Finanzen kompakt:Schluss mit der Zockerei

Die "Brandbeschleuniger" Leerverkäufe soll es künftig nicht mehr geben - sie wurden per Gesetz verboten. Außerdem: Die EZB rüffelt Ratingagenturen.

Spekulanten an die kurze Leine: Zwei Wochen nach dem deutschen Alleingang weitet die Bundesregierung das Verbot für riskante Börsenwetten aus. Künftig sollen in Deutschland alle ungedeckten Leerverkäufe untersagt werden. Das Kabinett beschloss einen Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Hoch spekulativen Wetten von Investoren auf fallende Kurse wird damit ein weiterer Riegel vorgeschoben.

Aktienmarkt weitet Verluste aus

Die Bundesregierung will sich beim Vorgehen gegen riskante Börsenwetten in Deutschland noch Spielraum lassen. Verboten sind vorerst ungedeckte Leerverkäufe von allen deutschen Aktien und von Staatsanleihen der Eurozone.

(Foto: ag.ddp)

Die EU-Kommission will ihre Vorschläge zum Umgang mit Leerverkäufen erst im Oktober vorlegen. Nach Einschätzung von Kritikern werden die Schritte aber nicht viel bringen. Sinn machten nur weltweite Regeln. Am Ende könnte der Finanzplatz Deutschland geschwächt werden, weil Investoren wegen der Verbote noch mehr Geschäfte in Großbritannien, USA, Asien und der Schweiz abwickeln.

Mitte Mai hatte die Finanzaufsicht Bafin ungedeckte Leerverkäufe von Aktien der zehn größten deutschen Finanzinstitute verboten. Davon betroffen war auch der Handel mit Kreditausfallversicherungen auf Euro-Staatsanleihen.

Mit dem "Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapiergeschäfte und Derivategeschäfte" werden bestimmte Geschäfte verboten sowie zwei Ermächtigungsgrundlagen geschaffen. Untersagt sind nun ungedeckte Leerverkäufe von allen deutschen Aktien und von Staatsanleihen der Eurozone. Das Gesetz gilt auch für Kreditderivate (Credit Default Swaps/CDS) auf Staatsschuldtitel der Euro-Länder, die keinen Absicherungszwecken dienen. Betroffen sind Wertpapiere, die an einer deutschen Börse im regulierten Markt zugelassen sind.

Das Finanzministerium bekommt mit dem Gesetz Spielraum, per Rechtsverordnung flexibel nähere Bestimmungen und Ausnahmen von den gesetzlichen Verboten zuzulassen. In Zukunft könnten außerdem Derivate, die Leerverkäufe abbilden, untersagt werden. Die Bafn darf in Krisensituationen in Zusammenarbeit mit der Bundesbank die nicht vom gesetzlichen Verbot erfassten Geschäfte durch eine Anordnung befristet verbieten.

EZB rüffelt Ratingagenturen

Die Europäische Zentralbank (EZB) verschärft den Ton gegenüber den internationalen Ratingagenturen. EZB-Ratsmitglied Christian Noyer sagte, dass die staatlichen Notenbanken zu sehr von den Einschätzungen der Agenturen abhängig seien. Dies sei "völlig unbefriedigend", stellte Noyer fest, der auch Chef der französischen Notenbank ist.

Auf der Suche nach einer europäischen Alternative zu den umstrittenen Agenturen bringt Noyer die Kreditversicherer, die ebenfalls die Qualität von Krediten bewerten, ins Gespräch. Solche Firmen wie Euler-Hermes und Coface hätten entsprechendes Wissen und Erfahrung, sagte Noyer dem Handelsblatt.

Er warf den Ratingagenturen schwere Fehler bei der Einstufung staatlicher Anleihen zum Beispiel im Fall Griechenlands und weiterer europäischer Staaten vor. Die Abwertung der Kreditwürdigkeit einiger Euro-Staaten hatte zum Kursverfall der europäischen Gemeinschaftswährung in den vergangenen Wochen beigetragen.

Die Europäische Kommission prüft derzeit schärfere Auflagen für Ratingagenturen in Europa. Dem Handelsblatt zufolge will die Behörde dafür die geplante EU-Börsenaufsicht ESMA mit weitreichenden Ermittlungsbefugnissen ausstatten, um Ratingagenturen leichter kontrollieren zu können. So solle die Behörde das Recht erhalten, bei Verdacht auf Regelverstöße Geschäftsräume zu durchsuchen, Unterlagen aller Art anzufordern und Verdächtige zu verhören. Auch sollen Geldstrafen verhängt werden können.

Goldman Sachs verschwieg Betrugsverdacht

Die Investmentbank Goldman Sachs hat bei der Bewerbung um ein Beratungsmandat offenbar verschwiegen, dass sie unter Betrugsverdacht steht. Dem größten Pensionsfonds der USA, Calpers, hat Goldman Sachs noch am 18. März versichert, nicht Teil eines Ermittlungsverfahrens zu sein.

Das war sechs Monate nachdem die US-Börsenaufsicht SEC Goldman Sachs im September mitgeteilt hatte, sie wegen Betrugs höchstwahrscheinlich anzuklagen. Am 16. April reichte die SEC die Klage ein. Sie wirft Goldman Sachs vor, Anlegern bewusst wichtige Informationen über ein komplexes Investmentprodukt vorenthalten zu haben.

Goldman Sachs wollte sich dazu nicht äußern. Ein Sprecher von Calpers sagte, sie erwarteten eine Erklärung von Goldman. Eine Entscheidung, unter anderem Goldman als Berater zu engagieren, gebe es noch nicht. Wie aus den Unterlagen hervorgeht, wurden sie nicht unter Eid vorgelegt und es ist unklar, ob sie von den Anwälten der Bank geprüft wurden.

Der Vorfall könnte die Debatte anheizen, ob Goldman verpflichtet war, Aktionäre und potentielle Kunden darüber zu informieren, dass eine Klage im Raum stand. Goldman hatte zu einem früheren Zeitpunkt erklärt, sie hätten die Ankündigung der SEC bei Mitteilungen an die Aufsichtsbehörden nicht erwähnt, da die Anwälte der Bank zu dem Schluss gekommen seien, dass der Vorgang unwesentlich sei.

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