Firmengärten:Im Büro, aber draußen

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Grün beruhigt, das wissen auch die Unternehmen - und pflanzen kräftig an. Zum Beispiel in Berlin.

Von Ingrid Weidner

Ein Garten inspiriert und schafft Möglichkeiten zur Entspannung, auch während des Arbeitstages. Als Andreas Contag in Berlin ein Grundstück für sein Unternehmen suchte, wollte er neben der Halle für die Produktion von Leiterplatten und den Verwaltungsräumen auch einen Erholungspark für die Mitarbeiter schaffen. 2005 fand er eine passende Fläche in Spandau. Gemeinsam mit dem Garten- und Landschaftsarchitekturbüro "Grün der Zeit" aus Potsdam entstand ein 14 Hektar großer Park, mit Kurven und Hügeln, und genug Platz für Liegestühle, Beach-Volleyball, Fußball und Tischtennis.

"Das ganze Jahr über blüht etwas im Garten", sagt Guido Strehl von Contag. Ein festangestellter Gärtner kümmert sich um die Anlage, unterstützt wird er von Mitarbeitern einer Behindertenwerkstatt. Das Unternehmen investiert etwa 25 000 Euro pro Jahr in den Park. Neben Blumen und Sträuchern gibt es auch zwei Walnuss- und Apfelbäume, deren Früchte die Mitarbeiter ernten dürfen, sowie kleinere Kräuterbeete. Gerade diskutiert die Belegschaft, ob es Mitarbeiter-Beete zum Gärtnern geben soll. Strehl erzählt, dass der Erholungspark den etwa 100 Mitarbeitern gut gefällt.

Das Engagement von Contag wurde beim Wettbewerb "Firmengärten" in Berlin in der Kategorie "Firmengelände" ausgezeichnet. Ausgeschrieben wurde der undotierte Preis vom Bund Deutscher Landschaftsarchitekten Berlin/Brandenburg, gemeinsam mit zahlreichen Partnern. Beworben hatten sich 17 Unternehmen, die Gärten für ihre Mitarbeiter angelegt hatten. Jury-Vorsitzender Philipp Sattler freut sich über die Vielfalt. "Manche Firmengärten wurden von Landschaftsarchitekten geplant und mit hochwertigen Materialien umgesetzt, andere setzen auf Urban Gardening oder Shabby Chic und beziehen die Mitarbeiter stark mit ein", sagt der Landschaftsarchitekt.

In der Kategorie "Firmengarten" gewann der Metallverarbeitungsbetrieb "Juliwerk Berlin". Den kahlen Hinterhof der Firma verwandelte Inhaber Justus Lippke in 20 Jahren in eine grüne Oase. Exotische Pflanzen finden sich dort genauso wie einheimische, auch einige Bienenvölker gibt es im Hinterhof. Die Jury überzeugte der bienen- und insektenfreundliche Garten, der auf Beständigkeit setzt und der vor Kurzem um eine 200 Quadratmeter große Brache erweitert wurde.

Ehemalige Industrieanlagen und Branchen gibt es in Berlin immer noch. Greg Koch, Mitgründer und Chef von Stone Brewing aus San Diego, suchte in Europa einen neuen Standort und sichtete mehr als 130 Objekte. In Berlin-Marienfelde fand er ein ehemaliges, 1901 erbautes Gaswerk, das er 2014 kaufte, umbaute und 2016 dort eine Brauerei mit Gastronomie eröffnete. Einen Biergarten hat es dort nicht, dafür einen 5000 Quadratmeter großen Garten. "Wir verwenden nur natürliche Materialien wie Holz und Stein, die Pflanzen kommen ohne künstlichen Dünger aus", sagt Judith Semrau von Stone Brewing Berlin. Zwei Teilzeit-Mitarbeiter pflegen die Anlage, die von Freiraumplanung Wolff aus Berlin geplant wurde. Stone Brewing hat in der Kategorie "Gewerblich genutzte Freianlagen" gewonnen.

Auch die Malzfabrik in Schöneberg ist ein altes Fabrikgebäude, das 2005 von Frank Sippel, Geschäftsführer von Real Future, einem Immobilienentwickler, in eine Gewerbeimmobilie umgewandelt wurde. 2010 kaufte er das Nachbargrundstück mit einem weiteren Gebäude sowie Brachflächen hinzu. Auf der 15 000 Quadratmeter großen Außenfläche entstand über die Jahre ein naturnaher Park mit heimischen Pflanzen, die sich selbst aussäen und wenig Wasser brauchen. Gepflegt wird der Park von einem Gärtner. Auch Parzellen mit Mieter-Beeten gibt es auf dem Gelände sowie "Draußenbüros", die von den um die 90 Mietern der Malzfabrik genutzt werden. Zwei Wasserbecken mit einem Gesamtvolumen von 1900 Kubikmeter nehmen das Regenwasser auf. "Eines dieser Becken dient als Biotop, das zwei Drittel des Regenwassers der versiegelten Fabrikflächen vorfiltert und speichert. Das andere Wasserbecken können unsere Mieter im Sommer zur Abkühlung nutzen. Das Frischwasser kommt aus dem hauseigenen Tiefbrunnen, und für eine gute Wasserqualität brauchen wir keine Chemie", sagt Karoline vom Böckel, Nachhaltigkeitsbeauftragte der Malzfabrik. Ausgezeichnet wurde die Fabrik mit dem Sonderpreis "Biologische Vielfalt", denn der naturnahe Garten lockt viele Insekten und Tiere an. Auch Frösche quaken dort, und weil die Malzfabrik ein reines Gewerbegebiet ist, beschwert sich niemand darüber. Nähere Informationen über die Projekte unter www.firmengaerten-berlin.de.

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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