Finanzen kompakt:Und täglich grüßt die Inflation

Führende deutsche Ökonomen fürchten eine Teuerungsrate von vier Prozent. Außerdem: Hunderttausende Versicherte wechseln ihre Krankenkasse. Das Wichtigste in Kürze.

Wird nach einer langen Zeit der stabilen Preise bald alles teurer? Führende Bankvolkswirte rechnen damit, dass auf Deutschland in den kommenden Jahren eine Teuerungswelle zurollt. Der Chefökonom der Deutschen Bank, Thomas Mayer, befürchtet der Bild zufolge mittelfristig eine Vervierfachung der Inflationsrate. "Ein Anstieg der Inflationsrate in den nächsten zwei bis drei Jahren bis auf vier Prozent ist durchaus möglich", sagte Mayer.

Das Risiko mindern - Richtig umgehen mit Inflationsängsten

Führende deutsche Ökonomen fürchten einen Anstieg der Inflation.

(Foto: dpa-tmn)

Ein Grund sei, dass die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer "lockeren Geldpolitik ohne große Zinserhöhungen gezwungen sein könnte", sagte Mayer weiter. Im vergangenen Jahr lag die Inflationsrate dem Statistischem Bundesamt zufolge bei 1,1 Prozent.

Auch der Chefvolkswirt der Postbank, Marco Bargel, rechnet mit einem deutlich steigenden Preisniveau in Deutschland. Der Bild sagte Bargel, er halte einen Anstieg der Inflationsrate auf vier Prozent in den nächsten zwei bis drei Jahren für "durchaus realistisch". Eine Inflationsrate in dieser Höhe könne es dann sogar "für mehrere Jahre" geben, sagte Bargel.

Noch größer ist die Inflationsangst in Großbritannien. Die Inflation dürfte in den kommenden Monaten auf bis zu fünf Prozent steigen, sagte der Gouverneur der britischen Notenbank (BoE), Mervyn King. Die Zentralbank werde sich bei ihren Zinsentscheidungen jedoch an langfristigen Zielen orientieren.

Zuvor hatte bereits der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, vor zu stark steigenden Preisen gewarnt. Zurzeit gebe es "Inflationsgefahren durch steigende Rohstoffpreise", sagte Trichet zu Wochenbeginn dem Wall Street Journal.

Kassenflucht der Versicherten

Gesetzliche Krankenkassen mit Zusatzbeiträgen haben im vergangenen Jahr Hunderttausende Versicherte verloren. Kassen ohne Beiträge verzeichnen dagegen ein deutliches Mitgliederplus, wie die Leipziger Volkszeitung nach einer Umfrage unter mehreren Krankenkassen berichtete.

Bei der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) sank die Zahl der Versicherten demnach innerhalb von zwölf Monaten um rund 460.000 auf 5,8 Millionen, bei der KKH-Allianz um knapp 190.000 auf 1,86 Millionen. "Ein Großteil der Kündigungen ist auf das Sonderkündigungsrecht nach Einführung des Zusatzbeitrages zurückzuführen", sagte eine Sprecherin der KKH-Allianz dem Blatt. Beide Krankenkassen erheben von ihren Mitgliedern seit dem Frühjahr 2010 einen Zusatzbeitrag von acht Euro pro Monat.

Krankenkassen ohne einen solchen Beitrag gewannen der Umfrage zufolge dagegen deutlich an Mitgliedern hinzu. Die Barmer GEK steigerte ihre Versichertenzahl um etwa 100.000 auf 8,6 Millionen, die Techniker Krankenkasse (TK) um 339.000 auf 7,6 Millionen. Die IKK Classic legte um 46.000 Versicherte auf 1,86 Millionen zu, die Vereinigte IKK um knapp 26.200 auf 1,65 Millionen und die Knappschaft um 44.800 auf 1,72 Millionen.

Lehman überarbeitet Insolvenzplan

Nach Protesten von Gläubigern hat die zusammengebrochene US-Bank Lehman Brothers einen neuen Insolvenzplan vorgelegt. Der überarbeitete Plan sieht eine geänderte Verteilung der ausstehenden Milliarden unter den Schuldnern vor.

Eine Gruppe von Kreditgebern hatte den ursprünglichen Insolvenzplan kritisiert, weil er Großbanken bevorzugt habe. Wegen des Streits müssen die Gläubiger nun länger auf ihr Geld warten. Bevor die Milliarden fließen können, bedarf es noch der Zustimmung einzelner Gläubigergruppen sowie des zuständigen Gerichts. Der neue Insolvenzplan sieht höhere Zahlungen an Anleihegläubiger vor. Von Lehman Brothers war zunächst kein Kommentar zu dem am Dienstagabend bei einem Insolvenzgericht in New York eingereichten Plan zu erhalten.

Die geforderte Zustimmung der Gläubiger soll Experten zufolge langwierige Gerichtsverfahren vermeiden. Auch wenn der neue Insolvenzplan durchgewunken wird, werden die geprellten Anleger nur einen Bruchteil ihres Geldes wiedersehen. Restrukturierungsexperte Bryan Marsal, der Lehman führt, hatte zu Monatsanfang mitgeteilt, der einstige Wall-Street-Riese werde voraussichtlich 60 Milliarden Dollar der anerkannten Forderungen in Höhe von 322 Milliarden Dollar zurückzahlen.

Der Insolvenzantrag der einst viertgrößten US-Investmentbank im September 2008 gilt als Höhepunkt der Finanzkrise. Es ist die bei weitem größte Firmenpleite in der US-Geschichte. Das Institut war sehr stark in Immobilien, Hypothekenpapieren und komplexen Kreditverbriefungen engagiert. Dramatische Wertverluste in diesen Anlagen brachen Lehman das Genick.

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