Finanzkrise:"Eine Situation wie in den USA können wir uns nicht leisten"

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In schnellstem Tempo will die Bundesregierung ihren Krisenplan in den kommenden Tagen durchs Parlament steuern, um das Geld wieder zum Fließen zu bringen.

Guido Bohsem und Nico Fried

Die Bundesregierung will dem angeschlagenen Banken- und Finanzsektor noch in dieser Woche mit einem milliardenschweren Hilfsprogramm aus der Krise helfen. Wie Unionsfraktionschef Volker Kauder am Sonntagabend im Fernsehen sagte, umfasst das Paket etwa 400 Milliarden Euro.

Finanzminister Peer Steinbrück setzt bei seinem Rettungsplan auf die Unterstützung des Parlaments. (Foto: Foto: AP)

Der Plan der Regierung baut im Wesentlichen auf drei Elemente. Sie sollen zum einen sicherstellen, dass die Banken sich untereinander wieder Geld leihen. Besonders von der Krise betroffenen Instituten bietet der Staat ferner direkte Finanzhilfen an. Schließlich sollen die Regeln gelockert werden, nach denen die Banken ihre Anlagen bewerten müssen.

Noch Sonntagabend wollten Bundesfinanzministerium und Kanzleramt letzte Einzelheiten abstimmen. Auch die Spitzen der Regierungsfraktionen von Union und SPD würden an den Beratungen beteiligt, hieß es. Am heutigen Montag dann soll das Kabinett das Vorhaben beschließen. Um eine möglichst kurze parlamentarische Beratung zu gewährleisten, wird es wohl über die Fraktionen ins Parlament eingebracht.

Sollte die Opposition auf eine ausführliche Beratung verzichten, könne der Bundesrat das Paket am kommenden Freitag in einer Sondersitzung beschließen, hieß es in Regierungskreisen. Falls FDP, Linke und Grüne aber etwa auf einer Anhörung bestünden, werde das Verfahren länger dauern.

In der Koalition hieß es, es komme nun darauf an, dass das Parlament die Regierung bei der Bewältigung der Krise unterstütze: "Eine Situation wie in den USA können wir uns nicht leisten." Das von der US-Regierung vorgeschlagene Hilfsprogramm von rund 700 Milliarden Dollar hatte einen Teil seiner Wirkung verfehlt, weil es in der ersten parlamentarischen Beratung durchgefallen war.

Nach den Angaben beinhaltet der Plan der Koalition folgende Punkte:

Liquiditätshilfen:

Die Bundesregierung will den sogenannten Interbankenhandel wieder beleben, bei dem sich die Finanzinstitute kurzfristig untereinander Geld leihen. Derzeit ist das Misstrauen unter den Banken so hoch, dass sie sich gegenseitig kaum noch Mittel anvertrauen. Deshalb soll der Bund nun für die jeweiligen Kredite bürgen. Das heißt, er gibt dem Geldgeber die Sicherheit, dass er sein Kapital auf jeden Fall wiedererhält. Dazu muss der im Bundeshaushalt vorgesehene Bürgschaftsrahmen deutlich ausgeweitet werden. Die Rede ist von einem hohen zweistelligen Milliardenbetrag. Zum Vergleich: Bislang will der Bund im kommenden Jahr insgesamt etwa 288 Milliarden Euro ausgeben. Ohne Zustimmung des Parlaments ist die Kreditgarantie nicht möglich, weil der zugelassene Rahmen bei der Rettungsaktion für die Hypo Real Estate weitgehend ausgeschöpft wurde.

Rekapitalisierung:

Bei Bedarf will der Staat den Banken auch direkt Geld geben. Im Gegenzug stellen diese ihm Aktien oder Genussscheine zur Verfügung. Im Unterschied zu einer Verstaatlichung wird der Bund dabei aber nicht unternehmerisch tätig. Das Management bleibt weiterhin in privater Hand. Allerdings wolle die Koalition für die Geldspritzen Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen, hieß es. So könnten beispielsweise Grenzen für Managergehälter eingezogen und die Ausschüttung von Dividenden untersagt werden.

Bilanzregeln:

Wegen der Finanzkrise gibt es derzeit keine Käufer für bestimmte Arten von Wertpapieren. Die Banken sind gezwungen, diese laufend neu und schlechter zu bewerten. Das gefährdet ihren Eigenkapitalbestand. Wie schon die USA will die deutsche Regierung den Banken nun erlauben, diese Wertpapiere nicht mehr zu aktuellen Marktbedingungen in die Bücher zu stellen. Stattdessen soll auf europäischer Ebene ein Verfahren eingeführt werden, das einen längerfristigen Durchschnittswert unterstellt.

© SZ vom 13.10.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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