Finanzen kompakt:Die Inflation macht Siesta

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Trotz hoher Strom- und Mineralölpreise sinken die Verbraucherkosten leicht. Vor allem Reisen und Ferienwohnungen sind billiger. Außerdem: Deutsche Börse AG enttäuscht die Analysten.

Preisauftrieb in Deutschland hat sich im April leicht abgeschwächt. Die Lebenshaltungskosten zogen binnen Jahresfrist um durchschnittlich 1,0 Prozent an, bestätigte das Statistische Bundesamt eine frühere Schätzung.

Dank günstiger Reisen und Mietferienwohnungen sanken die Verbraucherpreise im April um 0,1 Prozent. (Foto: Foto: ddp)

Im März waren die Verbraucherpreise noch um 1,1 Prozent gestiegen und damit so stark wie seit mehr als einem Jahr nicht mehr. Ein wichtiger Grund für den geringeren Preisauftrieb war der frühe Termin der Osterfeiertage: Dadurch waren Pauschalreisen um 9,2 Prozent günstiger als im Vorjahr, die Mieten für Ferienwohnungen sanken im Durchschnitt um 3,4 Prozent.

Das führte auch dazu, dass die Verbraucherpreise binnen Monatsfrist um 0,1 Prozent sanken. Wie schon in den Vormonaten wurden die Verbraucher aber verstärkt für Mineralölprodukte zur Kasse gebeten: Heizöl kostete fast ein Drittel mehr als im Vorjahr, Kraftstoffe verteuerten sich um 16,4 Prozent.

Auch der Strompreis stieg. Gas und Fernwärme waren dagegen günstiger zu haben. Nach Definition der Zentralbank herrscht in Deutschland weiter Preisstabilität. Diese sieht die EZB mittelfristig bei Teuerungsraten von knapp unter zwei Prozent gewährleistet.

Die Bundesbank sagt für 2010 und 2011 einen Anstieg der Lebenshaltungskosten von rund einem Prozent voraus. Im Krisenjahr 2009 waren die Preise mit 0,4 Prozent so schwach gestiegen wie noch nie seit der Wiedervereinigung, was den privaten Konsum stützte.

Deutsche Börse AG enttäuscht Analysten

Die Deutsche Börse hat im ersten Quartal einen Rückgang bei Umsatz und Ergebnis verzeichnet und ist zugleich hinter den durchschnittlichen Analystenerwartungen zurückgeblieben. Der Umsatz sei vor allem wegen der krisenbedingt hohen Unsicherheiten an den Finanzmärkten um vier Prozent auf 519,2 Millionen Euro gesunken, teilte der Börsenbetreiber mit.

Zugleich wurden Nettozinserträge aus dem Bankgeschäft der Tochter Clearstream in Höhe von 11,0 Millionen Euro erwirtschaftet. Im Vorjahr waren es allerdings noch 31,9 Millionen Euro gewesen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern brach um 21 Prozent auf 245,6 Millionen Euro ein. Hier schlugen zudem Restrukturierungsaufwendungen in Höhe von 27,8 Millionen Euro zu Buche. Bereinigt ergab sich ein EBIT von 273,4 Millionen Euro nach 311,6 Millionen Euro im ersten Quartal 2009.

EU-Parlament kämpft um Finanzaufsicht für Banken

Die geplante europäische Finanzaufsicht soll nach dem Willen des EU-Parlaments kein zahnloser Tiger werden. Der Wirtschaftsausschuss des Parlaments stimmte dafür, den EU-Aufsehern für Banken, Versicherungen und Börsen viel stärkere Kompetenzen einzuräumen als es den Mitgliedstaaten recht ist.

Grenzüberschreitend tätige Banken, von denen ein Risiko für das gesamte Finanzsystem ausgehen kann, sollen demnach direkt von der EU-Aufsicht überwacht werden. In akuten Krisensituationen könnten die EU-Behörden nationalen Aufsehern außerdem Weisungen erteilen.

Die EU-Mitgliedstaaten könnten die Entscheidungen der EU-Aufsicht nicht so einfach kippen, wie sie es in ihrer Verhandlungsposition über den Gesetzentwurf festgelegt hatten. Das Parlament geht damit auf Konfrontationskurs zu den EU-Finanzministern.

"Wir sollen den Behörden die Möglichkeit geben, die Märkte so zu überwachen, dass sie der Realwirtschaft und der Allgemeinheit dienen", sagte der deutsche Grünen-Abgeordnete Sven Giegold, der gemeinsam mit vier anderen Parlamentariern das umfangreiche Gesetzespaket zur Finanzaufsichtsreform als Vertreter des Parlaments bearbeitet.

Die Mitgliedstaaten schützen unterdessen die Kompetenzen der nationalen Behörden und wollen den EU-Behörden keine direkten Weisungsrechte gegenüber den heimischen Unternehmen einräumen. Vor allem Deutschland und Großbritannien sperren sich gegen eine weitreichende Kompetenzverlagerung in der Aufsicht auf europäische Ebene.

Parlament und Rat stehen unter Zeitdruck, wenn sie den Zeitplan einhalten wollen, die neue Aufsichtsstruktur Anfang nächsten Jahres einführen wollen. Die Reform ist ein Prüfstein, ob die Gesetzgeber ihren Rufen nach einer raschen Verschärfung von Finanzmarktregeln auch Taten folgen lassen. Die Abstimmung über die Aufsichtsregeln für Hedgefonds und private Beteiligungsgesellschaften wurde unterdessen um eine Woche verschoben.

Illegale Geschäfte: ABN Amro Bank zahlt 500 Millionen Dollar Strafe

Wegen großangelegten Geldwäsche-Geschäften mit Banken und Kunden aus Ländern, die auf der schwarzen Liste der USA stehen, zahlt die ehemalige niederländische ABN Amro Bank 500 Millionen Dollar (rund 391 Millionen Euro) an die US-Behörden.

ABN Amro habe der Strafzahlung in einem Vergleich zugestimmt, um einer formalen Anklage unter anderem wegen Verschwörung zu entgehen, teilte das US-Justizministerium am Montag in Washington mit. Nach Angaben von Staatsanwalt Ronald Machen hatte der New Yorker Zweig von ABN Amro zwischen 1995 und 2005 Geschäfte für Banken und Kunden aus Ländern abgewickelt, die damals mit US-Finanzsanktionen belegt waren, darunter Kuba, Libyen, der Iran sowie der Sudan.

Wegen der Einführung stärkerer Kontrollen seien später nur noch wenige illegale Dollar-Transaktionen vorgenommen worden. 2007 wurde die niederländische Bank von einem Konsortium aus Royal Bank of Scotland Group (RBS), der spanischen Banco Santander und der belgisch-niederländischen Gruppe Fortis übernommen. Seit Anfang April ist ABN Amro wieder eine unabhängige Bank im Besitz der niederländischen Regierung unter unter Kontrolle der niederländischen Zentralbank.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/AFP/nog - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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