Welche Anlagen noch sicher sind:So halten Sie Ihr Geld in der Krise zusammen

Griechenland, Irland und jetzt Italien: Das Euro-Debakel bereitet den Deutschen schlaflose Nächte. Was Verbraucher mit ihrem Geld tun sollten - und was nicht. Ein Überblick von Aktien über Gold bis Immobilien.

Alina Fichter, Andreas Jalsovec und Hannah Wilhelm

Bei Stefanie Kühn kommt die Eurokrise durchs Telefon an. Jeden Tag ein bisschen mehr: "Viele meiner Mandanten machen sich Sorgen um ihr Geld", sagt die unabhängige Vermögensberaterin aus der Nähe von München. "Selbst diejenigen, die in der Finanzkrise noch cool waren, sind jetzt alarmiert - und wollen wissen, was sie tun sollen." Der Euro steckt in der Krise, die Aktienmärkte zittern, nicht nur Griechenland droht die Pleite - vielen Sparern und Anlegern bereitet das schlaflose Nächte.

"Die Verbraucher machen sich Sorgen darüber, wo ihr Geld noch sicher ist", meint Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Und das ist durchaus berechtigt." Nicht umsonst hat der Verbraucherschützer gerade ein sieben Seiten starkes Papier verfasst, in dem alle Eventualitäten der Eurokrise angesprochen werden - von der Inflation über Bankeninsolvenzen bis zur Staatspleite.

Nauhausers Fazit: "Das beste Mittel gegen die Angst, sein Geld zu verlieren, ist eine breite Streuung des Vermögens." Sparer sollten es auf verschiedene Anlageformen verteilen und weltweit streuen, rät der Experte. "Auch die Aufteilung auf mehrere Banken kann sinnvoll sein, um eine bessere Absicherung für das Ersparte zu schaffen", ergänzt Stefanie Kühn. Was Anleger tun können, um ihr Erspartes krisenfest zu machen.

Spareinlagen: Im Zweifel mit Merkel-Garantie

Wer Geld auf einem Konto liegen hat, der leiht es der Bank. Ob nun also das Geld auf dem Sparbuch, einem Tagesgeld- oder Festgeldkonto sicher ist, hängt von der Zahlungsfähigkeit der Bank ab. Derzeit steht wegen der Griechenlandkrise kein Institut akut vor dem Aus. Gut, einige Institute halten Griechenlandanleihen, die ihren Wert verloren haben. Eine Pleite ist nicht zu erwarten, unmöglich ist sie jedoch nicht. Doch selbst das würde nicht bedeuten, dass der Anleger sein Geld verliert. Denn für 100.000 Euro pro Bankkunde steht die gesetzliche Einlagensicherung gerade, also der Staat. "Und die Bundesrepublik ist sehr zahlungskräftig", beruhigt Verbraucherschützer Nauhauser. Beträge bis zu 100.000 Euro seien "so sicher wie ein Bundesschatzbrief".

Für Beträge darüber kommen dann noch verschiedene private Einlagensicherungssysteme hinzu. Die bei einer Pleite einspringen. Da ist die Frage, ob diese Systeme im Fall mehrerer großer Bankpleiten tatsächlich halten würden. Aber: Es gibt auch noch die Merkel-Garantie: Die Bundeskanzlerin hatte die Deutschen im Oktober 2008 nach der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman mit dem Versprechen beruhigt, dass die Ersparnisse sicher seien. "Die wird sicher auch jetzt noch gelten", glaubt Nauhauser. "Denn die Konsequenzen eines Sturms auf die deutschen Banken wären für die Bundesrepublik schlimmer als eine Griechenlandpleite."

Aktien: Der nächste Absturz kommt bestimmt

Nirgends zeigt sich die Nervosität der Anleger derzeit besser als an den Börsen. Jede neue Nachricht über mögliche Zahlungsschwierigkeiten der Euroländer lässt die Kurse absacken. Das wird sich auf absehbare Zeit auch nicht ändern. "Die Stimmung ist extrem angespannt", sagt Tom Friess, Anlageexperte vom VZ Vermögenszentrum. Anleger müssen daher weiter mit Kurseinbrüchen rechnen, möglicherweise sogar mit drastischen Abstürzen. Wem dieses Risiko zu groß sei, der halte sich derzeit am besten vom Aktienmarkt fern, rät Anlageberaterin Kühn. Große Gewinne ließen sich in solchen Zeiten mit Aktien ohnehin kaum machen.

Dennoch meint Kühn: "Aktien gehören zu einer breit gestreuten Geldanlage dazu." Was Sparer derzeit aber meiden sollten, sind Papiere von Banken und Versicherern. Besser fahre man mit defensiveren Aktien etwa aus der Nahrungsmittelbranche. Finanzfachmann Nauhauser rät zu einem Mix aus international orientierten Indexfonds. Sie bilden direkt die Entwicklung eines Aktienindex nach. Weltweit breit gestreut ist etwa der MSCI World - einer der wichtigsten globalen Aktienindizes.

