Finanzen kompakt:Rösler-Plan zur Vorkasse: Union fürchtet Kostenfalle

Kostenerstattung nach Vorkasse beim Arzt: Der neue Vorstoß von Gesundheitsminister Rösler provoziert Widerspruch. Außerdem: Der Euro steigt deutlich. Das Wichtigste in Kürze.

Nächster Knatsch in der schwarz-gelben Bundesregierung: In der Union gibt es Widerstand gegen Pläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), wonach Kassenpatienten beim Arzt häufiger selbst zahlen und sich das Geld erstatten lassen sollen.

Rösler stellt Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform vor

Gesundheitsminister Philipp Rösler versucht, seinen Vorkassen-Vorstoß zu relativieren: "Niemand wird dazu gezwungen."

(Foto: dpa)

"Die Kostenerstattung bringt nichts", sagte der CSU-Gesundheitspolitiker Max Straubinger der Tageszeitung Die Welt. "Für das Gesundheitssystem bringt das keine Ersparnis, und die Patienten zahlen im Extremfall immer nur drauf." Es bestehe die Gefahr, dass die Ärzte die Notsituation von Patienten ausnutzten und diese zu viel zahlten.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach warnte vor Klientelpolitik zugunsten privater Krankenkassen und Ärzten. "Die Folge wäre, dass die Versicherten noch mehr draufzahlen müssten und im Zweifel abgezockt werden." Geringverdiener und Rentner könnten es sich nicht leisten, in Vorleistung zu treten. "Das Prinzip Vorkasse hat in der solidarischen Krankenversicherung aus gutem Grund auch nichts zu suchen."

Rösler verteidigte seine Pläne: "Niemand wird dazu gezwungen", sagte er. Zudem solle sichergestellt werden, dass niemand in eine Kostenfalle gerate. Zunächst will Rösler bei Wahltarifen mit Kostenerstattung die Bindungsfrist von drei Jahren abschaffen. Außerdem sollen die Kassen künftig nicht mehr nur 90 Prozent der Arztrechnung erstatten. Längerfristig solle ein intelligentes System der Kostenerstattung für mehr Transparenz und Wettbewerb sorgen, sagte er.

Weitere Milliardenspritze für Anglo Irish Bank

Die irische Regierung wird der taumelnden Anglo Irish Bank offenbar mit weiteren fünf Milliarden Euro unter die Arme greifen. Die Zentralbank werde diese Summe in der Hoffnung nachschießen, die Bank damit am Leben erhalten zu können, berichtete die Financial Times. Die Kosten für die Sanierung der Bank würden damit von den bisher veranschlagten 25 Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro steigen - das wäre ein Fünftel des irischen Bruttoinlandsproduktes.

Die Anglo Irish Bank war in der Finanzkrise in Schieflage geraten und 2009 verstaatlicht worden. Finanzminister Brian Lenihan will die faulen Wertpapiere in eine sogenannte Bad Bank auslagern. Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, dass Dublin noch einen erheblichen Betrag zur Rettung des Institutes nachschießen müsse. Daraufhin hatte die Ratingagentur Standard & Poor's gewarnt, dass die Kreditwürdigkeit des Landes möglicherweise herunter gestuft werden müsse.

Euro erstmals seit April über 1,36 Dollar

Nach den schlechten US-Konjunkturdaten vom Dienstag steigt der Kurs des Euro in immer luftigere Höhen. An den Devisenmärkten stand die Gemeinschaftswährung im Nachmittagshandel bei 1,3627 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstag noch bei 1,3460 (Montag: 1,3477) Dollar festgesetzt.

Zuletzt hatte die europäische Einheitswährung am 15. April 2010 über 1,36 Dollar notiert. In Folge der Griechenlandkrise war der Euro dann aber bis auf 1,1875 Euro (17.6.) abgesackt. Zum Yen stieg der Euro auf den höchsten Stand seit zwei Monaten und war für 113,87 Yen zu haben.

Händler erklärten den neuen Höhenflug des Euro mit unerwartet schwachen Konjunkturdaten aus den USA. Volkswirte der Commerzbank sprechen von "grottenschlechten" Daten zum Verbrauchervertrauen in den USA. Für die Experten werden damit weitere Maßnahmen der US-Notenbank zur Stützung der US-Wirtschaft immer wahrscheinlicher. Sie gehen davon aus, dass der Euro in den kommenden Wochen auf bis zu 1,39 Dollar steigen kann.

Banken-Krise in Island: Ex-Premier muss vor Gericht

Zwei Jahre nach dem Bankencrash in Island hat sich das Parlament in Reykjavik für einen beispiellosen und umstrittenen Schritt entschieden: Die Abgeordneten stimmten dafür, dass sich der frühere Regierungschef Geir Haarde wegen des Zusammenbruchs des isländischen Bankensystems vor einem Sondergericht verantworten muss.

Das im Jahr 1905 geschaffene Hohe Gericht Landsdomur wurde damit erstmals angerufen. Das Parlament votierte in einer äußerst knappen Entscheidung mit 33 zu 30 Stimmen dafür, dass das Sondergericht über eine Anklage Haardes wegen fahrlässigen Verhaltens befinden soll.

Die Abgeordneten stimmten aber dagegen, dass sich auch drei seiner früheren Minister vor Gericht wegen möglicher Verletzung ihrer Amtspflichten verantworten müssen. Dabei ging es um Ex-Finanzminister Arni Mattiassen, den früheren Handelsminister Björgvin Sigurdsson und Ex-Außenministerin Solrun Gisladottir.

Die Empfehlung der Untersuchungskommission sorgte für heftige Debatten im Parlament und spaltete auch die Regierung. Umstritten war die Anrufung des Landsdomur unter den Parlamentariern vor allem, weil es seit seiner Einrichtung vor fast einem Jahrhundert noch nicht einmal zusammenkommen musste und seine Rechtsgrundlage womöglich nicht mehr den heutigen Standards entspricht. Um die Arbeit des Hohen Gerichts in Gang zu bringen, muss die Regierung nun einen Teil der Richter und einen Staatsanwalt bestimmen. Im Falle einer Anklage drohen Haarde ein Jahr Haft und eine Geldstrafe.

Der isländische Finanzsektor war im Herbst 2008 mit der Pleite gleich mehrerer Großbanken im Sog der weltweiten Finanzkrise zusammengebrochen. In der Folge verlor die isländische Krone massiv an Wert, wodurch zahlreiche der 320.000 Einwohner des Landes ihre Ersparnisse verloren. Zudem stieg die Arbeitslosigkeit drastisch an. Ein Staatsbankrott wurde nur durch einen Milliardenkredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der skandinavischen Länder verhindert.

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