Finanzen kompakt:Bankenaufsicht neu sortiert

Union und FDP verständigen sich nach langem Streit auf eine Reform der nationalen Bankenaufsicht. Und: American Express schluckt Payback. Das Wichtigste in Kürze.

Union und FDP haben sich nach monatelangem Streit auf eine Reform der nationalen Bankenaufsicht verständigt. Die Regierungsfraktionen vereinbarten zehn Eckpunkte, auf deren Grundlage Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Neuordnung der Finanzaufsicht in Deutschland umsetzen soll. Anders als im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vor über einem Jahr verabredet, soll die Bankenaufsicht nun doch nicht unter dem Dach der Bundesbank gebündelt werden. Die Überwachung der Finanzstabilität und des Marktes durch die Bundesbank wird dagegen ausgebaut.

Stresstest für Banken - Frankfurter Bankenskyline

Frankfurter Bankenskyline: Die Koalitionsfraktionen haben sich am Donnerstag auf eine Reform der Finanzaufsicht verständigt.

(Foto: dpa)

"Die Bundesbank muss permanent imstande sein, Systemrisiken der Finanzmärkte zu identifizieren", heißt es in dem Koalitionspapier. Derzeit teilen sich die Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die Bankenaufsicht. Für Versicherer und den Wertpapierhandel ist nur die Bafin zuständig. Während die Bundesbank bei der Banken-Kontrolle die laufende Überwachung übernimmt, ist die Bafin für alle hoheitlichen Aufgaben zuständig. Sie kann also Bank-Vorstände absetzen oder Finanzinstitute schließen.

In der Finanzkrise zeigten sich jedoch Probleme. Die Umsetzung der von Union und FDP angestrebten Konzentration der Bankenaufsicht bei der Bundesbank erwies sich jedoch als schwierig. So wäre die Bundesbank bei einer Allfinanzaufsicht auch Eingriffsbehörde, die Institute schließen oder Manager abberufen können muss. Dafür müsste sie - wie die BaFin - der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesfinanzministeriums unterworfen werden. Die Bundesbank beharrt aber auf Unabhängigkeit. Zwischen Aufsicht und Geldpolitik sei eine klare Grenze nötig.

Im Zehn-Punkte-Papier der Koalition heißt es nun, die Schnittstelle zwischen Marktaufsicht und der Überwachung einzelner Institute - werde "so abgegrenzt, dass die Verantwortlichkeiten von Bundesbank und BaFin klar zugeordnet sind". Hinreichende gegenseitige Information müsse gewährleistet sein. Die Allfinanzaufsicht der Bafin über einzelne Akteure bleibe "aufgrund der Interdependenz von Finanzprodukten und Finanzmarktakteuren" erhalten, heißt es weiter. "Die Standorte der Bafin stehen nicht in Frage." Die Bafin müsse eigenständig und unmittelbar am Finanzmarkt intervenieren können. Ihre Aufgaben sollen "konkretisiert und eingegrenzt" werden.

Nur noch ein Reförmchen

Die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante Finanztransaktionssteuer nimmt konkrete Formen an. Der dafür vorgesehene Steuersatz wird voraussichtlich bei 0,01 Prozent liegen, bestätigten Koalitionskreise. Zur Debatte standen auch Steuersätze von 0,05 und 0,1 Prozent.

Die Finanztransaktionssteuer ist Teil des Sparpakets der schwarz-gelben Koalition und kommt zusätzlich zur bereits beschlossenen Bankenabgabe. Schäuble (CDU) strebt von 2012 an jährliche Einnahmen von zwei Milliarden Euro an. Damit soll die Finanzindustrie an den Kosten der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise beteiligt und zugleich der Bundeshaushalt entlastet werden.

Offen ist, ob neben Frankreich andere europäische Partner mitziehen. Schäuble strebt eine Einigung zunächst auf EU-Ebene an. Gelingt dies nicht, soll dies in den Euro-Ländern erreicht werden. In der Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen (G20) hat eine solche Steuer keine Chance. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rät von einer Transaktionssteuer ab und empfiehlt eine Aktivitätssteuer.

