Europas Sozialsysteme:Hårtz IV

Deutschland diskutiert leidenschaftlich, ob die Anhebung des Hartz-IV-Satzes auf 364 Euro ausreicht. Wie sieht es bei den europäischen Nachbarn aus? Die Grundsicherungen von Frankreich bis Polen im Vergleich.

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Riesenrad im Prater

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Österreich hat auch gerade sein Sozialsystem reformiert - doch sind hier die Verbesserungen substanziell. Die sogenannte bedarfsorientierte Mindestsicherung ersetzt die Sozialhilfe.

Diese beträgt 744 Euro für Alleinstehende, für Paare 1116 Euro. Für ein Kind gibt es weitere 134 Euro. Die Summen sind allerdings schon inklusive Mietzuschuss. Wer also in seinem eigenen Häuschen oder bei Verwandten wohnt, bekommt weniger - genauso wie Österreicher, die nicht bereit sind, eine Arbeit anzutreten. Ihnen kann die Leistung komplett gekürzt werden.

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In Schweden entscheidet jede Kommune selbst, wie hoch die Grundsicherung unterm Strich ausfällt. Das Gesetz schreibt aber vor, dass die Sozialhilfe angemessen sein muss und benennt einen Leistungskatalog inklusive Kleidung, Essen und Fernsehen.

Der nationale Standard liegt bei 2800 Kronen, das sind ein wenig mehr als 300 Euro. Mietzuschüsse kommen dann dazu - deswegen fallen die Leistungen je nach Wohnort sehr unterschiedlich aus. Jeder Satz wird individuell berechnet. Die Schweden schreiben einen Brief an die Kommune, in dem sie ihren Bedarf erklären.

The Big Ben clock tower at the Houses of Parliament is seen in central London

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Großbritannien führt ähnliche Diskussionen wie Deutschland. Die neue Regierungskoalition will die Sozialhilfe reformienen - die Beiträge sollen aber gekürzt werden. Auch will die Regierung die Bedingungen verschärfen, die man erfüllen muss, um incapacity benefits zu beziehen.

Für Langzeitarbeitslose besteht die Grundversorgung momentan aus 91,40 Pfund pro Woche - also etwa 430 Euro im Monat.

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Die Grundsicherung heißt in Frankreich revenu de solidarité active, kurz RSA. Es ist eine Art Kombilohn, der Geringverdienern ermöglicht, Geld hinzuzuverdienen. Daher der Zusatz active.

Es ersetzt seit Mitte 2009 das revenu minimum d'insertion (RMI) und erweitert den Kreis der möglichen Bezieher. Die Regierung schätzt, dass knapp zwei Millionen Personen RSA erhalten werden, wenn die Maßnahme voll greift.

Die Höhe der Bezüge zu berechnen, gilt als kompliziert und ist umstritten. Offiziell liegt die Summe bei 460 Euro für einen allein lebenden Erwerbslosen ohne Kinder, Wohngeld nicht eingeschlossen. Wer jünger als 25 Jahre ist, kann das RSA wie zuvor das RMI nur beziehen, wenn er Kinder zu verpflegen hat.

Turbulenzen an den Finanzmärkten - Warschau

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In Polen, hier ein Bild der Warschauer Börse, liegt die Sozialhilfe weit unter dem west- und nordeuropäischen Niveau. Der niedrigste Satz für eine Einzelperson liegt bei 477 Zloty im Monat, das sind rund 120 Euro. Die Gemeinden müssen darüber hinaus noch Wohngeld zahlen.

Frederik und Mary übernehmen ihr neues Palais

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Die Sozialhilfe in Dänemark heißt nicht Hårtz IV, sondern fällt großzügig aus: Sie beträgt für einen Alleinstehenden, der älter als 25 Jahre ist und nicht mehr bei den Eltern wohnt, 9857 Kronen. Das sind umgerechnet gut 1300 Euro im Monat. Davon müssen dann aber auch komplett die Miete und die Heizkosten übernommen werden.

Die Dänen nennen ihr Modell mit den relativ hohen Sätzen Flexicurity. Auch die Arbeitslosenhilfe ist recht üppig: bis zu 90 Prozent des letzten Lohns. Dafür gibt es quasi keinerlei Kündigungsschutz: Die Unternehmer können frei heuern und feuern. Die Arbeitslosenhilfe gab es einst fünf Jahre lang, jetzt wurde der Bezugsraum auf zwei Jahre runtergesetzt.

© sueddeutsche.de/bbr/kläs/old/ghe/tu.
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