FDP setzt Schäuble unter Druck:Steuerreform - Tempo, Tempo

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Geballte Kritik an Wolfgang Schäuble: Vertreter der Liberalen greifen den Finanzminister massiv an - weil er die Vereinfachung des Steuerrechts schneller umsetzen soll.

Claus Hulverscheidt

Im Streit über die Vereinfachung des Steuerrechts gerät Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) immer stärker unter Druck. Führende FDP-Vertreter griffen ihn am Donnerstag scharf an und verlangten, möglichst viele der insgesamt 41 Einzelmaßnahmen nicht erst Anfang 2012, sondern rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft zu setzen. Generalsekretär Christian Lindner erklärte, er könne nicht verstehen, warum Schäuble den Menschen einen einfacheren Umgang mit den Finanzämtern verwehren wolle. Fraktionschefin Birgit Homburger sagte, wenn der Minister seinen Gesetzentwurf nicht ändere, "werden wir das im Parlament für ihn erledigen". Auch Vizekanzler Guido Westerwelle und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle kritisierten Schäuble.

Zoff um die Steuerreform: Die Liberalen pochen auf eine schnellere Umsetzung.   (Foto: dapd)

Die harschen Aussagen der FDP-Führung zeigen, welches Ausmaß der Ärger der Liberalen über Schäuble mittlerweile angenommen hat. Viele Freidemokraten haben seit der Amtsübernahme der schwarz-gelben Koalition im Oktober 2009 den Eindruck, dass der Finanzminister liberale Prestigeprojekte systematisch desavouiert. Sie verweisen unter anderem auf Schäubles anhaltenden Widerstand gegen Steuersenkungen und sein nicht abgestimmtes Festhalten an der Gewerbesteuer. "Dass er jetzt sogar bei der Steuervereinfachung bremst, passt da ins Bild", hieß es in Fraktionskreisen.

Der Finanzminister kann allerdings darauf verweisen, dass für die allermeisten der geplanten Maßnahmen von Beginn an der Starttermin 2012 vorgesehen war. Das ergibt sich aus Unterlagen von Mitte November. Seither ist allerdings eine ganze Reihe von Punkten hinzugekommen, über die nun gestritten wird. Im Mittelpunkt stehen dabei die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags von 920 auf 1000 Euro, Erleichterungen beim Kindergeld und bei der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten sowie eine einfachere Berechnung der Pendlerpauschale. Alles in allem soll die Reform die Bürger um 585 Millionen Euro entlasten. Pro Kopf und Monat wird das allerdings nur einige wenige Euro ausmachen.

Entscheidung bis zur Sommerpause

Dennoch will neben der FDP auch die Unionsfraktion so viele Maßnahmen wie möglich zum 1. Januar 2011 in Kraft setzen. Entsprechend hat sich nicht nur das Gros der zuständigen Fachpolitiker, sondern auch Fraktionschef Volker Kauder (CDU) geäußert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält ein rasches Inkrafttreten zwar eigentlich nicht für vordringlich, will aber ein Zerwürfnis mit den Fraktionen unter allen Umständen vermeiden. Somit ist Schäuble koalitionsintern isoliert. Einer seiner Sprecher hatte am Mittwoch erklärt, es könnten nur solche Maßnahmen rückwirkend in Kraft gesetzt werden, bei denen dies technisch machbar sei und die den Bundeshaushalt 2011 nicht belasteten. Der Arbeitnehmerpauschbetrag zähle nicht dazu.

Dagegen betonte Brüderle, wenn der Finanzminister plötzlich technische Hindernisse sehe, dann müsse er diese erläutern. "Und interessanterweise: Herr Schäuble hat sich bisher öffentlich nicht geäußert", sagte der Wirtschaftsminister im Deutschlandfunk. Generalsekretär Lindner erklärte beim Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart, die Erfahrung habe gezeigt, dass sich in der Regierung nichts bewege, "wenn man die Union nicht treibt". Deshalb werde seine Partei den Koalitionspartner zu mehr Eile drängen. Das Bundeskabinett wird voraussichtlich Ende Januar oder Anfang Februar einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen. Danach beraten Bundestag und Bundesrat, eine endgültige Entscheidung soll bis zur Sommerpause fallen.

© SZ vom 07.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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