Finanzen kompakt:"Amerika ist ratlos"

Finanzminister Schäuble übt herbe Kritik an der Entscheidung der US-Notenbank unter Fed-Chef Bernanke. Außerdem: Nagel folgt Sarrazin bei der Bundesbank. Das Wichtigste in Kürze.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat seine Kritik an der Finanzpolitik der USA verschärft. "Bei allem Respekt, mein Eindruck ist, die Vereinigten Staaten von Amerika sind ratlos", sagte Schäuble.

Angela Merkel, Wolfgang Schaeuble

Wolfgang Schäuble legt gegen die US-Notenbank-Entscheidung nach.

(Foto: AP)

Die Entscheidung der US-Notenbank Fed für eine neue Geldspritze sei nicht nachvollziehbar. Die amerikanischen Probleme seien nicht Folge eines Mangels an Liquidität. "Jetzt zu sagen, jetzt machen wir noch einmal 600 Milliarden Dollar dazu, wird das Problem nicht lösen", sagte Schäuble. Es gebe aber nicht den geringsten Grund zur Schadenfreude, sondern auch die Europäer hätten Grund zur Sorge. Europa könne aber nicht falsche Rezepte übernehmen.

Kritik übte Schäuble auch an der Wechselkurspolitik Washingtons. Europa werde sich einsetzen, den Währungsstreit zwischen China und den USA zu entschärfen. Es bestehe aber der Eindruck, dass die USA so ähnlich handelten, wie sie es China vorhielten. Die USA werfen China seit Jahren vor, die Währung künstlich niedrig zu halten, um sich Exportvorteile zu verschaffen.

Nagel folgt Sarrazin

Der Volkswirt Joachim Nagel soll Nachfolger von Thilo Sarrazin im Vorstand der Bundesbank werden. Die Länder stimmten im Bundesrat einem Vorschlag der Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und dem Saarland, Kurt Beck (SPD) und Peter Müller (CDU), zu. Bundespräsident Christian Wulff muss Nagel nun noch offiziell in den Vorstand der Bundesbank bestellen.

Mitte September hatte Wulff den bisherigen Vorstand Sarrazin auf dessen Bitte hin zum Monatsende entlassen. Zuvor hatte der SPD-Politiker und frühere Berliner Finanzsenator mit umstrittenen Thesen zur fehlenden Integrationsbereitschaft von Muslimen bundesweit für Empörung gesorgt. Der Vorstand der Bundesbank beantragte deshalb bei Wulff die Abberufung Sarrazins. Diesen Antrag zog der Vorstand im Gegenzug zu Sarrazins eigener Entlassungsbitte wieder zurück, ebenso wie eine zuvor per Pressemitteilung geäußerte Kritik an Sarrazins Thesen.

Nagel arbeitet bereits seit 1999 bei der Bundesbank, zunächst als Büroleiter des Präsidenten der damaligen Landeszentralbank der Länder Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in Hannover. Im Jahr 2003 wechselte er in die Zentrale der Bundesbank in Frankfurt am Main. 2008 wurde er Leiter des Zentralbereichs Märkte.

Der Vorstand ist das oberste Organ der Bank. Er leitet und verwaltet die Institution. Präsident und Vizepräsident sowie ein weiteres Mitglied des Bundesbank-Vorstands werden auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt, die übrigen drei Mitglieder auf Vorschlag des Bundesrats. Das Vorschlagsrecht wechselt in einem rollierenden Verfahren zwischen den Ländern und hängt mit den Hauptverwaltungsbereichen der Bundesbank zusammen.

Wie geht es weiter mit der WestLB?

Nach den geplatzten Fusionsgesprächen mit der BayernLB ist WestLB-Chef Dietrich Voigtländer um Schadensbegrenzung bemüht. Auf die Frage, ob jetzt die Abwicklung der WestLB näher rückt, sagte Voigtländer in einem Interview mit dem Handelsblatt: "Nein, sicher nicht."

Nachdem Hilmar Kopper, Ex-Chef der Deutschen Bank, der WestLB ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt hatte, bezweifelte auch die EU-Kommission die Lebensfähigkeit der WestLB und hält die staatlichen Hilfen für die Bank für zu hoch. Die EU-Wettbewerbsexperten kündigten an, die Umstrukturierung der nordrhein-westfälischen Landesbank genauer zu prüfen. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die Bank schätzungsweise 3,4 Milliarden Euro mehr staatliche Gelder erhalten habe, als bei der Ausgliederung der "Bad Bank" geplant war. Die EU-Kommission will die Hilfen erst dann genehmigen, wenn eine schrittweise Rückzahlung geplant ist oder es weitere Umstrukturierungen gibt.

WestLB-Chef Voigtländer sagte dagegen dem Handelsblatt, das Institut sei neu positioniert, mache gute Fortschritte als Sparkassen-Zentralbank und unter anderem bei der Finanzierung von Unternehmen. Aus dem Geschäft mit Kunden kämen 86 Prozent der Erträge. Nur wenige Landesbanken erreichten eine so hohe Quote, sagte er. Der WestLB-Chef zog wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in Zweifel, dass die Fusionsgespräche mit der BayernLB an mangelndem wirtschaftlichen Nutzen gescheitert sind. "Ohne Detailprüfung können betriebswirtschaftliche Gründe nicht herangezogen werden", sagte Voigtländer.

Unterstützung kam aus Berlin. Das Finanzministerium gehe nicht davon aus, "dass der Kollaps der WestLB kommt", sagte Ministeriumssprecher Michael Offer. Die Bundesregierung erwarte in diesem Zusammenhang, dass die Auflagen der EU im Beihilfeverfahren der Landesbank eingehalten werde. Die Konsolidierung der Landesbanken in Deutschland sei auch weiterhin eine Herausforderung, sagte Offer.

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