Die zuständige Referatsleiterin aus der Steuerabteilung des Finanzministeriums hat einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge deutlich gemacht, dass die Regierung keine Lenkungswirkung auf die Finanzgeschäfte ausüben wolle. Es gehe allein darum, zusätzliche Einnahmen für den Staat zu erzielen. Um die Steuer auf eine breite Bemessungsgrundlage zu stellen und möglichst wenige Ausweichreaktionen hervorzurufen, will das Ministerium dem Bericht zufolge alle Finanzprodukte besteuern. Betroffen wäre damit auch der bisher weitgehend unregulierte Markt für außerbörslich gehandelte Kreditderivate (OTC/"Over the Counter").

American Express schluckt Payback

Das bekannte Bonusprogramm "Payback" geht in amerikanische Hände über. American Express übernimmt für rund eine halbe Milliarde Euro das hinter "Payback" stehende Münchener Unternehmen Loyalty Partner. "Für die Kunden bleibt alles wie es ist", sagte eine Sprecherin von Loyalty Partner.

"Kundenbindungsprogramme erleben in vielen Teilen der Welt ein rasantes Wachstum", begründete American-Express-Manager Ed Gilligan den Kauf. "Loyalty Partner gehört in diesem Markt zu den besten Anbietern." Das Unternehmen hat insgesamt 34 Millionen Kunden, neben Deutschland auch in Polen und Indien. Bei "Payback" können Verbraucher in teilnehmenden Geschäften und Onlineshops Punkte für jeden Einkauf sammeln und diese dann in Prämien eintauschen. Zu den Partnern zählen die Kaufhof-Warenhäuser, Real-Supermärkte, Aral-Tankstellen, dm-Drogeriemärkte oder Europcar-Autovermietungen.

In Deutschland hat "Payback" 18 Millionen Mitglieder. Loyalty Partner gehört nach eigenen Angaben mehrheitlich dem britischen Finanzinvestor Palamon Capital Partners. Knapp zehn Prozent hatte sich der Handelsriese Metro gesichert, acht Prozent die Unternehmensberatung Roland Berger. 16 Prozent liegen noch beim Gründer und Firmenchef Alexander Rittweger. Er bleibt im Amt und ist auch noch fünf Jahre lang beteiligt.

EZB verdoppelt Grundkapital

Die Europäische Zentralbank (EZB) will ihr Grundkapital auf 10,76 Milliarden Euro erhöhen. Dies teilte die Notenbank nach einer Sitzung des EZB-Rats mit. Reuters hatte von den Plänen der Währungshüter bereits Anfang der Woche erfahren. Bislang lag das Grundkapital der EZB bei knapp 5,8 Milliarden Euro, wovon jedoch nur ein Teil eingezahlt ist.

Das Grundkapital besteht aus Einzahlungen der an der EZB beteiligten Notenbanken der 16 Euro-Länder und auch der weiteren elf EU-Länder, die bislang die Gemeinschaftswährung nicht eingeführt haben. Die nationalen Zentralbanken sollen die fälligen Beträge in drei jährlichen Raten bei der EZB einzahlen. Die erste Rate wird am 29. Dezember fällig.

Die Bundesbank muss ihren Anteil an der EZB somit auf etwas mehr als zwei Milliarden Euro aufstocken. Die nun beschlossene Kapitalerhöhung bedarf gemäß EZB-Statut und EU-Vertrag nicht der Zustimmung der Staaten.

Spanien zahlt höhere Zinsen

Die Zweifel an der Finanzkraft Spaniens treiben die Kosten für die Schulden in die Höhe: Für neue Staatsanleihen in Höhe von 2,4 Milliarden Euro hat das Land deutlich höhere Zinsen zahlen müssen als zuletzt.

Nach Angaben der Zentralbank in Madrid mussten für den Verkauf von zehnjährigen Schuldverschreibungen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro 5,4 Prozent Zinsen gezahlt werden. Bei der letzten derartigen Auktion am 18. November waren es 4,6 Prozent. Für 15-jährige Schuldverschreibungen in Höhe von 618 Millionen Euro wurden sechs Prozent Zinsen gefordert - gegenüber 4,5 Prozent im Oktober. Die Nachfrage war jedoch stark.

