Finanzkrise: Euro-Bonds:Und wer soll das bezahlen?

Die europäischen Politiker debattieren leidenschaftlich über eine gemeinsame Euro-Anleihe. Deutschland ist dagegen - und hat gute Gründe. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Euro-Bonds im Überblick.

Markus Zydra

Selten herrscht solche Einigkeit in Deutschland: Politiker, Unternehmer, Finanzexperten und viele Bürger sind gegen die Einführung einer Euro-Anleihe, von der sich etwa der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker eine Lösung der Finanzkrise in vielen Euro-Staaten erwartet. Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem umstrittenen Wertpapier.

Deutsche Banken haben rund 103 Milliarden Euro an Irland verliehen.

Der Euro steckt in der Krise. Lassen sich mit einem Euro-Bond die Probleme lösen?

(Foto: dpa)

Was ist eine Euro-Anleihe?

Wenn der deutsche Staat mehr Geld ausgeben will als die Steuereinnahmen hergeben, muss er sich an den Kapitalmärkten verschulden. Er begibt über die deutsche Finanzagentur eine Anleihe in Euro - man kann also von einer deutschen Anleihe in Euro sprechen. Im Unterschied dazu würden bei der Euro-Anleihe die Euro-Staaten als Ganzes einen Kredit aufnehmen und diesen dann an die Mitglieder insgesamt oder nur an ein Land geben.

Was spricht für die Euro-Anleihe?

Der gute Ruf der reichen Euro-Staaten soll die Bonität der Pleite-Kandidaten verbessern: Eine Euro-Anleihe böte den Griechen und Iren deutlich niedrigere Zinsen.

Warum ist Deutschland gegen die Euro-Anleihe?

Natürlich zunächst einmal, weil die Regierung weiß, dass die deutsche Bevölkerung für die Schulden finanzschwacher Staaten nicht zahlen will; im nächsten Jahr sind viele Wahlen. Der andere Grund ist: Deutschland weist zu Recht darauf hin, dass ein Euro-Bonds die Probleme nicht lösen würde. Es gibt keine Gewähr, dass die angeschlagenen Staaten dann wirklich sparen - man hat auch keine Handhabe, es zu erzwingen, wie die jahrelange Verletzung der eindeutigen Stabilitätskriterien belegt hat.

Was ist die unerwünschte Konsequenz des Euro-Bonds?

Euro-Staaten, die über Jahre hinweg Geld verprasst statt gespart haben, würden nun über die Euro-Anleihe durch niedrigere Zinsen belohnt. Staaten wie Deutschland, die ihre Finanzen einigermaßen im Griff gehabt haben, würden bestraft.

Wer zahlt am Ende?

Das ist die entscheidende Frage. Das Problem, das gelöst werden soll, ist ja, dass Euro-Staaten wie Griechenland, Portugal und Irland zwischen acht und elf Prozent Zinsen für einen Kredit zahlen müssen - sich das aber nicht leisten können. Die Zinsen eines Euro-Bonds wären niedriger, weil bonitätsstarke Staaten wie Deutschland dabei wären. Nur wenn Deutschland gesamtschuldnerisch für die Euro-Anleihe haften würde, böte sie vergleichsweise niedrige Zinsen für die finanzschwachen Staaten. Dann müsste Deutschland aber auch im Ernstfall für die Euro-Anleihe geradestehen.

Was bedeutet das für deutsche Staatsschulden?

Die Zinslast für Deutschland würde ansteigen. Man kann das schon jetzt an den Finanzmärkten beobachten. Die Zinsen für eine zehnjährige Bundesanleihe sind im Zuge der Debatte um Euro-Bonds von 2,2 Prozent auf 3,1 Prozent gestiegen. Völlig zu Recht gehen die Finanzmärkte davon aus, dass auch Deutschland womöglich nicht stark genug ist, die Schulden aller Euro-Schulden mitzutragen.

Am Sparen führt kein Weg vorbei

Was sagt das Gesetz?

Artikel 125 des EU-Vertrags regelt, dass kein Mitgliedsland für die Schulden anderer Mitglieder haften darf. Die Euro-Anleihe muss aber per Definition eine Haftung vorsehen. Es läge also sehr wahrscheinlich ein Rechtsverstoß vor. Die Euro-Anleihe müsste demnach erst in neues EU-Recht gegossen werden. Das würde Jahre dauern.

Aber es gibt doch schon Euro-Anleihen?

Richtig, die EU-Kommission nimmt bereits gemeinsame Mittel auf, etwa für die Zahlungsbilanzhilfen der EU-Staaten, die nicht Mitglied der Währungsunion sind. Auch der EU-Rettungsschirm in Höhe von 750MilliardenEuro wird über die EU-Kommission als Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) gesteuert. Die EFSF begibt Anleihen am Finanzmarkt für angeschlagene Schuldner wie Irland. Im Prinzip besteht da kein Unterschied zur viel diskutierten Euro-Anleihe - einzig: Der Rettungsschirm ist vom Volumen her begrenzt.

Wo liegen die Probleme des Juncker-Plans?

Der luxemburgische Premierminister und Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, hat vorgeschlagen, einen "halben" Euro-Bond einzuführen. Euro-Staaten sollten bis zu 40 Prozent ihres Staatsdefizits, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, über Euro-Anleihen zu niedrigen Zinsen aufnehmen dürfen. Alles, was darüber hinausgehe, solle weiterhin über eine nationale griechische, irische oder portugiesische Anleihe zu höheren Zinsen finanziert werden. Finanzschwache Staaten sollten im Gegenzug streng sparen - doch die EU hat kein Mittel, entsprechenden Druck auszuüben. Deshalb sei, so die Kritik, der einzige Effekt, dass Euro-Land zur Transferunion verkomme.

Welchen europäischen Rahmen braucht eine Euro-Anleihe?

Der Euro-Bond ist eigentlich nur dann sinnvoll, wenn die Euro-Staaten ihre Haushaltssouveränität nach Brüssel abgeben. Dann würde der deutsche oder griechische Staatshaushalt in Brüssel festgelegt werden. Dazu müssten die politischen Entscheidungsprozesse beim EU-Parlament angesiedelt werden, sonst fehlt die demokratische Legitimation. Die Bevölkerung muss von den Vorteilen einer EU-Vertiefung in Richtung politische Union aber erst überzeugt werden.

Gibt es eine einfache Lösung?

Nein, die Euro-Anleihe bringt nur Zeitgewinn. Es führt kein Weg am Sparen vorbei. Hoch verschuldete Staaten müssen über Jahre hinweg weniger ausgeben. Sie haben sich übernommen und bezahlen nun den Preis.

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