Süddeutsche Zeitung

Finanzen kompakt:Und nun steil abwärts

Erstmals seit Jahren ist der Euro unter die Marke von 1,20 Dollar gestürzt - auch, weil es nun wieder in Ungarn brennt. In Südkorea treffen sich derweil die G20-Finanzminister.

Der Euro ist am Freitag auf ein neues Vier-Jahres-Tief gefallen. Zeitweise sackte die Gemeinschaftswährung junter die Marke von 1,20 Dollar bis auf 1,1994 Dollar ab. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor noch auf 1,2268 Dollar festgesetzt. "Fundamentale Gründe für den Kursrutsch sind nicht zu erkennen", sagte Devisenexperte Thomas Amend vom Bankhaus HSBC Trinkaus.

Allerdings sei die Unsicherheit in der Eurozone nach wie vor hoch. Bei der Verleihung von Geldern untereinander herrsche bei den Banken inzwischen eher wieder Zurückhaltung. Die Schwäche des Euro sei breit angelegt. So stehe die Gemeinschaftswährung auch zum Schweizer Franken und zum britischen Pfund unter Druck.

Auch an den Börsen ging es abwärts. Der Dax verlor am Freitag knapp zwei Prozent. In ähnlicher Größenordnung verlor auch die Wall Street.

Die ungarische Landeswährung Forint hat nach herben Vortagesverlusten gegenüber dem Euro wieder etwas zugelegt. Ein Euro wurde mit 279,80 Forint bewertet. Zuvor war der Forint binnen Stunden auf über 280 Forint für einen Euro geschnellt, nachdem ein ranghohes Mitglied der neu gewählten Fidesz-Partei dem Nachrichtenportal napi.hu erklärt hatte, es gebe nur eine geringe Chance, eine Krise wie in Griechenland noch zu vermeiden.

Am Finanzmarkt wurde die leichte Erholung beim Forint zurückhaltend aufgenommen. "Das heißt nicht, dass sich die Lage beruhigt", sagte ein Händler in Budapest. "Der Markt ist ausgeflippt, um es milde auszudrücken. Jetzt warten die Anleger darauf, dass Fidesz irgendwas sagt, um diese Aussagen genauer zu erklären, dass es ein Fehler war oder was auch immer."

Fidesz rechnet nach dem Regierungswechsel jetzt den ungarischen Haushalt durch, auch, um kommende Sparmaßnahmen vor den Wählern zu rechtfertigen.

Ungarns Regierung erklärte bereits, dass in den kommenden Tagen ein umfassendes Sparpaket vorgelegt werden soll, um das von ihr auf 7,5 Prozent des BIP bezifferte Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen. Bisher war die Regierung lediglich von einem halb so großen Defizit ausgegangen.

Entscheider unter sich: Die Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Länder haben in Südkorea neue Gespräche über den Zustand der Weltwirtschaft und die Finanzmarktreform aufgenommen. In der Küstenstadt Pusan kamen die Teilnehmer zunächst zu einer offenen Diskussion zusammen.

Dabei sollte es unter anderem um Strategien gehen, die Konjunkturprogramme zur Bewältigung der Finanzkrise zu beenden. An dem Treffen nimmt auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) teil.

Bei der Zusammenkunft soll es Beratungen innerhalb der Gruppe der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen über die Finanzmarktregulierung, die Reform internationaler Finanzinstitute und globale Sicherheitsnetze für die Finanzmärkte geben. Das Ministertreffen dient der Vorbereitung auf den nächsten G20-Gipfel in Kanada.

Als strittig gelten unter anderem die Vorschläge für eine neue Finanzmarktsteuer oder eine weltweite Bankenabgabe zur Vorsorge gegen künftige Krisen. Zuvor hatte sich Schäuble in Berlin skeptisch dazu geäußert, ob sich die G20-Länder in absehbarer Zeit auf eine Steuer auf Finanzgeschäfte einigen könnten.

Aus Sicht der Commerzbank dürfte eine Annäherung bei dem Treffen schwierig werden. Die US-Seite dränge auf höhere Kapitalanforderungen an Banken, welche die Europäer mit Hinblick auf die Auswirkungen für die Kreditvergabe ablehnen könnten, heißt es in einer Studie des Bankhauses.

In der Frage der Finanzmarktsteuer dürfte Widerstand vor allem aus den Ländern kommen, deren Bankensysteme die Finanzmarktkrise ohne staatliche Hilfen überstanden haben. "Einigungen sind aus Busan daher kaum zu erwarten", schreibt das Bankhaus. Interessant dürfte nur sein, in welchen Politikfeldern Annäherungen zu beobachten seien. Diese dürften zeigen, welche Punkte für den G20-Gipfel Ende des Monats in Toronto relevant sind.

Frankreich und Deutschland sind sich nach den Worten der französischen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde im Verbot ungedeckter Leerverkäufe prinzipiell einig. Es habe Differenzen gegeben über den Zeitpunkt des Verbots, sagte sie.

"In dieser Hinsicht hat sich alles aber wieder geordnet und befindet sich nun wieder an seinem Platz", so Lagarde weiter. Deutschland hat ungedeckte Leerverkäufe auf Aktien und Staatsanleihen jüngst im Alleingang verboten und damit international Irritationen ausgelöst.

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