Spanien ist hoch verschuldet. Die spanische Regierung will dem hohen Haushaltsdefizit mit einem strengen Sparpaket begegnen.

Überweisungen: Alles einheitlich von 2012 an

Die EU dringt auf eine rasche Vereinfachung von Überweisungen ins europäische Ausland. Von 2012 an solle es einen einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum (Sepa) geben, sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. "Das bedeutet, dass Zahlungen ins Ausland so einfach werden wie die zu Hause", sagte er. Überweisungen seien damit künftig schneller, billiger und sicherer.

Mit der neuen Regelung müssen auch Überweisungen im Inland auf die neuen europäischen Formulare umgestellt werden. Banken und Sparkassen in Deutschland hatten zuletzt eine längere Frist von drei bis vier Jahren für die Umstellung gefordert. Nun sollen die neuen Regeln ein beziehungsweise zwei Jahre nach Inkrafttreten des Vorschlags gelten, der dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten zur Abstimmung vorliegt, erklärte die Kommission. Bereits vor Jahren hatte die EU festgelegt, dass auch reine Inlandszahlungen auf das neue System umgestellt werden sollen.

Obwohl Sepa-Überweisungen seit Januar 2008 möglich sind, würden heute noch immer weniger als zehn Prozent aller Überweisungen im Euroraum so abgewickelt. Daher sei eine Regulierung auf EU-Ebene nötig, um das neue System fristgerecht umzusetzen. Verbraucher müssen sich damit auch für Inlandsüberweisungen auf neue Formulare umstellen. Der Unterschied zu den alten ist allerdings nicht sehr groß: Die internationale Kontonummer Iban besteht aus den bereits geltenden Nummern - ergänzt um einen vierstelligen Ländercode. Hinzu kommt die aus acht Buchstaben bestehende Bankleitzahl BIC.

Staatsanwalt nimmt Credit-Suisse-Mitarbeiter ins Visier

Vier Mitarbeiter der Großbank Credit Suisse sind wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Die Anklagebehörde ermittele gegen die vier Angestellten der Schweizer Bank und einen ehemaligen Credit-Suisse-Mitarbeiter, sagte der Düsseldorfer Oberstaatsanwalt Ralf Möllmann. Im Zuge der Ermittlungen sei es in dieser Woche auch zu Razzien in der süddeutschen Region Bodensee gekommen.

Bei den Ermittlungen spielten auch anonym zugesandte Unterlagen eine Rolle, die der Staatsanwaltschaft im vergangenen Juli zugespielt worden seien. Daraus gehe hervor, dass über scheinbare Lebensversicherungen Identitäten von Kunden möglicherweise verschleiert worden seien. Ein Credit-Suisse-Sprecher sagte, das Institut sei sich der Ermittlungen bewusst. Bislang hatte die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Credit Suisse gegen Unbekannt ermittelt. Nun gebe es Anhaltspunkte für konkrete Personen, sagte Möllmann.

Die Frage einer Einstellung des Verfahrens gegen Geldzahlungen stelle sich nicht, betonte er. "Wir sind mitten in den Ermittlungen", betonte er. Zunächst müssten Sachverhalte ermittelt werden, erst dann könne die Behörde sagen, wie sie weiter vorgehen werde. Die Staatsanwaltschaft Bochum hatte nach eigenen Angaben Ermittlungen gegen Liechtensteiner Banken und Mitarbeiter gegen Bußgeldbescheide und Geldauflagen in einer Höhe von rund 50 Millionen Euro eingestellt.

Agentur stuft China hoch

Die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat die Kreditwürdigkeit Chinas angehoben. Die langfristige Bonität erhöht sich um eine Note auf AA-, wie die Agentur mitteilte. Damit verfügt China nunmehr über die vierthöchste Bonitätsnote.

