Europaweite Bankenprüfung:Die Angst der Banker vor dem Stresstest

Freitag um Punkt 18 Uhr wird es ernst: Dann werden die Ergebnisse des europaweiten Bankentests veröffentlicht - einige Institute werden wohl durchfallen. Eigentlich sollte die Prüfung die Finanzmärkte beruhigen. Jetzt aber verschärft sie wahrscheinlich die Krise.

Harald Freiberger

Die Banken schlagen Alarm: Sie fürchten, dass der europaweite Stresstest die derzeit kritische Lage an den Finanzmärkten noch verschärft. Doch ein Zurück gibt es nicht mehr. Am Freitag, Punkt 18 Uhr, werden die Ergebnisse für die 91 Institute veröffentlicht.

Stresstest für Banken - Frankfurter Bankenskyline

Stresstest für die Banken - im Bild die Frankfurter Bankenskyline.

(Foto: dpa)

Was fürchten die Banken?

Ziel der Stresstests ist es, Transparenz in die Bankenwelt zu bringen und dadurch die Finanzmärkte zu beruhigen. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des privaten Bankenverbands in Deutschland, ist jedoch in Sorge, dass genau das Gegenteil eintritt. Die Institute seien gezwungen "tiefgreifende Details der Geschäftspolitik" zu veröffentlichen. Das schaffe weder mehr Vertrauen noch mehr Transparenz. Es sei nicht auszuschließen, dass "diese Detailinformationen die Marktvolatilität deutlich steigern könnten".

Sie könnten sogar zu Spekulationen gegen einzelne Institute genutzt werden. Kritisiert wird in Bankenkreisen auch, dass der Test zu grobschlächtig ist. Er berücksichtige nicht die Besonderheiten der einzelnen Häuser. "Es kann deshalb sein, dass eine Bank, die den Test besteht, in drei Monaten insolvent wird, und eine andere, die durchfällt, zehn Jahre lang gesund bleibt", sagt ein Banker.

Was wird getestet?

Der Stresstest simuliert unter anderem, dass die Konjunktur in Deutschland über zwei Jahre um 4,6 Prozent einbricht, Zinsen und Arbeitslosigkeit deutlich steigen, Währungen und Aktien deutlich fallen. Die Institute mussten dieses Szenario auf ihre Bücher anwenden und ausrechnen, wie viel Kapital eine solche Krise auffressen würde. Als Grenze legte die europäische Bankaufsicht Eba eine Quote von fünf Prozent für das harte Kernkapital fest. Banken, die darunter liegen, fallen durch den Stresstest.

Was müssen die Geldhäuser noch veröffentlichen?

Neben der Kapitalquote verlangen die Tester eine Reihe weiterer Daten. Besonders kritisch sind solche zu den Staatsanleihen. Jedes Geldhaus muss genau ausweisen, welche Papiere aus allen europäischen Ländern mit welchen Laufzeiten es hält. Daraus könnten Investoren ablesen, wie hoch der Absicherungsbedarf jedes Instituts ist und dieses Wissen für Wetten gegen die Banken ausnutzen, moniert der Bankenverband. Der Zentrale Kreditausschuss, in dem alle deutschen Banken organisiert sind, schrieb der Eba deshalb auch einen Brief. Er bekam aber nicht einmal eine Antwort.

Wer fällt durch?

Wer könnte durchfallen?

Bei der kapitalschwachen Österreichischen Volksbank rechnet man damit. Außerdem würden allein in Spanien sechs Banken den Stresstest nicht bestehen, schrieb am Dienstag die Zeitung ABC. Darunter seien fünf Sparkassen und eine mittelgroße Bank. Aus Portugal und Italien hieß es dagegen, alle Banken hätten die Hürde übersprungen.

Die Ratingagentur Moody's rechnete aus, dass diesmal bei 26 Banken die Puffer so dünn sein könnten, dass sie zusätzliches Kapital brauchen. In anderen Quellen ist von 15 Durchfallern die Rede. Auf jeden Fall dürften es mehr sein als beim letzten Mal, als nur sieben Banken den Test nicht bestanden. Um ihre Glaubwürdigkeit zu stärken, musste die Eba das Verfahren diesmal strenger machen. Teilweise wurden die Kriterien auch nachträglich noch verschärft. "Man hatte den Eindruck, dass man auf eine bestimmte Zahl kommen will", kritisierte ein Banker.

Fallen auch deutsche Banken durch?

"Deutschland ist gut auf die Ergebnisse vorbereitet, weil wir mit dem Banken-Restrukturierunggsgesetz entsprechende Vorbereitungen getroffen haben", sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Voraussichtlich wird auch keines der 13 getesteten Institute durchfallen.

Geprüft wurden dieselben Banken wie beim Test im vergangenen Jahr; nur die Postbank fiel weg, weil sie inzwischen zur Deutschen Bank gehört. Neben dieser wurden getestet: die Commerzbank, die DZ Bank, die WGZ, die Dekabank, die Deutsche Pfandbriefbank (früher Hypo Real Estate) und sieben Landesbanken.

Was ist mit den Landesbanken?

Bei einigen von ihnen ist die Lage kritisch. So sollen die HSH Nordbank und die NordLB die Fünf-Prozent-Hürde nur knapp geschafft haben. Bei der HSH heißt es in Bankenkreisen, dass sie im Test auf eine Kapitalquote von 5,5 Prozent kommt. Verantwortlich dafür soll eine Besonderheit sein: Die Eba erkennt faule Wertpapiere, die die Bank in diesem Jahr verkauft hat, nicht an. Ohne diesen Effekt käme die HSH auf eine Quote von rund neun Prozent. Deshalb soll sie auch keinen Kapitalbedarf haben.

Was passiert mit Instituten, die den Test nicht schaffen?

Anders als beim letzten Stresstest gibt es diesmal Konsequenzen. Die Eba gibt mit der Veröffentlichung der Ergebnisse auch bekannt, wie hoch der Kapitalbedarf bei durchgefallenen Banken ist. Diese müssen bis Ende September ihren nationalen Aufsehern sagen, wie sie an das Kapital kommen wollen. Bis Ende des Jahres muss das Kapital dann beschafft sein. Banken, die das selbst nicht können, sollen von ihren Staaten neue Kapitalhilfen bekommen. Jeder EU-Staat muss auch auflisten, welche Instrumente er für seine Banken vorhalten will. Möglich sind zum Beispiel Kapitalspritzen oder Garantien, mit denen Kreditinstitute faule Wertpapiere auslagern können.

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