Süddeutsche Zeitung

EZB-Kandidatur: Wirbel in der SPD:Steinmeiers kläglicher Versuch

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier schlägt seinen Parteifreund Steinbrück als EZB-Chef vor - der will davon jedoch nichts wissen. Gegenüber dem möglichen neuen Bundesbankchef ist das Verhalten Steinmeiers geradezu schäbig.

Claus Hulverscheidt

Als Frank-Walter Steinmeier noch ein seriöser Regierungspolitiker war, hätte ihm ein kleiner Schuss mehr Frechheit gelegentlich gut zu Gesicht gestanden. Als Oppositionsführer nun wird das ein oder andere taktische Foul von ihm geradezu erwartet.

Steinmeier aber beherrscht die Grätsche nicht, wie der klägliche Versuch, den Rückzug von Bundesbankchef Axel Weber auszuschlachten und Peer Steinbrück als Kandidaten für den Chefsessel der Europäischen Zentralbank ins Gespräch zu bringen, einmal mehr zeigt.

Steinbrück war ein ordentlicher Bundesfinanzminister, und man kann auch darüber klagen, dass sich ein Mann seines Kalibers heute lustlos auf den Hinterbänken des Bundestags fläzt, während vorne auf den Regierungssesseln Mittelmaß Platz genommen hat.

Dennoch taugt Steinbrück nicht zum EZB-Chef: Zum einen sollte die politisch unabhängige Notenbank generell nicht von einem Politiker geführt werden. Und zum zweiten hat der Sozialdemokrat - mit Verlaub - schlicht keine Ahnung von den Untiefen der Geldpolitik.

Selbstverständlich ist er als Minister immer wieder eng mit dem Notenbankgeschäft in Berührung gekommen. Der Posten des EZB-Präsidenten ist aber keine Weiterbildungsstelle. Es würde ja auch niemand auf den Gedanken kommen, einen noch so versierten Fußballtrainer zum Chefcoach der Handball-Nationalmannschaft zu berufen.

Geradezu schäbig ist im Übrigen, wie Steinmeier mit Jens Weidmann umgeht, dem möglichen neuen Bundesbankchef. Obwohl er den Kanzlerberater durchaus schätzt, unterstellt er, dass Weidmann nicht fähig wäre, sich aus Angela Merkels Umklammerung zu lösen. Bevor er derlei Zeug redet, sollte Steinmeier lieber der alte Langweiler bleiben.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2011/segi
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