Süddeutsche Zeitung

Europäisch-Iranische Handelsbank:Ab auf die schwarze Liste

Die Europäisch-Iranische Handelsbank soll beim Teheraner Atomprogramm geholfen haben. Jetzt straft die US-Regierung das Institut ab - es hat praktisch keinen Zugang mehr zum globalen Finanzsystem.

Paul-Anton Krüger und Nikolaus Piper

Das US-Finanzministerium hat die Europäisch-Iranische Handelsbank (EIHB) in Hamburg auf eine Schwarze Liste gesetzt. Die Bank, hinter der der Iran steht, für die aber die deutschen Aufsicht zuständig ist, soll Teheran beim Aufbau seines Atom- und Raketenprogramms geholfen haben.

Die Entscheidung in Amerika dürfte die Bank vom Geschäft mit internationalen Kreditinstituten ausschließen, was wiederum deutliche Auswirkungen auf den deutsch-iranischen Handel haben könnte.

Das Hamburger Institut habe dem Iran als "finanzielle Rettungsleine" gedient, erklärte der zuständige Staatssekretär Stuart Levey in Washington. "Die EIHB hat in enormem Umfang Transaktionen anderer iranischer Banken ermöglicht, die der Weiterverbreitung (von Nuklearmaterial) dienten. Wenn die internationalen Sanktionen sich verschärfen, wird es für Iran zunehmend schwer, Banken zu finden, die mit ihm kooperieren."

Zurückhaltung in Berlin

Die Bundesregierung sei von der Entscheidung der USA vorab informiert worden und nehme sie "zur Kenntnis", erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Die Bank stehe bereits unter strenger Kontrolle der deutschen Bankaufsicht. Die EU habe am 26. Juli eine Überprüfung der bisher beschlossenen Sanktionen gegen Iran vorgesehen. In diesem Zusammenhang würden "alle relevanten Hinweise zur Listung von Unternehmen eingespeist und bewertet".

Deutschland beteiligt sich im Rahmen der Europäischen Union an den Sanktionen, mit denen die Regierung in Teheran gezwungen werden soll, auf ihr Programm zur Entwicklung eigener Nuklearwaffen zu verzichten. Die EU geht dabei auch gegen viele Firmen vor, die im Verdacht stehen, das iranische Atomprogramm zu unterstützen. Dabei orientieren sie sich allerdings an einer Liste des UN-Sicherheitsrates, die wesentlich kürzer ist als die Schwarze Liste der Vereinigten Staaten.

Die Entscheidung des amerikanische Finanzministeriums bedeutet, dass es allen Banken, die Geschäfte in den USA betreiben, verboten ist, mit der EIHB zu kooperieren. Damit hat sie praktisch keinen Zugang mehr zum globalen Finanzsystem.

Die Bank selbst nahm zu den Vorwürfen direkt keine Stellung. In einer Erklärung hieß es lediglich allgemein, man unterstehe der deutschen Bankaufsicht und sei Mitglied des Bundesverbandes deutscher Banken. "Jederzeit erfüllt und beachtet die Bank strikt alle in der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft geltenden gesetzlichen Regelungen und sämtliche Sanktions- und Ausfuhrbestimmungen."

Konkret führt das US-Finanzministerium vier Beispiele für Verfehlungen der EIHB an. So habe die Bank im vergangenen Jahr ein Geschäft über fast 350.000 Dollar zwischen einem Waffenhändler und dem iranischen Unternehmen Iran Electronics Industries (IEI) ermöglicht. IEI gilt unter westlichen Experten als Lieferant des Teheraner Atomprogramms. Zweitens habe die EIHB zusammen mit der iranischen Bank Mellat vor drei Jahren ein weiteres Geschäft über 250.000 Dollar zwischen IEI und demselben Waffenhändler finanziert.

"Irreführender Praktiken"

Über sechs Monate habe die EIHB zusammen mit der iranischen Export-Entwicklungsbank Beschaffungen über drei Millionen Dollar für das Atomprogramm finanziert. Ebenfalls 2007 sei ein Geschäft über eine Million Dollar "ermöglicht" worden, in das ein iranischer Hersteller von Massenvernichtungswaffen involviert gewesen sei. "Die EIHB beteiligt sich ebenfalls in jenen Typus irreführender Praktiken, die zum Kennzeichen staatlicher iranischer Finanzinstitute geworden sind", erklärte das Finanzministerium weiter.

"Sie stellt nicht nur Finanzdienstleistungen für iranische Lieferanten von Massenvernichtungswaffen bereit, sondern verdunkelt auch aktiv die Beteiligung Irans an dem Verfahren." Bei den Verhandlungen der EU über die Sanktionen gegen Iran im Juni stand die EIHB bereits auf der Tagesordnung. Mindestens ein EU-Mitgliedstaat hatte vorgeschlagen, die Bank auf die Schwarze Liste der EU zu setzen. Schon damals wurde die Bank öffentlich beschuldigt, Geschäfte finanziert zu haben, mit denen geltende UN-Sanktionen umgangen wurden. Die Bundesregierung kündigte zwar an, die Vorwürfe zu untersuchen, sah aber keine rechtliche Grundlage für Sanktionen. Sollte sich der Verdacht jetzt erhärten, könnte die EIHB im Zuge der halbjährlichen Überprüfung der Sanktionen nachgemeldet werden.

Die EIHB wurde 1971 in Hamburg gegründet; damals stand Iran noch unter der Herrschaft des Schahs. Sie hat im Handel mit Iran eine zunehmend wichtigere Rolle eingenommen, nachdem sich deutsche Großbanken, unter ihnen die Deutsche Bank und die Commerzbank, aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen haben, auch auf Drängen der USA. Die amerikanische Regierung mahnt seit längerem ausländische Institute, die in den USA aktiv sind, zu besonderer Vorsicht im Iran-Geschäft. Es sei nie auszuschließen, dass sich iranische Geschäftspartner auch an der Finanzierung des Atom- und Raketenprogramms beteiligten. Die Banken sahen infolgedessen ihre Geschäftsinteressen in den USA gefährdet und stiegen ganz aus dem Iran-Geschäft aus.

Die EIHB war danach eine der wenigen Banken in Deutschland, die überhaupt noch sogenannte Akkreditive aus Iran einlöste. Diese werden genutzt, um größere Geschäfte im Außenhandel abzusichern. Der Kunde zahlt den Kaufpreis bei einer Bank ein, die dem Verkäufer je nach Vereinbarung Teilzahlungen freigibt, etwa zum Kauf von Rohmaterialien oder wenn Teil-Lieferungen erfolgen. Damit wird das Risiko zwischen beiden Seiten verteilt. Nur so können viele Mittelständler, die im Iran-Geschäft stark vertreten sind, größer Projekte überhaupt abwickeln.

Trotz Sanktionen ist Deutschland immer noch der größte Handelspartner Irans in Europa und der drittgrößte weltweit nach den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Volksrepublik China. Deutsche Firmen exportieren im vergangenen Jahr Waren und Dienstleistungen für vier Milliarden Euro in das Land und erreichten dabei einen Marktanteil von knapp zehn Prozent. Die Importe machten dagegen nur wenige hundert Millionen Dollar aus.

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SZ vom 09.09.2010/hgn
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