Finanzindustrie: Goldman Sachs:Gottes Werk und Dibelius' Beitrag

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Um das Image großer Banken ist es schlecht bestellt. Goldman-Sachs-Deutschland-Chef Dibelius legt nach - und provoziert Streit.

Hans von der Hagen

Die Welt ist nicht gut zu den Banken: Kaum setzt man ein paar Billionen Dollar in den Sand - schon geht das große Flügelschlagen los. Überhaupt: Was soll denn das blöde Herumgehacke auf den Geldhäusern? Wer hat denn, sorry, Schuld? Das waren doch die Kunden. Die wollten schließlich - diese elende Gier - immer mehr Geld.

Nie würden Banker schlimme Sachen denken. Banker habe hehre Absichten.Im Bild: Alexander Dibelius (Foto: Foto: dpa)

Merke: Banken machen Geschäfte mit guten Produkten. Und weil die von guten Leuten gemacht werden, müssen die auch gut bezahlt werden. Sonst gehen die weg und machen woanders tolle Produkte.

Zum Beispiel die tüchtigen Menschen bei Goldman Sachs: Hier fällt der ebenso demütige wie bescheidene Alexander Dibelius, Chef der deutschen Goldman-Sachs-Tochter, ins Auge. Er ist ein gewiefter, umtriebiger Repräsentant des Systems. Ihn muss der öffentliche Radau stören.

"Banken, besonders private und börsennotierte Institute, haben keine Verpflichtung, das Gemeinwohl zu fördern", erklärte Dibelius, 50, am Donnerstagabend auf einer Veranstaltung der Wirtschaftshochschule WHU in Vallendar bei Koblenz. So war zumindest die Übersetzung. Später erklärte Goldman Sachs, der Satz habe im Original gelautet: "Banks, particulary private and listed institutions, do not have an obligation to promote the public good" - darum müsse es korrekter heißen: "Banken, besonders privat geführte, hätten keine öffentlich-rechtliche Aufgabe".

Es sei "unrealistisch und unberechtigt zu erwarten, dass Banken eine selbstlose Beziehung zu ihren Kunden haben, besonders auch bezogen auf die Kreditvergabe".

Die Geldinstitute, so Dibelius, dienten der Gesellschaft am besten, wenn sie unüberlegte Transaktionen und überzogene Risiken vermieden und Geld verdienten. So ähnlich könnte das auch Josef Ackermann gesagt haben, der mächtige Chef der Deutschen Bank.

Leider nur mussten die Regierungen auf der ganzen Welt in der Finanzkrise Milliardensummen in die Bankenbranche pumpen, um den Kollaps vieler Häuser zu vermeiden. Auch Goldman Sachs wurde in den USA gestützt, hat die Staatshilfe von zehn Milliarden Dollar inzwischen aber zurückgezahlt.

Der Chef des Hauses, Lloyd Blankfein, hatte erst im November 2009 für Entrüstung gesorgt, als er die Arbeit von Banken als "Gottes Werk" bezeichnete, was er später relativierte. Die größte US-Investmentbank erzielte wieder Milliardengewinne und will insgesamt mehr als 20 Milliarden Dollar an Boni ausschütten

Gottes Werk? Dafür ist in Deutschland Dibelius zuständig, der einflussreiche Finanzier, der mit seinem Freund Thomas Middelhoff bei Bertelsmann und Arcandor gut kooperierte und der in München auf dem ehemaligen Grundstück von Thomas Mann die Mann-Villa, angelehnt ans Original, erbaute.

Trotz der Zurückhaltung einiger Banken bei der Darlehensvergabe sieht der Sohn eines Musikwissenschaftlers dank eines boomenden Anleihemarkts keine Finanzierungsengpässe. Der positive Trend auf diesen Märkten werde sich 2010 fortsetzen, betonte der Top-Investmentbanker: "Ich glaube, dass die schlimmsten Turbulenzen der jüngsten Krise bereits hinter uns liegen." Zwar gebe es in der Branche Bonus-Exzesse - die Bezahlung von Bankern sei aber grundsätzlich keine Aufgabe für Regulierer.

Wer Löhne staatlich festsetze, gehe tendenziell in Richtung Planwirtschaft, betonte Dibelius. "Ein System mit absoluter Sicherheit wird es niemals geben", erklärte der Mann noch - und erntete prompt harte Kritik von Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU). Dibelius sei "dem alten hemmungslosen Denken verhaftet, das uns in die Finanzkrise geführt hat", so der Christdemokrat.

Irdische Regeln und die Einflussnahme des gemeinen Menschen stören offenbar in der Wahrnehmung der frei schwebenden Finanzmanager nur - ja, sie sind geradezu gefährlich für die Arbeit im Auftrag der himmlischen Heerscharen, die schon immer dem Wohl des sich abrackernden Krämers besonderes Augenmerk schenkten.

Da kann Barack Obama noch so oft fordern, dass die Banken Schadenersatz leisten sollten für das, was sie getan haben - Banken und Denken für die Gemeinschaft, das sind zwei paar Dinge.

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