Süddeutsche Zeitung

Finanzen kompakt:Zu viel Monat, zu wenig Geld

Jeder fünfte Privathaushalt hat Probleme beim Auskommen mit dem Einkommen. Außerdem: Das EU-Parlament stimmt dem Swift-Bankdatenabkommen mit den USA zu, die EZB tastet den Leitzins nicht an.

Rund ein Fünftel der privaten Haushalte in Deutschland hat nach eigener Einschätzung Probleme, mit dem monatlichen Einkommen zurechtzukommen. Wie das Statistische Bundesamt auf Basis der Erhebung "Leben in Europa" mitteilte, kamen im Jahr 2008 insgesamt 21,9 Prozent schlecht mit ihrem Einkommen aus, davon 14,1 Prozent "relativ schlecht", 5,2 Prozent "schlecht" und 2,6 Prozent sogar "sehr schlecht". Demgegenüber gab nahezu jeder elfte private Haushalt (8,6 Prozent) nach eigener Einschätzung an, "sehr gut" mit seinem monatlichen Einkommen zurechtzukommen, weitere 69,5 Prozent der Haushalte "gut" (24,3 Prozent) oder "relativ gut" (45,2 Prozent).

Mehr als vier Fünftel (81,2 Prozent) der Haushalte in Deutschland waren im Jahr 2008 den Statistikern zufolge durch die monatlich anfallenden Wohnkosten "finanziell belastet" (59,2 Prozent) oder "stark finanziell belastet" (22,0 Prozent). Zudem hatte etwa jeder achte Haushalt (12,7 Prozent) nach eigener Einschätzung in den vergangenen zwölf Monaten einen erheblichen Einkommensrückgang zu verzeichnen. Jedoch glaubte 2008 knapp jeder zehnte Haushalt (9,2 Prozent), dass sich seine finanzielle Situation in den kommenden zwölf Monaten verbessern werde. Dagegen nahmen 22,8 Prozent der Haushalte an, dass eine Verschlechterung eintreten werde.

Die Krisenbank Hypo Real Estate (HRE) hat eine eigene Bad Bank. Die Abwicklungsanstalt mit dem Namen FMS Wertmanagement sei als Anstalt des öffentlichen Rechts ins Leben gerufen worden, erklärte der Bankenrettungsfonds SoFFin in Frankfurt. Die HRE habe die Einrichtung der Bad Bank bereits im Januar 2010 beantragt. In die Bad Bank sollen im Laufe des zweiten Halbjahres nichtstrategische Vermögenswerte und Risikopositionen in einem Volumen von bis zu 210 Milliarden Euro ausgelagert werden.

Fälschungssichere Euro-Noten können in Deutschland auch ohne das Patent einer US-Firma gedruckt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) benutze zur Herstellung der Scheine kein geschütztes Sicherheitsverfahren, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) . Das oberste deutsche Patentgericht erklärte das von der US-Firma Document Security Systems (DSS) angemeldete Patent in Deutschland für nichtig. Gerichte in anderen Ländern Europas sehen das allerdings uneinheitlich. (Az.: Xa ZR 124/07)

Für die Notenbank geht es um viel Geld. Wenn die Richter der US-Firma Recht geben, könnte sie Schadenersatz oder Lizenzgebühren für den Druck von Milliarden Euro-Scheinen verlangen. Das müsste sie aber in einem eigenen Verfahren erstreiten. Mit dem Verfahren verhindert die EZB, dass die Geldscheine originalgetreu kopiert werden können. Auf Kopien der Banknoten erscheinen deutlich erkennbare Muster, wo auf den Originalen nichts zu erkennen ist. Das enttarnt die Fälschung.

Auf das dafür nötige spezielle Druckverfahren war DSS ein europäisches Patent erteilt worden. Auch das Bundespatentgericht hatte es bestätigt. Sein Urteil hob der Zivilsenat Xa des BGH nun auf. Die EZB klagt in mehreren Staaten, um das Patent für nichtig erklären zu lassen. In Großbritannien, Frankreich, Belgien und Österreich war sie damit erfolgreich - zum Teil sind die Urteile bereits rechtskräftig. In Spanien und den Niederlanden war das Patent bestätigt worden. Diese Urteile sind jedoch noch nicht rechtskräftig.

Mit niedrigen Zinsen will die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin die Konjunktur im Euro-Raum stützen. Die Notenbank lässt den wichtigsten Zins zur Versorgung der Banken mit Zentralbankgeld auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent. Das entschied der EZB-Rat in Frankfurt.

Den ersten Zinsschritt nach oben seit Mai 2009 erwarten Volkswirte inzwischen erst im kommenden Jahr. Derzeit sprechen die noch wackelige Konjunktur und die relativ geringe Inflation gegen höhere Zinsen.

Der Streit in der Europäischen Union über das Abkommen der EU mit den USA zum Austausch von Bankdaten zur Terrorabwehr ist beendet. Das Europäische Parlament stimmte dem Vertrag in Straßburg mit deutlicher Mehrheit zu, nachdem es einige Verbesserungen beim Datenschutz durchsetzen konnte.

Mit dem Abkommen wird die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass die US-Terrorfahnder erneut Überweisungen von Europäern ins nicht-europäische Ausland auf Verdächtige hin prüfen können. Die USA hatten kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 heimlich damit begonnen, die Zahlungsverkehrsdaten des weltweiten, in Belgien ansässigen Bankdienstleisters Swift auszuwerten. Nach Bekanntwerden der Fahndungsmethode 2006 ließ sich die US-Regierung auf Zusicherungen zum Datenschutz ein, die aus europäischer Sicht jedoch nicht ausreichend waren.

