss, dem sei ein Fortführen des Fitness-Vertrags nicht zuzumuten, so der Jurist. Waren die Beschwerden schon von Anfang an bekannt, liegt kein wichtiger Grund zur Sonderkündigung vor. Es sei denn, der Gesundheitszustand des Mitglieds hat sich wesentlich verschlechtert. Dann muss das Studio die Kündigung nach Ansicht der Verbraucherjuristen akzeptieren.

Wird eine Frau nach Vertragsabschluss schwanger, kann auch sie nicht so einfach wieder gehen. Verläuft die Schwangerschaft kompliziert, kann sie sich mit ärztlichem Attest aber auf einen wichtigen Kündigungsgrund berufen. Klauseln, die eine Schwangerschaft als Kündigungsgrund ausschließen, sollten allerdings gar nicht erst hingenommen werden, so Hummel.

Viele Verträge verlängern sich automatisch

Fitnessstudio-Mitglieder haben auch im Umzugsfall Probleme. Der BGH urteilte, dass ein Umzug während der Vertragslaufzeit das Risiko des Kunden sei und damit nicht per se Grund für eine außerordentliche Kündigung (Az. BGH, XII ZR 62/15). Allerdings haben Amts- und Landgerichte schon anders geurteilt, gibt Juristin Halm zu bedenken. Ihre Empfehlung: Wer wegzieht und weite Anfahrtswege in Kauf nehmen muss, um das Studio zu nutzen, sollte mit dem Betreiber über eine kulante Lösung verhandeln. Manche Studios kommen Kunden von sich aus entgegen.

Zieht das Fitnessstudio selbst um, dürfen Kunden ihren Vertrag außerordentlich kündigen. Das Studio darf dies nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließen. Wechselt aber nur der Inhaber, bleiben Geräte und Kurse gleich, gibt es keinen Grund, vorzeitig gehen zu dürfen. Ändert sich allerdings das Sportangebot grundlegend, dann kann das zur Kündigung berechtigen. Das gilt etwa, wenn die Öffnungszeiten stark zusammengestrichen werden oder der Fitness-Klub die Zahl der Geräte deutlich reduziert. Klauseln im Kleingedruckten wie "Änderungen vorbehalten" sind zu pauschal und damit unwirksam, entschied das Landgericht Heidelberg ab (Az. 5 O 137/98).

Die meisten Fitnessstudio-Verträge laufen übrigens zwei Jahre - und werden verlängert, wenn der Kunde vergessen hat, rechtzeitig zu kündigen. Weitere sechs Monate bei einem Monatsbeitrag bis zu 50 Euro sind nach Ansicht des Bundesgerichtshofs durchaus zulässig (Az. BGH, XII ZR 193/95). Aber: Eine Verlängerung um mehr als zwölf Monate darf nicht sein, sagen Verbraucherschützer.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3357560
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 01.02.2017/jps
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.