Ex-BayernLB-Vorstand belastet:"Eine ausgequetschte Zitrone"

Desaster mit Ankündigung: Der frühere Chef der BayernLB und seine Vorstandskollegen kauften die österreichische Hypo Alpe Adria - trotz eindringlicher Warnungen vor hohen Risiken.

Klaus Ott und Nicolas Richter

Der Skandal um Milliardenverluste von Bayerns Landesbank war vorhersehbar. Der frühere Vorstand der BayernLB hat 2007 die österreichische Finanzgruppe Hypo Alpe Adria gekauft, obwohl intern eindringlich davor gewarnt worden war. Das Geschäft endete dann in einem Desaster.

BayernLB, ddp

Der frühere Bankchef Schmidt muss mit einer Anklage rechnen. Alles andere wäre "sehr verwunderlich", heißt es in Justizkreisen.

(Foto: Foto: ddp)

Fachleute der Landesbank hatten in zwei internen Papieren vom Juni und Oktober 2006, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, eine mögliche Übernahme der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) beurteilt und dabei ausdrücklich auf zahlreiche hohe Risiken verwiesen. Trotzdem beschlossen der damalige Bankchef Werner Schmidt und seine Vorstandskollegen im Mai 2007 die Übernahme der in Kärnten ansässigen Bank, eine verhängnisvolle Entscheidung. Der Freistaat Bayern und seine Landesbank verloren mit der vor allem auf dem Balkan tätigen HGAA 3,7 Milliarden Euro. Dafür müssen nun die Steuerzahler aufkommen.

Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen diverser Delikte beim Kauf der Hypo Alpe Adria bis hin zu Korruption gegen insgesamt 16 Beschuldigte, darunter der komplette alte Vorstand der BayernLB. Die zentrale Figur ist Ex-Vorstandschef Schmidt. Ihm wird Veruntreuung von Bankvermögen sowie Bestechung des früheren (inzwischen verstorbenen) Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider vorgeworfen.

Schmidt muss mit einer Anklage rechnen. Aus Justizkreisen heißt es, aufgrund der bisherigen Erkenntnisse sei davon auszugehen, dass am Ende der Ermittlungen der eine oder andere Beschuldigte vor Gericht gestellt werde. Alles andere wäre "sehr verwunderlich". Die Staatsanwaltschaft nimmt derzeit zum Stand der Dinge nicht Stellung. Auch Schmidts Anwalt äußert sich nicht.

Für die BayernLB nicht interessant

Nach bisherigen Ermittlungsergebnissen hat zumindest Schmidt die internen "Beurteilungen" der BayernLB vom Juni und Oktober 2006 über die Hypo Alpe Adria gekannt. Das Papier vom Oktober 2006 war ihm vom Strategiechef der Landesbank sogar mit dem Hinweis zugeleitet worden, die HGAA sei für die BayernLB nicht interessant.

Das sei das Fazit der im eigenen Haus vorgenommenen Analysen der Kärntner Bank. Im Umfeld der damaligen Führungsspitze der BayernLB heißt es, zumindest eines der beiden Papiere solle auch Schmidts Vorstandskollegen vorgelegen haben. In Auftrag gegeben worden waren diese frühzeitigen Beurteilungen der Hypo Alpe Adria offenbar von Schmidt.

In den beiden Analysen aus dem Jahr 2006 hatten Experten der BayernLB auf massive Gefahren bei der HGAA aufmerksam gemacht. Es gebe Hinweise darauf, dass das Land Kärnten und die anderen Aktionäre der Hypo Alpe Adria einen schnellen Verkauf anstrebten, bevor Missstände bekannt würden. Womöglich sei es in der Kärntner Bank "fünf vor zwölf".

Nach einem bereits publik gewordenen Bilanzskandal in der HGAA mit Verlusten in Höhe von fast 300 Millionen Euro seien Folgeschäden zu befürchten. Bei der Hypo Alpe Adria könne es sich um eine "ausgequetschte Zitrone" handeln. Die Risikokontrolle der Kärntner Bank bei Kreditgeschäften sei offenbar mangelhaft. Es gebe Gerüchte über Tourismusprojekte auf dem Balkan, die von der HGAA finanziert worden seien und bei denen Kreditausfälle drohten. In der Hypo Alpe Adria seien versteckte Risiken zu befürchten. Fast alle Vorwürfe stellten sich später als wahr heraus.

"Fassungslos" gewesen

Die Fachleute der BayernLB warnten vehement: Vor einer möglichen Übernahme der Kärntner Bank müsse diese gründlich durchleuchtet werden, um mutmaßliche Probleme aufzudecken. Trotzdem wurde die Hypo Alpe Adria vor Abschluss des Kaufvertrags im Mai 2007 dann offenbar nur sehr oberflächlich untersucht. Eine damals damit befasste Juristin der BayernLB sagte als Zeugin bei der Staatsanwaltschaft aus, es habe eigentlich kein richtiger Prüfungsprozess stattgefunden. Kaum habe die Prüfung begonnen, sei sie auch schon wieder vorbei gewesen.

Noch deutlicher äußerte sich ein Angestellter der BayernLB, der an den ersten Beurteilungen der HGAA im Jahr 2006 mitgewirkt hatte. Man hätte die Kärntner Bank nicht einmal geschenkt nehmen dürfen, sagte er als Zeuge aus. Er und seine Kollegen seien "fassungslos" gewesen.

Für den Kauf der Hypo Alpe Adria habe es keine wirtschaftlichen Motive gegeben, sagte der Angestellte. Bei den Ermittlungen hat sich inzwischen auch herausgestellt, dass der damalige Vorstand der Landesbank nach einem gescheiterten Kaufversuch bei einer anderen österreichischen Großbank (Bawag) unter großem Druck von Bayerns CSU-Regierung stand. Die Regierung drang auf eine Expansion der BayernLB.

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