Süddeutsche Zeitung

Expertengespräch:In der Todeszone

Was Hauskäufer und Bergsteiger gemeinsam haben, erklärt Hans-Peter Burghof, Bankenprofessor an der Universität Hohenheim in Stuttgart.

Interview von Simone Gröneweg

SZ: Baugeld ist immer noch extrem günstig. Wird das erst einmal so bleiben?

Hans-Peter Burghof: So etwas lässt sich kaum prognostizieren. Das Zinsniveau hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab - auch von politischen Entscheidungen, und die sind nun mal nicht vorhersehbar. Die EZB stemmt sich jedenfalls gegen eine Zinswende. Das deutet darauf hin, dass die Zinsen in den kommenden Monaten nicht extrem steigen werden.

Für Immobilienkäufer ein Vorteil.

Das stimmt. Immobilienkäufer sind die Krisengewinnler und können sich so günstig Geld leihen wie nie zuvor. Für manchen könnte es nur ein böses Erwachen geben.

Warum?

Während die Zinsen gefallen sind, ging es bei den Immobilienpreisen in einigen Regionen kräftig nach oben. In Einzelfällen hat das sicher zu Fehlentscheidungen geführt. Mancher hat sich vielleicht zu viel Geld für eine zu teure Immobilie geliehen und kann nur hoffen, dass die Zinsen bis zur Anschlussfinanzierung nicht zu stark steigen. Ansonsten kann die komplette Kalkulation zusammenbrechen. Wer es bis zum Ende der Zinsbindung nicht aus der Todeszone geschafft hat, den trifft es.

Todeszone?

Ich finde, dass der Begriff in dem Zusammenhang gut passt. Das Ganze lässt sich mit einer Bergtour vergleichen. Man sollte sein Ziel erreicht haben, bevor ein schweres Unwetter aufkommt. Ansonsten befindet man sich noch in einer Art Todeszone. Darlehensnehmer sollten ihren Schuldenberg bis Ende der Laufzeit ausreichend reduziert haben, damit sie bei der Anschlussfinanzierung höhere Zinsen finanziell verkraften können. Ansonsten droht ihnen ein finanzielles Desaster.

Einige Institute bieten sogenannte Volltilgerdarlehen an. Ist das eine Lösung?

Wer einen solchen Kredit abschließt, zahlt das geliehene Geld innerhalb der Laufzeit komplett zurück. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, denn so viel Geld muss man erst einmal verdienen oder zur Verfügung haben. Zudem bin ich immer kritisch, wenn Finanzinstitute zusätzliche Optionen für ihre Produkte anbieten.

Was stört Sie daran?

Der Kapitalmarkt macht keine Geschenke. Wird mir als Kunde eine besondere Möglichkeit eingeräumt, muss ich immer überlegen, was die mich kostet. Leider ist das oft gar nicht so leicht herauszufinden. Verbraucher sollten immer daran denken, dass Intransparenz in der Finanzbranche kein Zufall ist. Die Anbieter zeigen sich sehr fantasievoll, wenn es um neue Ertragsquellen geht. Kunden müssen aufpassen, dass sie wissen, welche Leistung am Ende wie viel kostet.

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Quelle:
SZ vom 27.01.2017
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