Finanzen kompakt:Lehman, Geld her!

Die Gläubiger der Pleitebank Lehman Brothers kommen ihren Entschädigungen näher. Außerdem: Die Börsenaufischt verklagt die Apple-Geheimnisverräter. Das Wichtigste in Kürze.

Die Gläubiger der insolventen Investmentbank Lehman Brothers sind ihrer Entschädigung ein Stück näher gekommen. Das US-Mutterhaus hat sich mit ihrer ebenfalls insolventen deutschen Tochter Lehman Brothers Bankhaus AG über Forderungen in Höhe von 6,6 Milliarden Dollar (4,8 Milliarden Euro) geeinigt. Details des Vergleichs, der noch von Gerichten beider Länder bestätigt werden muss, teilte US-Insolvenzverwalter Bryan Marsal allerdings nicht mit.

Finanzen kompakt: Schlappe zweieinhalb Jahre ist der Fall von Lehman Brothers nun schon her - und viele Kleinanleger kämpfen noch immer um Entschädigungen. Nun gibt es neue Hoffnung.

Schlappe zweieinhalb Jahre ist der Fall von Lehman Brothers nun schon her - und viele Kleinanleger kämpfen noch immer um Entschädigungen. Nun gibt es neue Hoffnung.

(Foto: AFP)

Die Lehman Brothers Bankhaus AG ist die zweitgrößte Auslandstochter der im September 2008 zusammengebrochenen US-Investmentbank. Gläubiger fordern von beiden Seiten Geld; und auch untereinander stritten sich die Gesellschaften. Alle Probleme zwischen den beiden Unternehmen seien nun gelöst, sagte der deutsche Insolvenzverwalter Michael Frege. "Diese Vereinbarung ist ein Meilenstein in der Lösung des Lehman-Verfahrens", erklärte sein US-Kollege Marsal.

Der US-Insolvenzverwalter war mit seinem Auszahlungsplan für das verbliebene Lehman-Vermögen angeeckt. Einige Gläubiger, darunter der mächtige Hedgefonds Paulson, fühlten sich übervorteilt und legten einen Gegenentwurf vor. Seitdem stockt die Abwicklung der Investmentbank, die sich mit Hypothekenpapieren verspekuliert hatte und mit ihrem Zusammenbruch für Schockwellen an den internationalen Finanzmärkten sorgte.

Marsal hofft, dass er über Klagen gegen andere Banken und den Verkauf von übrig gebliebenen Besitztümern 61 Milliarden Dollar einsammeln und an die Gläubiger ausschütten kann. Dem stehen geschätzte zulässige Forderungen von 322 Milliarden Dollar gegenüber. Für jeden investierten Dollar dürften die Gläubiger also 19 Cent herausbekommen. Zu den Opfern der Pleite gehören neben großen, institutionellen Investoren auch mehr als 50.000 Kleinanleger in Deutschland.

Die HRE, ein milliardenschwerer Beihilfefall?

EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia sieht bei der verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) ein Beihilfeproblem in der Dimension von mehr als zehn Milliarden Euro. Das Handelsblatt berichtete unter Berufung auf Regierungs- und Finanzkreise, bei der Auslagerung von riskanten und nicht-strategischen Vermögenswerten des Instituts im Nominalwert von 173 Milliarden Euro in eine Bad Bank sei mit falschen Bewertungsansätzen operiert worden.

Damit seien unerlaubte Beihilfen geflossen. Almunia habe sich bei einem jüngsten Treffen mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits auf Grundzüge eines weiteren Restrukturierungsplans für die HRE verständigt. "Im Gespräch ist eine deutliche Verkleinerung der HRE", zitierte die Zeitung ihre Kreise. Almunia hat dem Handelsblatt zufolge kürzlich in kleiner Runde vom "größten Fall staatlicher Bankenhilfe in Europa" gesprochen. Als Konsequenz müsse der Staat Finanzkreisen zufolge wohl einen Teil seiner Kapitalhilfen für die HRE abschreiben.

Der EU-Wettbewerbskommissar hatte in dieser Woche in Berlin bereits gesagt, im HRE-Beihilfeverfahren sei man nahe an einer Lösung. Das Verfahren werde voraussichtlich schon bald abgeschlossen. Nach einem Gespräch mit Schäuble sei er "noch zuversichtlicher, dass wir nahe an einer Lösung sind", hatte Almunia am Rande einer Tagung gesagt.

Die HRE war im Zuge der Finanzkrise ins Schlingern gekommen und wurde daraufhin vom Bund vollkommen übernommen. Die Bank hatte in der Krise schon zehn Milliarden Euro Kapital sowie Bürgschaften im Umfang von 142 Milliarden Euro vom Staat erhalten.

SEC klagt Apple-Geheimnisverräter an

Die Schlinge um mutmaßliche Geheimnisverräter in namhaften Technologiekonzernen zieht sich zu. Die US-Börsenaufsicht SEC hat sich eingeschaltet und gegen sechs Beteiligte eines sogenannten Experten-Netzwerks Klage erhoben. Die fünf Männer und eine Frau sollen Anleger gegen Bares mit Insiderinformationen unter anderem von Apple, Dell und AMD versorgt haben.

