Finanzen kompakt:Chaos-Theorie nach Stiglitz

Der Ökonom und die Anarchie: Nobelpreisträger Joseph Stiglitz attackiert die Notenbanken und IWF-Chef Strauss-Kahn gibt den Mahner vom Dienst. Außerdem: Jeder Fünfte kappt seine private Altersvorsorge - das Wichtigste in Kürze.

Harte Worte: Der Ökonom und Wirtschaft-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat der Europäischen Zentralbank und der US-Notenbank vorgeworfen, die Welt mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik ins Chaos zu stürzen. Eine "Liquiditätsflut" von EZB und Fed destabilisiere die globalen Devisenmärkte, sagte Stiglitz am Rande einer Konferenz an der Columbia-Universität in New York.

Joseph E. Stiglitz

Der Ökonom Joseph Stiglitz hält nicht viel vom Vorgehen der Notenbanken.

(Foto: AP)

"Die Ironie ist, dass die Fed für all diese Liquidität in der Hoffnung sorgt, dass sie die US-Wirtschaft beleben wird." Doch sie tue nichts dergleichen, sondern sorge für Chaos im Rest der Welt. "Es ist eine sehr seltsame Politik, die sie verfolgen", fügte Stiglitz hinzu.

DSK - Mahner vom Dienst

Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, hat vor dem Missbrauch von Währungen gewarnt. "Es breitet sich ganz deutlich die Idee aus, das Währungen als politisches Druckmittel genutzt werden können", sagte Strauss-Kahn der Financial Times. Wenn Staaten versuchten, mit Hilfe ihrer Währungen den heimischen Aufschwung anzukurbeln, werde die Erholung der Weltwirtschaft gefährdet.

"Jeder solche Ansatz würde einen negativen und sehr schädlichen Langzeit-Effekt haben." Strauss-Kahn warnte ganz direkt die Schwellenländer. Diese versuchten, sich mit geldpolitischen Maßnahmen gegen starke ausländische Investitionsflüsse und die damit einhergehende Verteuerung ihrer Landeswährung zu wehren. "Ich denke, dass das keine gute Idee ist."

Die Währungsproblematik wird eins der großen Themen auf der IWF-Jahrestagung in Washington sein, die am Freitag beginnt.

Gold - oh, wie teuer

Der Goldpreis, nächster Rekord: Am Mittwoch kostete das Edelmetall fast 1350 Dollar. Die Feinunze (31,1 Gramm) notierte im Tagesverlauf bei 1350 Dollar. Damit hat Gold seit August um rund 190 Dollar oder 16 Prozent zugelegt.

Allein in den vergangenen beiden Tagen stieg der Goldpreis an den Spotmärkten, an denen es um Geschäft gegen sofortige Kasse und Lieferung geht, um etwa 35 Dollar oder 2,6 Prozent. Händler nannten als Hauptgrund für den jüngsten Preisschub die zusätzliche Lockerung der japanischen Geldpolitik und die anhaltende Schwäche des Dollar.

Jeder Fünfte kappt private Altersvorsorge

Wegen der Finanzkrise hat einer Studie zufolge bereits jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland seine private Altersvorsorge gekappt - mit steigender Tendenz. Demnach haben unter allen Berufstätigen 20 (Vorjahr: 17) Prozent private Vorsorgeverträge gekündigt oder reduziert - unter den über 50-Jährigen sogar 23 (17) Prozent. Das geht aus einer in Berlin veröffentlichten Studie des Instituts für Allensbach hervor, die im Auftrag der Postbank erstellt wurde. Auch die Beträge, die für private Vorsorge investiert werden, entwickelten sich rückläufig: Berufstätige unter 50 geben dafür demnach im Durchschnitt gut zwölf Prozent weniger aus als im Vorjahr.

Die Studie hat zudem eine schnell wachsende Ost-West-Schere zutage gefördert: Im Osten hätten die Arbeitnehmer ihre Vorsorgeaufwendungen um 25 Prozent gegenüber 2009 gekappt. "Damit werden in Westdeutschland mit 215 Euro heute exakt drei Viertel oder fast 100 Euro monatlich mehr in die private Altersvorsorge investiert." Zugleich wachsen der Studie zufolge die Sorgen um ein auskömmliches Leben im Alter. "So fürchtet heute mit 37 Prozent mehr als jeder dritte Berufstätige, dass ihm der Staat wegen seiner hohen Verschuldung die gesetzliche Rente im Alter kürzen müssen wird", sagte Postbank-Vorstand Michael Meyer. Jeder Vierte bange durch stark steigende Preise wegen der Staatsverschuldung auch um den Wert seiner Ersparnisse zur privaten Altersvorsorge.

Horrender Traum vom eigenen Haus

Häuslebauer müssen tiefer in die Tasche greifen. Die Baukosten für ein neues Wohnhaus in Deutschland lagen im August 2010 um 1,2 Prozent über den Werten des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Im Mai hatte der Anstieg im Jahresvergleich noch 1,0 Prozent betragen. Die Kosten für Rohbau und Ausbau stiegen binnen eines Jahres zum August um jeweils 1,3 Prozent. Die Gerüstbauer setzten 3,5 Prozent höhere Preise durch, bei Zimmer- und Holzbauarbeiten sowie Klempnerarbeiten gab es je ein Plus von 3,2 Prozent.

Ebenfalls kletterten die Preise für Heizungen um 2,7 Prozent, für Instandhaltungsarbeiten an Wohngebäuden um 1,6 Prozent sowie für Putz und Stuck um 0,3 Prozent in die Höhe. Günstiger wurden hingegen Stahlbauarbeiten um 1,3 Prozent. Bürogebäude und gewerbliche Betriebsgebäude bauen zu lassen, wurde gegenüber August 2009 um jeweils 1,3 Prozent teurer.

Im Straßenbau stiegen die Preise um 0,8 Prozent. Für die Statistik werden alle drei Monate etwa 5000 Bauunternehmen nach vertraglich vereinbarten Preisen für derzeit 186 ausgewählte Bauleistungen befragt.

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