Fed-Hilfsaktion in Finanzkrise:Notenbank als Nothelfer

Die amerikanische Notenbank Fed tritt als Retterin in der Finanzkrise auf - ihr Chef Bernanke übertritt damit eine rote Linie. Denn Disziplin in Finanzdingen ist nur dann sicher, wenn Investoren nicht damit rechnen können, dass Vater Staat ihnen mit dem Geld der Steuerzahler zu Hilfe kommt.

Nikolaus Piper

Das Scheitern gehört zum Kapitalismus ebenso sehr wie der Erfolg. Exorbitante Gewinne sind ethisch nur dann gerechtfertigt, wenn derjenige, der auf eine Vervielfachung des Einsatzes an der Börse spekuliert, dabei auch den Komplettverlust seines Vermögens riskiert.

Fed-Hilfsaktion in Finanzkrise: Jenseits der unsichtbaren Linie: Notenbank-Präsident Ben Bernanke.

Jenseits der unsichtbaren Linie: Notenbank-Präsident Ben Bernanke.

(Foto: Foto: AP)

Disziplin in Finanzdingen und Vertragstreue sind nur dann zugesichert, wenn Investoren nicht damit rechnen können, dass Vater Staat ihnen notfalls mit dem Geld der Steuerzahler zu Hilfe kommt.

Insofern hat der amerikanische Notenbank-Präsident Ben Bernanke eine unsichtbare Linie überschritten, als er am Sonntag mit einem 30-Milliarden-Dollar-Kredit bei der Rettung und dem Verkauf der gestrauchelten Investmentbank Bear Stearns half.

Zwar ist bisher noch kein Steuergeld geflossen, aber der amerikanische Staat ist bei dem Kredit in Haftung getreten und er wird, wenn die Dinge schlecht laufen, auch zahlen müssen. Die deutschen Behörden haben diese unsichtbare Linie im Übrigen schon früher überschritten, als sie sich an der Rettung der gestrauchelten Mittelstandsbank IKB beteiligten.

Nun sind Prinzipien das eine, Notfälle das andere. Es gibt Ausnahmen, bei denen Regierungen einem Kreditinstitut zu Hilfe eilen dürfen und müssen: Wenn eine Krise des Finanzsystems, ein regelrechter Bankenkrach droht. Das Fatale dabei ist, dass man immer erst im Nachhinein weiß, wie ernst eine Krise war.

Die Politiker müssen bei Finanzkrisen immer zwischen schlimmen Alternativen wählen: Greifen sie zu schnell ein, belohnen sie leichtsinnige Spekulanten und verhindern die Selbstreinigung des Bankensystems. So erging es Japans Behörden, deren voreilige Rettungsversuche für den Bankensektor dem Land ein Jahrzehnt der Stagnation bescherten. Greifen sie zu spät ein, riskieren sie eine globale Wirtschaftskrise.

Aus heutiger Sicht haben die Deutschen in Sachen IKB vermutlich vorschnell reagiert, die Amerikaner dagegen nun im letzten Augenblick - wegen der zentralen Rolle der Investmentbank im Finanzsystem. Man kann auch nicht sagen, dass die Eigentümer von Bear Stearns straflos davonkommen. Ihr Vermögen ist binnen einer Woche auf einen Bruchteil geschrumpft.

Besonders bitter ist dies für die Mitarbeiter, denen ein Drittel der Bank gehört. Viele werden nicht nur ihren Job verlieren, sondern auch ihre Altersversorgung. Vermutlich wird die US-Regierung noch viel stärker in den Markt eingreifen müssen. Kaum vorstellbar, dass die Krise beendet werden kann, ohne dass Washington überschuldeten Hausbesitzern beispringt und schlechte Kredite aus dem Markt nimmt.

Akzeptabel ist dies nur, wenn gleichzeitig die Defizite bei der Regulierung der US-Finanzmärkte beseitigt werden. So müssen Geldverleiher, wie anderswo auch, in Amerika wieder einen Teil der Verantwortung dafür übernehmen, dass ihre Schuldner sich einen Kredit auch leisten können.

Die derzeitige Krise und die Rettungsversuche der Politiker lösen viel verständlichen Zorn aus. Tatsächlich waren es ja unverantwortliche Spekulanten und schlecht wirtschaftende Banker, die das Finanzsystem an den Rand der Katastrophe geführt haben. Sie haben neue, hochkomplexe Finanzprodukte genutzt, die sie selbst, oder die zumindest die Aufsichtsgremien nicht richtig verstanden haben. Und die staatlichen Regulierer sind hoffnungslos hinter dem Tempo der Finanzmärkte zurückgeblieben.

Der Zorn über all die Missbräuche darf aber jetzt nicht zu Fehlschlüssen führen. Der Krise zum Trotz, haben sich die globalisierten Finanzmärkte bisher segensreich ausgewirkt. Sie haben zum Beispiel vielen ehemals armen Ländern Zugang zu Krediten verschafft und dazu beigetragen, Ungleichgewichte im Welthandel zu überbrücken. Notenbanker und Regierungen müssen jetzt schnell und effektiv zusammenarbeiten, um wieder Vertrauen zu schaffen.

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