Finanzkrise in Irland:Da braut sich was zusammen

Investoren lassen Irland auflaufen, die privaten Haushalte in dem Land sind stark verschuldet und viele Immobilien stehen leer: Die Angst vor griechischen Verhältnissen geht um.

C. Gammelin und A. Oldag

An den Finanzmärkten wachsen die Befürchtungen, dass Irland wegen der ungelösten Probleme im Bankensektor zu einem zweiten Griechenland werden könnte. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat die Kreditwürdigkeit Irlands bereits vor kurzem heruntergestuft. Sie erhöht damit den Druck auf die Regierung in Dublin, Klarheit bei den Kosten für die Bankenrettung zu schaffen.

Pub in Dublin mit Bier

Während die Banken in Irland große Probleme haben, laufen andere Geschäfte noch recht gut.

(Foto: REUTERS)

Die maroden irischen Banken brauchen dringend frisches Kapital. Man sei besorgt über die Entwicklung in Irland, heißt es in der Spitze der EU-Kommission in Brüssel. "Die Banken dort haben ernsthafte Probleme", heißt es. Die Lage in Irland wurde auch auf dem Treffen der europäischen Finanzminister am Dienstag dieser Woche in Brüssel beraten. Die Minister versuchten jedoch, das Problem kleinzuhalten. Man sei zufrieden mit den Bemühungen der irischen Regierung und unterstütze deren Maßnahmen, sagte ein deutscher Verhandlungsteilnehmer.

Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia gab der Regierung in Irland am Mittwoch erneut Rückendeckung zur Sanierung ihres Bankensektors. Er erlaubte den Iren, ihr Garantieprogramm über September hinaus zu verlängern. Almunia sei sich der Situation der irischen Finanzbranche bewusst und "verstehe die Notwendigkeit, zur jetzigen Zeit mit Garantien auch für kurzfristige Verbindlichkeiten von Banken fortzufahren", teilte die EU-Kommission mit.

Hohe Risikoaufschläge

Ursprünglich sollten die Garantien der irischen Regierung für kurzfristige Verbindlichkeiten von Banken am 29. September auslaufen. Am Dienstag hatte die Regierung in Dublin jedoch angekündigt, sie bis Jahresende verlängern zu wollen. Sie benötigt dafür die Zustimmung der europäischen Wettbewerbsbehörde. Die Garantien umfassen neben Gesellschafts- auch Interbankeneinlagen und Darlehenssicherheiten. Irland steht beim nächsten Treffen der Eurogruppe Ende September in Brüssel erneut auf der Tagesordnung.

Die Risikoaufschläge auf irische Staatsanleihen stiegen indes gegenüber vergleichbaren deutschen Papieren nach der Bonitätsherabstufung durch S&P auf 340 Basispunkte. Das ist der höchste Stand seit Mai, als die Schuldenkrise in Griechenland für Aufregung am Markt sorgte. Am Donnerstag verkaufte Dublin Staatspapiere mit kurzen Laufzeiten im Gesamtvolumen von gut 400 Millionen Euro - und erzielte damit gerade einmal den angepeilten Mindesterlös. Irland hatte ein Emissionsvolumen von bis zu 600 Millionen Euro angestrebt.

Als größter Problemfall gilt die Anglo Irish Bank. Finanzminister Brian Lenihan hat jetzt eine Aufspaltung des Instituts angekündigt in eine Bad Bank, in die faule Kredite ausgelagert werden, und eine Bank mit reinem Einlagegeschäft. Langfristig soll das Institut abgewickelt werden. Doch erst Ende des Monats will Dublin genaue Zahlen bekannt geben, was an zusätzlichen Belastungen für die öffentlichen Haushalte entsteht. Die Anglo Irish Bank wurde 2009 verstaatlicht, nachdem sie unter anderem wegen des Zusammenbruchs des Immobilienmarkts in Schieflage geraten war.

Irland hat bereits viel Geld in die Rettung des Bankensektors gesteckt, das Volumen entspricht etwa 20 Prozent seiner gesamten Wirtschaftsleistung. Zugleich kletterte die Neuverschuldung 2009 auf 14,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - ein trauriger Rekord in der Euro-Zone.

Party ist vorbei

"Jetzt ist große Katerstimmung", meint Alan McQuaid, Chefvolkswirt des irischen Wertpapierhändlers Bloxham. Nach seinen Worten jongliert die Regierung mit zu vielen finanziellen Problemen gleichzeitig. So steht beispielsweise der Konjunkturaufschwung, der sich im ersten Halbjahr abzeichnete, auf schwachen Füßen. Kommt es zu einer neuen Rezession, werden Dublin die Steuereinnahmen fehlen, um die Schulden abzubauen. Die Regierung hält aber daran fest, die Neuverschuldung bis Ende 2014 auf unter drei Prozent (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) zu drücken, um die EU-Kriterien zu erfüllen.

Die Ursachen für die irische Misere sind vielfältig. Vor allem billige Kredite blähten die Bauwirtschaft auf, die vor der Finanzkrise 2008 etwa ein Fünftel der Wirtschaftskraft des Landes ausmachte. Nun sitzen viele Iren auf einem Schuldenberg und können die Kredite für ihre Immobilien nicht mehr bezahlen. Ein überdimensionierter Bankensektor, der einst zu den Paradebranchen gehörte, erweist sich als schwere Hypothek. In den Dublin Docklands, dem alten Hafengebiet entlang des Flusses Liffey, stehen Büros von Banken und Investmentfirmen leer.

Die Party auch der ausländischen Finanzfirmen, die in den vergangenen Jahren mit konkurrenzlos günstigen Steuersätzen auf die Insel gelockt wurden, ist zu Ende. Nun ächzen die Iren auch unter einer hohen privaten Verschuldung. Diese beträgt im Durchschnitt 175 Prozent des verfügbaren Einkommens pro Haushalt. Das ist höher als bei den Amerikanern mit 145 Prozent.

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