EZB: Axel Weber verzichtet:Eine Blamage für Merkel

Die Posse um Bundesbank-Chef Axel Weber zeigt: Wenn es um internationale Personalpolitik geht, versagen die deutschen Regierungen. Warum versteht Kanzlerin Angela Merkel nicht, wie wichtig internationale Top-Posten sind?

Alexander Hagelüken

Der bisher letzte Deutsche an der Spitze der EU-Kommission war Walter Hallstein. Der Zeitgenosse Konrad Adenauers legte sein Amt 1967 nieder, vor mehr als vier Jahrzehnten also. Es gibt derzeit kaum einen Deutschen auf einem internationalen Top-Posten, weder in Brüssel noch beim Internationalen Währungsfonds oder der Welthandelsorganisation.

Bundesbank-Chef Weber und Angela Merkel

Das Verhältnis zwischen Bundesbank-Chef Weber und Bundeskanzlerin Merkel hat sich gegenüber dieser Aufnahme deutlich verschlechtert.

(Foto: dpa)

Die Bundesregierung hatte den Plan, wenigstens auf dem Chefsessel der Europäischen Zentralbank (EZB) erstmals einen Vertreter des größten Euro-Staats zu etablieren. Doch der Kanzlerin ist ihr Kandidat abhanden gekommen, Bundesbankpräsident Axel Weber mag nicht mehr. So steht Angela Merkel blamiert da, es scheint schwierig, Ersatz zu finden.

Europas größte Wirtschaftsnation scheitert wieder einmal daran, ihr Gewicht in grenzüberschreitenden Organisationen zu repräsentieren. Und das ausgerechnet in dem Moment, da um das Überleben der Währungsunion gekämpft wird, des anspruchsvollsten Projekts, das dieser Kontinent zu bieten hat.

Die Panne bei der Zentralbank fügt sich in eine Reihe anderer Personalschlappen, bei denen sich die Bundesrepublik unter Wert verkaufte. Als deutschen Kommissar entsandte die Regierung Günter Oettinger nach Brüssel, dessen vornehmste Qualifikation darin bestand, dass ihn die Union aus dem Amt des Stuttgarter Ministerpräsidenten entfernen wollte.

Für das wichtigere Amt des Kommissionschefs bieten die Deutschen seit längerem niemand auf; Edmund Stoiber zauderte die Chance weg. Europa, so der Eindruck, ist den Deutschen nicht so wichtig. Und global ist es nicht besser: Als die Regierung um die Jahrtausendwende einen Mann an die Spitze des Internationalen Währungsfonds entsenden wollte, verhinderten die USA ihren ersten Kandidaten. Erst nach langem Geschacher kam Berlin zum Zug.

Desinteresse und Ungeschick

Die wechselnden Regierungen agieren mit einer Mischung aus Desinteresse und Ungeschick, wenn es um internationale Personalpolitik geht. Der jüngste Fall zeigt das exemplarisch. Da hatte die Kanzlerin einen Kandidaten für die Europäische Zentralbank gefunden.

Axel Weber allerdings eckte mit Kritik an riskanten Hilfsaktionen für Euro-Länder an. Staaten wie Frankreich opponierten gegen den selbstbewußten Deutschen, der die gemeinsame Währung stützen will. Und der fühlte sich von seiner eigenen Regierung zu wenig unterstützt. Das Verhältnis zwischen Weber und der Kanzlerin ist offenbar so brüchig und erratisch, dass Merkel von seinem Rückzug überrascht wurde. Peinlicher lässt sich anderen EU-Staaten kaum demonstrieren, dass man die Lage nicht im Griff hat.

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