Alleine durch die Investition in einen solchen Index bekomme man eine große Risikostreuung ins Depot, meint Niels Naushauser: "Man verteilt damit das Geld auf verschiedene Staaten, Währungen und Unternehmen." Dennoch: Käme es zu einem weltweiten Absturz der Aktienmärkte, erleiden Anleger auch mit solchen Indexfonds Verluste.

Anleihen: Was zählt, ist eine gute Bonität

Die wenigsten Privatanleger dürften in ihren Depots einzelne Anleihen der Krisenstaaten haben. Wer sie dennoch besitzt, sollte sich spätestens jetzt davon trennen. Denn bei einem Schuldenschnitt von 50 Prozent etwa für Griechenland, sind auch griechische Staatsanleihen nur noch die Hälfte wert.

Viele deutsche Anleger allerdings besitzen Rentenfonds, die in Staatsanleihen verschiedener Länder investieren. In der Finanzkrise galten solche Fonds als besonders sicher. Jetzt sieht das anders aus: Enthält der Fonds hohe Anteile europäischer Krisenstaaten, müssen Anleger mit weiteren Verlusten rechnen. "Man sollte sich genau anschauen, welche Anteile an Anleihen aus Problemstaaten im Fonds stecken", meint Stefanie Kühn. Auf den Internetseiten der Fondsanbieter findet man Informationen, aus denen die Länder-Zusammensetzung des Fonds hervorgeht. Enthält er vorwiegend Papiere aus kriselnden Staaten, sollte man den Fonds besser verkaufen.

Längst nicht jede Staatsanleihe jedoch ist unsicher. Anleihen von Staaten mit erstklassiger Bonität profitieren von der Krise. Dazu zählen auch Bundesanleihen. Sie gelten Anlegern derzeit als einer der sichersten Häfen. Ähnliches gilt für Länder wie die Schweiz. "Eine gute Bonität im Depot ist jetzt das Entscheidende", weiß Anlageexperte Tom Friess. Deswegen seien auch Firmenanleihen eine Alternative. "Unternehmen sind im Moment fast die besseren Staaten", glaubt auch Stefanie Kühn. Doch hier gilt ebenfalls: Finger weg von Finanztiteln.

Gold: Wer es hat, sollte es festhalten

Das Edelmetall ist das Krisen-Investment schlechthin. Die Experten empfehlen es daher auch jetzt als Beimischung zum Depot. "Gold müssen Sie haben", ist Anlageexperte Friess überzeugt. Er empfiehlt einen Anteil von bis zu zehn Prozent an physischem Gold - also an Goldbarren oder Münzen. Friess würde aber nicht zum jetzigen Preis von fast 1600 US-Dollar pro Unze Gold kaufen. Anleger sollten Preise unter 1500 Dollar abwarten: "Wer noch kein Gold besitzt, sollte Geduld haben und dann kaufen. Wer es hat, sollte es festhalten".

Tatsächlich kann der Goldpreis kurzfristig stark schwanken. Das kann für Anleger teuer werden, denn das Edelmetall wirft außer Kursgewinnen keine Erträge ab. "Selbst auf 20 Jahre besteht ein Risiko, dass Gold an Kaufkraft verliert", meint Niels Nauhauser. Dennoch rät auch der Verbraucherschützer dazu, einen Teilbetrag des Vermögens in Gold anzulegen - gerade in Zeiten einer Währungskrise. Mit zunehmendem Vertrauensverlust in das Papiergeld steigt in der Regel der Goldpreis.

Ausland: Flucht mit Wechselkursrisiko

Aus Angst vor einem Euro-Crash schaffen viele Anleger derzeit ihr Geld ins Ausland. Vor allem die Schweiz ist ein beliebter Fluchtort. Anlageberaterin Kühn hält das in Krisenzeiten für keine schlechte Idee. Einen Teil ihres Geldes könnten Anleger durchaus im Ausland parken. Sie empfiehlt dafür aber eher Norwegen. "Dort ist die Geldanlage günstiger - etwa bei den Bankgebühren."

Wer Geld ins Ausland schafft, muss das Wechselkursrisiko bedenken. Der Schweizer Franken etwa sei im Moment "maßlos überbewertet", warnt Vermögensberater Tom Friess. Wer in die Währung investiert, muss daher möglicherweise mit Wechselkursverlusten rechnen, sollte der Franken gegenüber dem Euro irgendwann schwächeln. Expertin Kühn empfiehlt ein Auslandskonto wegen der hohen Mindestanlagesummen ohnehin eher für größere Vermögen. Alternativ könne man auch über Staatsanleihen in die jeweiligen Länder investieren. Neben der Schweiz und Norwegen hält sie Australien und Kanada für attraktiv.

