EZB erhöht den Leitzins:Die Zinswende ist da

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Kehrtwende in der Geldpolitik der EU: Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins angehoben - zum ersten Mal seit 2008. Wer profitiert und wer draufzahlen muss.

Eugen Maier und Alina Fichter

Die Unternehmen melden gute Zahlen, die Arbeitslosenrate sinkt - ein Signal zum Aufschwung kommt jetzt auch von den Währungshütern. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins auf 1,25 Prozent angehoben. Das ist die erste Zinserhöhung seit fast drei Jahren.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat die Zinswende in Europa verkündet. Die EZB erhöht den Leitzins auf 1,25 Prozent. (Foto: dpa)

Den Leitzins müssen Banken zahlen, wenn sie sich von der EZB Geld leihen. Um die Folgen der Finanzkrise abzufedern, wurde der Zins auf den historischen Tiefstwert von 1,0 Prozent gesenkt und bisher dort gelassen. Die Banken sollten leichter an Geld kommen, um Kapital für Investitionen locker zu machen.

Doch jetzt überwiegen die Sorgen vor der Inflation. Die Euro-Hüter kommen wieder hauptsächlich ihrer Hauptaufgabe nach, der Preisstabilität. Deutlich teurere Energie und Lebensmittel haben die Inflationsrate in der EU auf 2,6 Prozent getrieben. Als Grenzwert für stabile Entwicklung gilt bei der EZB aber ein Wert von knapp unter zwei Prozent. Ein höherer Zinssatz bekämpft Inflation, weil er Kredite teurer und somit unattraktiver macht, wodurch weniger Geld in den Markt gespült wird. Die Banken müssen sich vom Tropf der EZB lösen.

Andreas Rees, Chefvolkswirt der Uni Credit in Deutschland, wertet die Anhebung daher auch als ein klares Signal an die Politik: "Die langfristige Preisstabilität soll das Maß aller Dinge bleiben, und nicht etwa Rettungsmaßnahmen in der Schuldenkrise", sagt Rees. Der Euro als Ganzes sei daher größter Gewinner der Aktion.

Ungewöhnlich an der aktuellen Zinserhöhung ist, dass die Europäer voranpreschen und nicht die Amerikaner. Die US-Notenbank Fed hält den Leitzins seit fast zweieinhalb Jahren bei nahezu null Prozent und will ihn so schnell nicht anheben. Die Zinsdifferenzen zwischen den beiden Ländern machen den Euro im Vergleich zum Dollar teurer. Da beispielsweise Öl in Dollar gehandelt wird, könnten Energie-Bezieher in der Eurozone davon profitieren. Ungünstig wirkt sich der Unterschied aber auf Export-Unternehmen aus, da die Ausfuhren aus der Eurozone dadurch automatisch teurer werden.

Dispokredite werden teurer

Für private Bankkunden mit Krediten dürfte die Zinserhöhung ebenfalls negative Auswirkungen haben. "Die Banken geben die Zinserhöhung direkt an ihre Kunden weiter", sagt Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen. Deutsche Verbraucher würden 40 Milliarden Euro an Dispokrediten halten. "Wer kann, sollte die Schulden schnellstmöglich tilgen", sagt der Verbraucherschützer. Profitieren könnten dagegen Kunden mit vollen Konten. Bei Tages- und Festgeldkonten steige die Rendite, sagt Andreas Rees von der Uni Credit.

Auch Eigenheimbesitzer könnten die Auswirkungen des höheren Leitzins zu spüren bekommen. In einigen Eurostaaten, etwa Portugal oder Spanien, gibt es bei der Baufinanzierung eine relativ kurze Zinsbindung, schreibt Andreas Rees von der Uni Credit. Ihre Kredite würden somit teurer werden.

Problem für Krisen-Staaten

Für die kriselnden Eurostaaten könnte der höhere Leitzins weitere wirtschaftliche Schwierigkeiten bedeuten. Für Griechenland, Portugal oder Irland, die wegen ihrer schlechten Finanzlage ohnehin schon kaum an bezahlbare Kredite kommen und Hilfen von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) annehmen müssen, wird die Lage noch schwieriger.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte den Zinsanstieg schon im Vorfeld angedeutet, um Schock-Reaktionen auf den Märkten zu vermeiden. Eine Erhöhung sei möglich, aber nicht sicher, hatte er vor kurzem gesagt. Die Märkte glauben daher auch nicht, dass es bei diesem leichten Anstieg bleiben wird. In mehreren kleinen Schritten könnte der Satz schon bis Anfang 2012 auf das Doppelte des bisherigen Wertes steigen.

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