Finanzkrise:Deutsche Banken haben noch Milliardenrisiken in Büchern

Die deutschen Banken haben die Finanzkrise laut einer Studie noch lange nicht überstanden: Demnach stehen faule Kredite von rund 200 Milliarden Euro in den Büchern.

Diese Zahl nennt die Unternehmensberatung Ernst & Young in einer am Mittwoch in Frankfurt veröffentlichten Studie. Dabei geht es um sämtliche Ausfallrisiken, nicht nur um Engagements im angeschlagenen US-Hypothekenmarkt.

Wegen des Misstrauens der Banken untereinander sei der Handel mit diesen so genannten notleidenden Krediten, die voraussichtlich von den Schuldnern nicht zurückgezahlt werden, im vergangenen Jahr eingebrochen.

Halb so viele Milliardenkredite verkauft

2007 hätten die deutschen Banken solche Kredite im Wert von rund 6,5 Milliarden Euro verkauft, das war weniger als halb so viel wie im Rekordjahr 2006 mit 14,4 Milliarden Euro.

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin rechnet nach Medienberichten im Geschäft mit zweitrangigen US-Hypotheken (subprime) mit Verlusten in der Kreditwirtschaft von weltweit bis zu 600 Milliarden Dollar.

In den vergangenen Tagen hatten mehrere Banken neue Milliardenlöcher im Zuge der Finanzmarktkrise mitgeteilt. Die Deutsche Bank muss im ersten Quartal 2008 weitere 2,5 Milliarden Euro abschreiben - mehr als im gesamten vergangenen Jahr mit 2,3 Milliarden.

Die Schweizer Großbank UBS erwartet für das erste Quartal Abschreibungen von 19 Milliarden Dollar (12 Mrd Euro) und ist damit eine der am schwersten getroffenen Banken.

"Krise für Deutschland nicht unterschätzen"

Unterdessen warnte der Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower, davor, die Gefahren der Krise für Deutschland zu unterschätzen.

Eine Verlangsamung des Wachstums zeige sich erst ein halbes bis ein ganzes Jahr später auf dem Arbeitsmarkt, sagte er dem Handelsblatt. Die hiesige Wirtschaft werde trotz der hohen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen von der Schwäche der US-Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen: "Die derzeit noch unbeantwortete Frage ist nur, ob diese Phase kurz- oder langfristig sein wird", sagte Snower.

Der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Bert Rürup, erklärte: "Wenn die USA in eine längere Schwächephase rutschen und sich die Konjunktur wichtiger europäischer Nachbarländer wie Frankreich oder Spanien schlecht entwickelt, dann wird das natürlich auch die deutsche Wirtschaft treffen."

Ökonomisches Kraftzentrum für Europa

Spürbar würde das hierzulande dann weniger in diesem, als vielmehr im nächsten Jahr. Bisher sei Deutschland noch geradezu das ökonomische Kraftzentrum in Europa.

Rürup sieht allerdings gute Chancen, dass selbst eine kräftige Konjunkturabkühlung weniger durchschlagen würde als früher. Ursache seien die zurückliegenden Reformen der Agenda 2010. Dadurch profitiere der Arbeitsmarkt stärker als in der Vergangenheit von der guten Konjunktur.

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