Ein umfassendes Abkommen wurde notwendig, nachdem Swift wegen der Datenschutzprobleme den Zugriff auf sein System ab Ende 2009 nur noch in Europa zuließ. Das Europäische Parlament, das nicht selbst mitverhandeln, sondern nur der Vereinbarung der EU-Kommission und der EU-Staaten mit den USA zustimmen kann, hatte einen ersten Vertrag im Februar gekippt. Das Abkommen tritt am 1. August in Kraft und hat eine Laufzeit von fünf Jahren.

Das Bundeskartellamt fordert von den Banken und Sparkassen deutlich geringere Kosten für das Abheben an fremden Geldautomaten. In einem Brief an die deutschen Bankenverbände nannte die Behörde als Orientierung für die künftige Höhe der Gebühren einen Betrag von 30 Cent bis ein Euro, wie die Financial Times Deutschland unter Berufung auf das Schreiben berichtet. Dies sei die Spanne für die Kosten, die sich Kreditinstitute eines Automatenverbunds derzeit gegenseitig in Rechnung stellten.

Die Gebühr, die sich die Institute eines Verbunds für Abhebungen gegenseitig in Rechnung stellen, ist das sogenannte Interbankengeld. Dieses sei nach eigenem Bekunden der Bankenverbände "kostenorientiert festgesetzt" worden, heißt es dem Bericht zufolge in dem Brief.

Die Banken hatten dem Bundeskartellamt im Streit über die Automatengebühren vorgeschlagen, künftig für das Abheben an fremden Geldautomaten maximal fünf Euro zu kassieren. Diesen Vorschlag hat das Kartellamt zurückgewiesen. Der Betrag von fünf Euro liege "um das Fünf- bis 15-Fache über den derzeit innerhalb der Verbünde erhobenen Interbankenentgelten", kritisierte die Behörde. Eine solche Diskrepanz sei "nicht hinnehmbar". Bislang verlangen Banken und Sparkassen von Kunden fremder Institute fürs Geldabheben an Automaten einer Untersuchung der Frankfurter Finanzberatung FMH zufolge im Schnitt Gebühren von 5,64 Euro. Der Streit zwischen privaten Banken auf der einen sowie Sparkassen und Genossenschaftsbanken auf der anderen Seite schwelt seit Jahren. Sparkassen und Genossenschaftsbanken unterhalten ein dichtes Automatennetz, wofür erhebliche Kosten anfallen. Die privaten Banken und vor allem viele Direktbanken setzen darauf, dieses dichte Automatennetz kostengünstig mitnutzen zu können. Sie sind daher für eine einheitliche Gebühr fürs Fremdabheben

Der ehemalige Chef der Hypo Real Estate, Axel Wieandt, soll den Verkauf der BHF-Bank regeln. Wieandt hatte im Frühjahr die Führung der von der Finanzkrise arg gebeutelten HRE abgegeben und war zur Deutschen Bank zurückgekehrt. Dort soll er als "Integrationsbeauftragter" einen Käufer für die Mittelstandsbank finden, schreibt das Handelsblatt. Der Verkauf der Deutsche-Bank-Tochter BHF ist einer der größten, der derzeit in der deutschen Bankenbranche ansteht.

Nach Informationen der Zeitung könnte Wieandt auch den BHF-Vorstand Wilhelm von Haller ablösen. Der könnte sich dann auf sein Amt als Chef der Deutsche-Bank-Tochter Sal. Oppenheim konzentrieren.

Insgesamt 91 europäische Banken werden dem sogenannten Stresstest zur Prüfung ihrer Finanzstabilität unterzogen. Darunter sind 14 deutsche Institute, wie der Zusammenschluss europäischer Bankenaufseher (Committee of European Banking Supervisors, CEBS) in London mitteilte. Geprüft würden die Banken darauf, wie sie eine erneute deutliche Rezession und weitere Schockwellen auf dem Kreditmarkt überstehen können. Dabei wird auch untersucht, wie sich Krisen europäischer Staatsanleihen auswirken.

Die Banken-Stresstests sollen simulieren, wie stark Kreditinstitute in der Finanzkrise unter Druck geraten, wenn ihre Geldanlagen an Wert verlieren und Abschreibungen nötig werden. Dabei ist das Augenmerk insbesondere auf das sogenannte Eigenkapital der Banken gerichtet.

Im vergangenen Jahr hatten die Aufseher bereits 22 große, grenzüberschreitend tätige Geldinstitute überprüft und im Oktober erklärt, diese Banken seien auch bei einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage ausreichend mit Kapital ausgestattet. Die Stresstester nehmen für ihre Untersuchungen jetzt unter anderem an, dass das Bruttoinlandsprodukt um drei Prozent einbricht und die Arbeitslosigkeit steigt. Für die europäischen Staatsschulden nehmen sie eine ähnliche Krise an wie im Mai bei Griechenland, Spanien und Portugal.

Die Zinsen für die Anleihen dieser Staaten waren damals deutlich gestiegen, und auch Kreditversicherungen für ihre Schuldtitel wurden teurer. Die 91 ausgewählten Banken stammen aus 20 der 27 EU-Staaten, darunter alle Euro-Staaten außer der Slowakei. Die Banken repräsentieren jeweils mindestens 50 Prozent des jeweiligen nationalen Bankenmarktes, in Europa stehen die 91 Institute für 65 Prozent des Marktes. In Deutschland wird neben den großen Privatbanken wie Deutsche Bank, Commerzbank und Postbank auch die in der Krise verstaatlichte Hypo Real Estate auf ihre Stabilität geprüft. Vertreten sind zudem sieben Landesbanken sowie die Zentralinstitute von Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

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