Finanzberatung:Falscher Anreiz

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Die weltweite Wirtschaftskrise hat das Bild des seriösen Finanzberaters zerstört. Das Grundübel der provisionsgetriebenen Beratung ist aber immer noch nicht ausgemerzt.

Daniela Kuhr

Es sind harte Zeiten für Banker. Wohl kaum ein Berufszweig hat so schnell so stark an Ansehen verloren. Von dem Bild des seriösen und vertrauenswürdigen Beraters ist kaum etwas geblieben.

Opfer der Finanzberatung protestieren. (Foto: Foto: ddp)

Mittlerweile überschlagen sich Politiker mit Vorschlägen für strengere Regeln. So will die Bundesregierung Banker zwingen, künftig jedes Beratungsgespräch zu protokollieren. Der Grund dafür lässt tief blicken: Die Kunden sollen etwas Schriftliches in der Hand haben, um im Falle einer Falschberatung leichter Schadenersatz verlangen zu können. Der Vorstoß zeigt, wie tief das Misstrauen sitzt. Haben die Banker das verdient? Nach allem, was in der Finanzkrise zutage getreten ist, kann die Antwort nur lauten: Ja.

Natürlich stimmt der Einwand, dass die Krise nicht allein von verantwortungslosen Akteuren aus der Finanzbranche ausgelöst wurde. Auch die Verbraucher haben mitgemacht.

In der gesamten Gesellschaft Gier

Sie nahmen hohe Kredite auf, deren Rückzahlung sie sich nicht leisten konnten. Und sie kauften riskante Finanzprodukte, die sie nicht durchschauten. Dahinter stand die Hoffnung auf Rendite und Reichtum.

Gier ist keine Eigenschaft, die auf Manager beschränkt ist. Sie ist in der gesamten Gesellschaft verbreitet - oben wie unten. Viele Anleger sind daher zu einem Großteil selbst schuld, wenn sie Verluste erlitten haben.

Doch es gibt auch andere Fälle. Fälle, in denen Menschen ohne eigenes Verschulden in die Krise geraten sind. Immer wieder berichten Verbraucherschützer von Kunden, die von ihrem Bankberater plötzlich angesprochen worden waren: Es sei dumm, wenn sie ihr Geld weiter auf dem Sparbuch ließen. Stattdessen sollten sie es lieber in andere Produkte wie beispielsweise Zertifikate von Lehman stecken. Die seien genauso sicher, böten aber viel höhere Gewinnaussichten.

Zu einem Großteil weg

Und weil natürlich niemand dumm sein will, haben sie die Zertifikate gekauft. In Massen. Die alleinerziehende Mutter, die auf sichere Art fürs Alter hatte vorsorgen wollen. Und der Rentner, der sein Leben lang gespart hatte, um einen angenehmen Ruhestand zu verbringen. Von allein wären sie nie auf die Idee gekommen. Doch ihr Bankberater hatte sie überzeugt. Jetzt wissen sie es besser: Das Geld ist zu einem Großteil weg.

Es ist daher nicht etwa Aktionismus, wenn die Politik das Thema aufgreift. Die derzeit diskutierten Vorschläge gehen in die richtige Richtung. Wenn Anlageberater künftig Kundengespräche protokollieren müssen, bewirkt das zweierlei: Zum einen können Gerichte sich ein Bild davon machen, ob der Anleger angemessen beraten wurde. Zum anderen wird diese Pflicht hoffentlich zu einer Selbstdisziplinierung führen.

Der Bankberater, der Anlass und Verlauf eines Gesprächs schriftlich festhalten muss, wird sich spätestens in dem Moment fragen, ob seine Empfehlung denn wirklich im Sinne des Kunden war und ob er auf alle Risiken hingewiesen hat.

Auch der Vorschlag von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, dass die Banken einheitliche Beratungsstandards entwickeln sollten, ist nicht verkehrt. Doch all diese Maßnahmen ändern nichts am Grundproblem: der provisionsgetriebenen Beratung.

Grundverkehrt

Derzeit werden solche Berater belohnt, die möglichst viele Produkte verkaufen. Die einen bekommen unmittelbar eine Provision, die anderen erfüllen damit ihre Zielvorgaben vom Chef, und wieder andere erhalten am Jahresende einen Bonus.

Dieses Anreizsystem ist grundverkehrt. Es verleitet dazu, unsinnige Produkte zu vertreiben. Hauptsache, am Ende des Gesprächs unterschreibt der Kunde. Eben erst hat die Koalition neue Regeln für Vorstandsgehälter beschlossen. Sie sollen die Manager zu langfristigem Handeln animieren.

Gleiches sollte man bei Anlageberatern erwägen. Warum werden sie etwa nicht erst dann belohnt, wenn der Kunde das Produkt eine gewisse Zeit lang gehalten hat? Das kurzfristige Denken muss raus aus den Köpfen. Dann hätten die Berater keinen Grund mehr, ihren Kunden unsinniges Zeugs aufzuschwatzen. Und die Kunden könnten sich endlich wieder beraten lassen, ohne dabei die ganze Zeit zu überlegen, ob sie ausreichend rechtsschutzversichert sind.

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