Finanzmarktkrise:Anleger machen Kasse - Öl und Gold brechen ein

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Die Lage an den internationalen Märkten entspannt sich vorerst. Die Preise für Gold und Rohöl geben deutlich nach, auch der Euro entfernt sich langsam von seinem Rekordniveau. Der Dax verharrte dagegen auf niedrigem Niveau.

Der Ölpreis ist angesichts eines deutlichen Nachfragerückgangs in den USA so scharf wie seit Jahren nicht eingebrochen. Ein Barrel (159 Liter) Rohöl verbilligte sich am Donnerstag auf rund 100 Dollar. Das sind rund 7 Dollar weniger als einen Tag zuvor. Laut Analysten von JBC aus Wien handelt es sich um den deutlichsten Einbruch seit Januar 1991.

Nach Angaben der US-Energiebehörde ist der Ölverbrauch der USA in den vergangenen vier Wochen um 3,2 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode gesunken. Der Benzinabsatz fiel um 1 Prozent, wie es hieß.

Damit zeichnet sich ab, das die Abschwächung der US-Konjunktur tatsächlich den Energieverbrauch des Landes eindämmen könnte. Die USA sind der größte Energieverbraucher der Welt. Ein Nachfrageeinbruch dort könnte auch die Ölpreise im Rest der Welt beeinflussen.

Gold kostete am Donnerstag nur noch 913 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) nach dem Höchstpreis von 1032,50 Dollar vom Montag. Der Euro notierte mit knapp über 1,54 Dollar deutlich unter dem Rekordhoch von fast 1,60 Dollar. Die US-Börsen lagen im frühen Handel um etwa ein Prozent im Plus, während es beim Dax leichte Verluste gab.

Angesichts voller Benzinlager in den USA und einer guten Ölversorgung der Märkte mehren sich die Stimmen, die ein Ende des Ölpreisbooms für möglich halten. So veröffentlichte zum Beispiel die HSH Nordbank eine Analyse, nach der die Ölnotierungen auf dem aktuellen Niveau fundamental kaum zu rechtfertigen sind. Die OPEC habe den Output in den letzten Monaten deutlich erhöht und in den Nicht-OPEC-Staaten hätten mehrere neue Projekte ihren Betrieb aufgenommen oder würden dies in den kommenden Monaten tun. Zudem grassiert die Angst vor einem weltweiten Wirtschaftsabschwung, der die Nachfrage nach Öl dämpfen würde.

Ende des Ölpreisbooms?

Der Ölpreisboom wird bislang - ebenso wie bei anderen Rohstoffen und bei Gold - von den Finanzmärkten getrieben. Angesichts des sinkenden US-Dollars und fallender Aktienkurse sowie niedriger Zinsen investieren viele Anleger, Investoren und Spekulanten ihr Geld in Öl. Wie lange dieser Trend anhält, ist angesichts der unsicheren Situation an den Finanzmärkten völlig offen. Die Marktbeobachter bei den Ölfirmen halten sowohl einen weiteren Anstieg des Ölpreises wie auch einen Rückgang für möglich, je nach der weiteren Entwicklung an den Finanzmärkten. Die Ölversorgung selbst sei weltweit gewährleistet, es gebe keine Versorgungsengpässe.

Dax schließt mit Verlusten

Die deutschen Aktienindizes haben den Handel am Donnerstag vor Ostern mit Verlusten beendet. Die Finanzkrise hielt die Börsen in der gesamten Woche fest im Griff. Zwar zeigte sich der Dax am Nachmittag etwas versöhnlicher, schloss aber dennoch mit einem Minus von 0,65 Prozent auf 6.319,99 Zähler.

Im Wochenvergleich fiel der deutsche Leitindex um rund zwei Prozent oder 130 Punkte. Für den MDax ging es um 0,99 Prozent auf 8.223,53 Zähler nach unten. Der TecDax verlor 0,35 Prozent auf 701,80 Zähler.

Am Nachmittag sorgten freundliche US-Daten und eine entsprechende Entwicklung an der Wall Street nochmals für eine etwas aufgehellte Stimmung. Der Philadelphia-Fed-Index ist im März überraschend deutlich gestiegen. "Vor dem langen Wochenende herrschte am Nachmittag aber bereits deutliche Zurückhaltung. Zumal am Ostermontag hierzulande die Börsen geschlossen sind, in New York aber gehandelt wird", sagte ein Händler. Selbst der große Verfall zum Handelsschluss habe nicht mehr für viel Bewegung gesorgt.

Der Kurs des Euro fiel vor den Osterfeiertagen um über zwei Cent. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde am späten Nachmittag mit 1,5415 US-Dollar gehandelt. Zeitweise sank der Euro bis auf 1,5395 Dollar. Im frühen Handel hatte der Euro noch über 1,56 Dollar notiert. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,5423 (Mittwoch: 1,5692) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,6484 (0,6373) Euro.

"Ein zu großer Schluck aus der Pulle"

"Der jüngste Anstieg des Euro bis auf 1,59 US-Dollar war wohl ein zu großer Schluck aus der Pulle", sagte Rainer Sartoris vom Bankhaus HSBC Trinkaus. Am Montag war der Euro infolge der Bankenkrise in den USA zeitweise bis auf 1,5903 Dollar gestiegen. "Nachdem der Anstieg des Euro lange ein Selbstläufer war, scheint jetzt der Rückgang ein Selbstläufer geworden zu sein", sagte Sartoris. Mit den am Freitag veröffentlichten Konjunkturdaten lasse sich der Rückgang jedoch nicht erklären.

Ausgelöst worden sei der Rückgang durch die Zinsentscheidung der US-Notenbank (Fed) am Dienstag, sagte Sartoris. Die Notenbank habe den Leitzins am Dienstag nur um 0,75 Prozentpunkte gesenkt, obwohl damals viele Beobachter mit einer Zinssenkung um einen ganzen Prozentpunkt gerechnet hatten. Zudem habe die Fed die Inflationsgefahren stärker als erwartet betont. Die Notenbank habe damit gezeigt, dass sie nicht nur auf das Wirtschaftswachstum achtet, sondern auch auf die innere Stabilität der Währung. Dies habe den Wechselkurs des Dollars beflügelt.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,77830 (0,78590) britische Pfund, 153,20 (156,16) japanische Yen und auf 1,5632 (1,5662) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold wurde in London mit 913,50 (958,50) Dollar gefixt.

Wegen der Turbulenzen an den weltweiten Börsen pumpte die Englische Notenbank weitere Milliarden in den Geldmarkt. Die Bank of England verdoppelte am Donnerstag ihre wöchentlichen Gelder auf elf Milliarden Pfund (14,1 Mrd Euro). Mindestens bis zum 9. April würden Banken und Kreditgebern pro Woche zusätzlich fünf Milliarden Pfund zur Verfügung gestellt, teilte das Institut am Donnerstag in London mit. Unterdessen trafen sich Chefs der fünf führenden britischen Banken mit dem Gouverneur der Notenbank, Mervyn King, um mehr staatliche Unterstützung in der Kreditkrise zu fordern.

Dabei sollte es auch um Maßnahmen gegen geschäftsschädigende Gerüchte im Finanzsektor gehen. Am Vortag war bekanntgeworden, dass angeblich falsche Gerüchte über Liquiditätsprobleme der Hypothekenbank HBOS gestreut worden waren. Die Finanzaufsicht FSA hatte deshalb am Mittwoch Ermittlungen angekündigt. Händler hatten mit Baissespekulationen der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge vermutlich Millionengewinne gemacht.

© dpa/Reuters/AP/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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