Lebensversicherungen: Bei einer Pleite hilft Protektor

Versicherer investieren den Großteil der Beiträge ihrer Kunden in festverzinsliche Wertpapiere. Wie hoch der Anteil europäischer Staatsanleihen dabei ist, hängt vom Unternehmen ab. Stefanie Kühn rät Anlegern, die sich um die Zukunft ihrer Lebenspolice sorgen, bei ihrer Gesellschaft den genauen Anteil an Anleihen europäischer Krisenstaaten nachzufragen: "Je höher, desto eher sollte sich der Kunde Gedanken machen", sagt sie. Ob ein Ausstieg sinnvoll ist oder nicht, sei pauschal nicht zu sagen, das hänge von vielen Faktoren ab, beispielsweise der Vertragslaufzeit und anderen Investments. Und: Er ist immer mit Kosten verbunden. Daher müssen Verbraucher in jedem Fall sorgsam abwiegen: "Niemand sollte jetzt panisch oder übereilt handeln", so Kühn.

Wenn ein Versicherer schlecht wirtschaftet oder gar Verluste schreibt, bedeutet das für den Kunden zunächst nur, dass seine Überschussbeteiligung sinkt; sie kann bis auf Null zurück gehen. Der so genannte Garantiezins - ab kommendem Jahr beträgt er noch 1,75 Prozent für Neuverträge - steht ihm aber weiterhin zu. Selbst wenn ein Versicherer insolvent gehen sollte, übernimmt die Auffanggesellschaft Protektor alle laufenden Verträge. Nur wenn ihre Mittel (rund 660 Millionen Euro) einmal nicht mehr ausreichen sollten, weil zu viele Versicherer einknicken, besteht für Kunden die Gefahr eines Kapitalverlustes.

Riester-Rente: Das eingezahlte Geld ist sicher

Die Anbieter von Riester-Renten sind gesetzlich verpflichtet, ihren Kunden zu Beginn der Rentenphase sowohl die von ihnen eingezahlten Beiträge als auch die staatlichen Zulagen auszubezahlen, und zwar in voller Höhe. Die Risiken für die Rendite, die darüber hinaus geht, hängt vor allem von der Art des Vertrages ab, den der Verbraucher besitzt. Bei Riester-Banksparplänen fließen die Beiträge in einen Sparvertrag, dessen Zins variabel ist und in etwa dem aktuellen Leitzins folgt. Das Geld, das in diesen Sparplänen steckt, ist für den Fall einer Bankpleite durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt; bis zu einem Betrag von 100.000 Euro können sich die Anleger also erst einmal sicher fühlen.

Auch bei Riester-Rentenversicherungen bekommen Verbraucher eine garantierte Mindestrendite und eine Überschussbeteiligung, die davon abhängt, wie gut der Versicherer wirtschaftet. Im Fall der Insolvenz einer Gesellschaft springt ebenfalls Protektor ein.

Bei Riester-Fondssparpänen kauft der Sparer Anteile von Investmentfonds, die Rendite ist also mit den Bewegungen an den Finanzmärkten verknüpft. "Wie stark die Börse auf die Krise reagieren wird, wissen wir noch nicht", sagt Kühn. Sie sieht derzeit aber keinen Grund, Riester-Fondssparpläne in Frage zu stellen.

Immobilien: Betongold birgt auch Risiken

Das Betongold ist bei den Deutschen beliebt. Ein eigenes Häuschen, das klingt nach Sicherheit, da kann nicht viel passieren. Deshalb ist jetzt gerade wieder angesichts der Euro-Krise der Impuls vieler groß, an den Kauf einer Immobilie zu denken. "Dabei müsste das Auseinanderbrechen der Währungsunion für Deutschland nicht nur schlecht ausgehen", meint Verbraucherschützer Nauhauser, "eine unabhängige D-Mark wäre eher stärker. Und vor einer zu großen Inflation schützt uns die Europäische Zentralbank."

Der Erwerb eines Hauses birgt dagegen auch Risiken. Die Kosten für ein neues Dach, die Reparatur eines undichten Rohres: Eigentum bringt Verantwortung mit sich. Und ob eine Immobilie tatsächlich auf Dauer an Wert gewinnt, ist oft unberechenbar. Und wer tatsächlich fest an eine große Wirtschaftskrise glaubt, sollte sich genau überlegen, ob er einen Baukredit aufnimmt: Denn dann könnte er womöglich seinen Job verlieren und die Raten trotz Inflation nicht mehr zahlen können. "Es gibt Menschen, die sich in einer eigenen Immobilie wohler und sicherer fühlen", sagt Nauhauser, "für die kann es Sinn machen, zu kaufen." Für alle anderen Verbraucher sieht Nauhauser die Flucht ins vermeintlich sichere Betongold eher kritisch.

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