Der Ausblick für das Rating sei stabil. Damit signalisieren die Agenturen normalerweise, dass in der mittleren Sicht keine weiteren Umstufungen anstehen. S&P begründete die bessere Note mit der fiskalischen und ökonomischen Stabilität Chinas. Die Regierung dürfte auf anstehende Herausforderungen zeitnah reagieren, argumentiert die Agentur.

Zudem sprächen angekündigte und bereits umgesetzte Reformen für eine größere Stabilität der Wirtschaft. Darüber hinaus sei China nur moderat verschuldet und verfüge über hohe Forderungen gegenüber dem Ausland.

Notenbanker plädiert für geteilte Euro-Zone

In der Debatte um neue Regeln für die Euro-Zone hat EZB-Ratsmitglied Athanasios Orphanides vorgeschlagen, dass sich zunächst nur ein Teil der Euro-Länder freiwillig strengeren Regeln unterwirft. Es sei offensichtlich, dass die traditionellen Sanktionen gegen Defizitsünder nicht funktioniert hätten, sagte der Chef der Zentralbank von Zypern. "Vielleicht wäre es eine bessere Lösung für die Mitgliedsstaaten, selbst zu wählen, ob sie willens sind strengere Regeln und Sanktionen zu übernehmen, oder ob sie zu denen gehören wollen, die nicht willens sind, etwas zu tun."

Orphanides sieht durch seinen Vorschlag nicht die Gefahr einer Trennung der Euro-Zone in starke und schwache Länder. Der Druck der Finanzmärkte würde dafür sorgen, dass sich über kurz oder lang alle Länder den strengeren Regeln beugten, sagte der Notenbanker. Er trat zudem dem Eindruck entgegen, die Euro-Zone habe sich im Zuge der Krise in eine Transferunion gewandelt, in der starke Länder für die Fehler schwacher Staaten bluten müssen. "Kredite sind keine Geschenke." Auch der für die Zeit nach 2013 angepeilte permanente Krisenmechanismus ändere daran nichts.

Die EU-Staats- und Regierungschefs neue, strengere Regeln auf den Weg bringen. Die Europäische Zentralbank (EZB), zu deren einflussreichsten Geldpolitikern Orphanides zählt, hatte in der Vergangenheit wiederholt Kritik geäußert, dass keine automatischen Sanktionen für Defizitsünder kommen sollen. Dies hatten EU-Kommission und Notenbank vorgeschlagen. Nach den Worten von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet wird nun der erforderliche "Quantensprung" wohl nicht erreicht werden.

Irisches Parlament billigt Rettungspaket

Das irische Parlament hat das 85 Milliarden Euro schwere Rettungspaket von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) gebilligt. Damit ebnete das Parlament dem IWF den Weg, seinen 22,5 Milliarden Euro umfassenden Teil der Hilfen im Verlauf der Woche freizugeben.

35 Milliarden Euro sind für den angeschlagenen Bankensektor vorgesehen, 50 Milliarden Euro für die Finanzierung des Inselstaates. Das Parlament in Dublin stimmte dem Rettungspaket mit 81 zu 75 Stimmen zu. Die Regierung brachte die Vereinbarung mit Hilfe unabhängiger Abgeordneter durch. Finanzminister Brian Lenihan wies die Forderung der oppositionellen Fine Gael zurück, auch Gläubiger von Banken an Verlusten zu beteiligen. Diese Forderung werde am Widerstand der Europäischen Zentralbank scheitern.

Wegen des Rettungspakets stehen der irischen Bevölkerung in den nächsten Jahren Kürzungen von Sozialleistungen und Steuererhöhungen in Haus. Die Fine Gael, die nach der Wahl Anfang des Jahres voraussichtlich die neue Regierung führen wird, will auch Investoren an den Kosten der Krise beteiligen, um die Belastungen für die Bevölkerung möglichst gering zu halten. Es gebe weder eine moralische noch rechtliche Verpflichtung, die Investoren von einer Beteiligung am Rettungspaket auszunehmen. Deshalb müsse das Abkommen neu ausgehandelt werden.

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