Der Fall war im Dezember ins Rollen gekommen. Das FBI hatte mehrere Verdächtige verhaftet, die New Yorker Staatsanwaltschaft erhob Anklage. Nun ist die SEC auf den Zug aufgesprungen. Die Mitglieder des Experten-Netzwerks hätten geheime Firmeninformationen an Hedgefonds und andere Investoren verkauft, erklärte Chefermittler Robert Khuzami. Neben Geldstrafen fordert er auch ein Berufsverbot für einige der Beteiligten.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen die beiden Berater James Fleishman und Winifred Jiau. Nach den Erkenntnissen der Ermittler haben sie die Mitarbeiter der Technologiekonzerne mit den Investoren zusammengebracht. In Telefonaten sollen die Insider dann über Neuentwicklungen, Verkaufszahlen oder die noch unveröffentlichten Finanzergebnisse geplaudert haben. Nach Erkenntnissen der SEC schlugen die Investoren aus ihrem Wissensvorsprung einen Profit von fast sechs Millionen Dollar.

Im Falle von Apple soll ein "Kunde" des Experten-Netzwerks so schon Monate vor dem Erscheinen gewusst haben, dass das neue iPhone 4 eine zweite Kamera für Videotelefonate besitzt und dass Apple zudem eine Art Lesegerät entwickelt - was sich später als der Tablet-Computer iPad herausstellen sollte. Wie wertvoll derartige Informationen sein können, lässt sich am Apple-Kurs ablesen: Im Oktober 2009, zum Zeitpunkt des Telefonats, kostete Aktie etwa 180 Dollar. Heute sind es mehr als 340 Dollar.

Bernanke warnt vor Schuldenkrise

US-Zentralbankchef Ben Bernanke warnt vor einer Schuldenkrise in den USA. Er rief Regierung und Parlament zu entschlossenen Schritten auf, das Haushaltsdefizit und steigende Staatsschulden in den Griff zu bekommen. Falls dies nicht gelingen sollte, könnte dies letztlich dazu führen, dass Investoren der Regierung kein Geld mehr leihen, sagte Bernanke. "Finanzpolitiker stehen vor einer entscheidenden Herausforderung."

Das jährliche Etatdefizit liege bei derzeit durchschnittlich neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts, sagte Bernanke. Noch drei Jahre vor der schweren Wirtschaftskrise habe es bei lediglich zwei Prozent gelegen. Das Problem sei: Selbst wenn sich die Wirtschaftslage wieder völlig normalisiert habe, werde das Defizit auf einer unhaltbaren Höhe bleiben oder gar weiter wachsen - wenn die Politik sich nicht zu einer "bedeutenden Änderung" in der Finanzpolitik durchringen könne.

Falls die Staatsausgaben wie bisher weiterwachsen sollten, "gäbe es ernsthafte wirtschaftliche und finanzpolitische Folgen", fügte Bernanke hinzu. Ausdrücklich verwies er auf zwei große Ausgabenposten, den Gesundheitssektor und steigende Kosten für die immer älter werdende Bevölkerung. Entscheidend sei der politische Wille, die Probleme in den Griff zu bekommen.

Deutschland-Chef von Goldman plädiert für Griechenland-Umschuldung

Der Deutschland-Chef der US-Großbank Goldman Sachs hat sich eindringlich für eine Umschuldung Griechenlands ausgesprochen. "Zu einer Insolvenz Griechenlands darf es nicht kommen. Deshalb wird es eine Umschuldung oder eine Sanierung der griechischen Schuldenlast geben müssen. Daran wird wahrscheinlich kein Weg vorbei führen", sagte Alexander Dibelius der Bild.

Das Land erwirtschafte zwar nur zwei Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung, trotzdem sei Griechenland zum Symbol für die Euro-Krise geworden. "Es darf nicht dazu führen, dass ein großes Währungssystem scheitert", sagte Dibelius, der für Goldman Sachs auch die Märkte Österreich, Russland, Zentral- und Osteuropa leitet.

Der Investmentbanker schreibt Deutschland eine große Verantwortung bei der Rettung von Griechenland zu. "Wir dürfen nicht vergessen, dass Deutschland vom Euro bis heute immer noch weit mehr profitiert als das, was die Euro-Krise kostet. Die Vorteile sind so gewaltig, dass Deutschland heute so stark dasteht, dass es sich eine Umschuldung Griechenlands theoretisch fast allein leisten könnte." Das wolle natürlich niemand und dazu werde es auch nicht kommen.

Bank of America verkauft Versicherungssparte

Die US-Großbank Bank of America setzt ihren Verkauf von Vermögenswerten fort. Das Geldhaus verkauft die Versicherungssparte Balboa für mehr als 700 Millionen Dollar an den australischen Versicherer QBE, wie das größte US-Finanzinstitut mitteilte.

QBE übernehme auch die Versicherungsverbindlichkeiten in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar. Zudem sei eine zehnjährige Vertriebspartnerschaft vereinbart worden. QBE-Aktien gewannen mehr als sieben Prozent. Es war der größte Aufschlag an einem Tag seit drei Jahren.

Die Bank of America hat sich im vergangenen Jahr bereits von Anteilen an BlackRock und der China Construction Bank getrennt, um die staatlichen Hilfen während der Finanzkrise zurückzahlen zu können.

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