Finanzberater: Helmut Kiener:Der Mann, dem die Anleger vertrauten

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Johann Pertschy verkaufte für den mutmaßlichen Betrüger Helmut Kiener Finanzprodukte im Wert von 30 Millionen Euro. Er bereut nichts und spricht von einer Intrige.

Markus Zydra

Es fällt Schneeregen am Fuße der Schwäbischen Alb, doch Johann Pertschy scheint nicht zu frieren. Der 61-jährige kräftige Finanzberater trägt nur eine dünne Windjacke, der Kragen ist weit offen, die markante Goldkette am Hals gut sichtbar. Hier, am Bahnhof der baden-württembergischen Stadt Schwäbisch Gmünd wartet der Mann, dem viele Anleger vertrauten.

Johann Pertschy hat ab dem Jahr 2000 Finanzprodukte im Wert von 30 Millionen Euro an Tausende Anleger vermittelt. (Foto: dpa)

"Ungefähr 30 Millionen Euro habe ich bei den Kunden eingeworben", sagt Pertschy mit selbstbewusster Stimme. Es waren Millionen für Finanzprodukte des mutmaßlichen Anlagebetrügers Helmut Kiener - die Staatsanwaltschaft Würzburg hat gegen ihn gerade Anklage erhoben. Johann Pertschy war es, der ab dem Jahr 2000 Kieners Finanzprodukte an tausende Anleger vermittelt hat. Plagt ihn nun ein schlechtes Gewissen?

Von wegen. "Ich habe nie einen Fehler gemacht, denn ich habe dasselbe Vertrauen zu Kiener wie vorher", sagt Pertschy. Doch seine eigenen Kunden, die müssten doch wütend bei ihm auflaufen, schließlich haben sie wahrscheinlich ihr ganzes Geld verloren? "Nur zwei Anleger haben sich bei mir wegen der Sache beschwert, das ist eine Traumquote."

Pertschy hat 40 Jahre lang Finanzprodukte verkauft. So jemand kann Erzählungen geschmackvoll garnieren, deshalb weiß man aber mitunter nicht so richtig, was von den Geschichten zu halten ist. Zum Beispiel von dieser: "Ich habe den Verdacht, dass Kiener von einem Anwalt in den USA reingelegt wurde. Der hat ihm Villa, Flugzeug, Yacht und Helikopter angedreht." Pertschy spricht von einer Intrige, obwohl die 630 Seiten der Anklageschrift gegen Kiener nach Ansicht der Justiz das Gegenteil belegen.

Der 51-jährige Diplom-Psychologe Kiener sitzt seit einem Jahr in Untersuchungshaft. Er soll knapp 5000 Sparer und zwei Großbanken durch den Aufbau eines Schneeballsystems um insgesamt um 345 Millionen Euro geprellt haben. In der Anklageschrift der Würzburger Staatsanwaltschaft wird ihm gewerbsmäßiger Betrug in 35 besonders schweren Fällen, Urkundenfälschung in 86 Fällen sowie Steuerhinterziehung vorgeworfen. Kiener drohen bis zu 15 Jahre Haft. Der Prozess wird wohl Anfang nächsten Jahres beginnen.

Urkundenfälschung, Gewinnmanipulation und Schneeballsystem

Pertschy und Kiener haben sich vor zehn Jahren in Aschaffenburg kennengelernt. "Er saß da in Shorts, und wir konnten sehr gut miteinander", erinnert sich Pertschy, der in den darauffolgenden Jahren auch werbetechnisch ein großes Rad drehen sollte: Für Kieners K1-Fonds hat er zweimal eine ganze Werbeseite in der Bild-Zeitung gebucht.

Auf der Anlegermesse Invest machte er 2005 mit einem extravaganten Stand auf sich aufmerksam. "Eine Corvette, den besten Wein aus Baden-Württemberg und ein paar Hostessen habe ich als Rahmen für die K1-Fonds geholt", erzählt Pertschy mit Stolz, denn dieser Auftritt hatte sein Ziel erreicht: Aufmerksamkeit um jeden Preis. "Anders funktioniert der Verkauf nicht", sagt Pertschy.

Freimütig erzählt der Verkäufer, dass die Strafverfolgungsbehörden in der Vergangenheit schon mehrfach gegen ihn ermittelt haben, wegen des Vorwurfs der Urkundenfälschung, der Gewinnmanipulation und des Aufbaus eines Schneeballsystems. Es sei aber nie zu einem Prozess gekommen.

"Die Banken müssten wissen, wo die Gelder sind"

Sollte Kiener verurteilt werden, dann könnte Pertschy von Anlegern zivilrechtlich auf Schadenersatz verklagt werden. Zur Erinnerung: Er hat bei Sparern 30 Millionen Euro eingesammelt. "Bei diesen Summen habe ich vor einer Klage keine Angst." Pertschy behauptet, er sei nahezu Pleite, denn er selbst habe auch viel Geld in den K1-Fonds investiert.

"Die Banken müssten doch wissen, wo die Gelder sind", sagt Pertschy und diese Ansicht teilen auch einige Juristen. Der Hintergrund: Die Großbanken BNP, Paribas und Barclays haben Kiener insgesamt 220 Millionen Euro Kredit gegeben. Womöglich haben die Banker Kieners Sicherheiten nicht gründlich genug geprüft? Einige Anwälte wollen vor Gericht so argumentieren.

Finanzberater Pertschy will mit Finanzvermittlung künftig nichts mehr zu tun haben. Und er scheint froh darüber, dass eine Produktidee nicht geklappt hat. Zu den besten Zeiten wollte er auf den K1-Fonds ein Future-Wertpapier auf den Markt bringen mit dem Namen P1 - P wie Pertschy.

© SZ vom 24.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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