Europa: Kampf gegen Spekulanten:Was wird aus meinem Ersparten?

Das Rettungspaket der EU ist beispiellos. Wurden alle Gefahren bedacht? Oder ist es besser, jetzt das Sparbuch aufzulösen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Das Rettungspaket der EU ist beispiellos in der Geschichte und der Bürger fragt sich: Wurden alle Gefahren bedacht? Oder ist es besser, jetzt das Sparbuch aufzulösen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Euromünzen, Foto: dpa

Europa kämpft um seine Währung - ein stabiler Euro als Maß aller Dinge.

(Foto: Foto: dpa)

Warum beschließen die Euroländer das Paket?

Bis Mitte vergangener Woche hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gehofft, dass die Spekulationswelle gegen Griechenland und eine Reihe weiterer Euroländer, die mit besonders hohen Haushaltsdefiziten zu kämpfen haben, durch das Hilfspaket für Athen gestoppt werden kann.

Am Donnerstag und Freitag jedoch zeigte sich, wie sehr diese Hoffnung trog. Die Aktienkurse brachen weltweit ein, und, schlimmer noch, das Kreditgeschäft der Banken untereinander kam fast zum Erliegen.

Es drohte eine Systemkrise wie nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 - mit einem Unterschied: Diesmal hätte nicht nur die Kreditbranche, sondern die gesamte Europäische Währungsunion vor dem Kollaps gestanden.

Um eine solche Krise abzuwenden, gaben Merkel und ihre EU-Amtskollegen ihre bisherige Strategie der Einzelfalllösungen auf und beschlossen, eine Art Rettungsschirm für die Eurozone aufzuspannen.

Als erste Verteidigungslinie dient dabei ein 60-Milliarden-Euro-Fonds der EU-Kommission, der sofort zur Verteidigung der Währung eingesetzt werden kann. Im zweiten Schritt wollen die Euroländer einen Topf aus bilateralen Kredithilfen einrichten, der maximal 440 Milliarden Euro umfassen soll. Drittes Standbein sind schließlich Darlehen des Internationalen Währungsfonds von maximal 250 Milliarden Euro.

Wer spekuliert gegen den Euro und warum?

Wer spekuliert gegen den Euro und warum?

Es sind vor allem britische und amerikanische Hedgefonds, internationale Investmentbanken und die Eigenhandelsabteilungen der Großbanken.

Die Attacke gegen den Euro kam vor allem aus dem angelsächsischen Raum, weil dort viele spekulative Fonds beheimatet sind. Normalerweise ist es schwierig, eine Leitwährung wie den Euro wirkungsvoll anzugreifen. Die globalen Währungsmärkte sind zu groß, als dass einzelne Fonds die Preise bewegen könnten.

In diesem Fall gelang es - durch ein Spiel über die Bande: Hedgefonds nahmen sich Griechenland vor, um dadurch den Euro zu schwächen. Das funktionierte so: Die Spekulanten trieben durch ihre Wetten die Zinsen für griechische Anleihen immer weiter nach oben, zum Schluss auf über 20 Prozent.

Diesen Zinssatz konnte Griechenland nicht mehr bezahlen, die Währungsunion stand vor dem Zusammenbruch. Dadurch kollabierte der Euro-Kurs. Die Wetten auf eine griechische Staatspleite liefen über Kreditversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS). Mit einem CDS kann man sich gegen eine Pleite versichern. Die Kosten für diese Versicherungspolicen stiegen im Zuge der Spekulation immer weiter an - von Herbst 2009 bis Mai haben sich die Preise verfünffacht. Auf diesen Gewinn waren die Spekulanten aus.

Warum verbietet man solche Geschäfte nicht?

Warum verbietet man solche Geschäfte nicht?

Ein Verbot müsste global gelten. Deutschland, die EU oder die USA alleine könnten eine solche Regelung nicht durchsetzen. Allerdings sind Verbote problematisch.

Wenn die Weltgemeinschaft den Handel mit den Kreditversicherungen, den CDS, verbietet, dann werden clevere Banker einen legalen Weg finden, dieses Verbot zu umgehen. Das lehrt die Vergangenheit.

Viel effektiver sind Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulation, beispielsweise durch eine Deckelung der Kreditaufnahme: Häufig ist es so, dass sich ein Hedgefonds für jeden Dollar, den er hat, noch zehn weitere Dollar leiht, um seine Wetteinsätze zu erhöhen.

Solche Kredite wirken wie ein Hebel, das gesamte Finanzsystem wird dadurch krisenanfälliger, weil die Pleite eines Hedgefonds direkte Folgen für die kreditgebende Bank hat. Notverkäufe sind die Folge, die Bankenkrise 2008 ist nicht zuletzt dadurch verschärft worden.

Ein weiteres Mittel gegen die Spekulation ist die Transparenz: Derzeit weiß niemand, welcher Spekulant mit wieviel Kapitaleinsatz gegen Griechenland gewettet hat. Die CDS-Geschäfte werden direkt zwischen den Banken abgewickelt, und nicht über eine Börse. Die Spekulanten sollten aus der Anonymität gerissen werden.

Wird der Euro jetzt weich?

Wird der Euro jetzt weich?

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Euro leiden wird. Eine deutlich steigende Inflation ist in den nächsten drei Jahren nicht auszuschließen. Stark vereinfacht gesprochen, machen die Regierungen und die Europäische Zentralbank (EZB) seit Beginn der Bankenkrise nämlich nur eins: Sie pumpen Geld in den Markt.

Aller ökonomischer Theorie nach, führt aber ein dauerhaftes Überangebot von Geld über kurz oder lang dazu, dass es weniger wert wird. Eine besondere Verantwortung trägt hier die EZB.

Um einen Zusammenbruch der Kapitalmärkte zu verhindern, stellt die Notenbank angeschlagenen Banken kurzfristige Kredite zu besonders günstigen Konditionen zur Verfügung. Das soll den Geldverkehr zwischen den Instituten in Gang halten.

Auch die europäischen Regierungen haben den Markt mit Geld geflutet. Sie nahmen Kredite auf, um damit angeschlagene Banken zu retten. Danach folgten milliardenschwere Konjunkturpakete, um die Wirtschaft aus der Rezession zu reißen.

Auch diese wurden mit neuen Schulden finanziert. Das wäre kein Problem, wenn die Staaten geringe Schulden und ausgeglichene Haushalte vorweisen könnten. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil, sie praktizieren seit Jahrzehnten eine Verschuldungspolitik.

Als Folge verschlechterten sich die Konditionen, zu denen einzelne Länder Kredite aufnehmen könnten. Griechenland musste sogar vor der Pleite gerettet werden. Dies zwang wiederum die EZB dazu, erneut den Geldhahn zu öffnen.

Weil die griechischen und andere Anleihen immer schlechter bewertet wurden, war die Zentralbank gezwungen, auch diese als Sicherheit für Kredite zu akzeptieren. Im Rahmen des Rettungspakets vom Wochenende ging die Zentralbank sogar noch weiter: Sie will Staatsanleihen der EU-Staaten ankaufen. Das heißt nichts anderes, als dass sie noch mehr Geld auf den Markt werfen wird. Zwar hat die EZB angekündigt, den Geldhahn wieder zu schließen. Ob ihr das aber angesichts der Krise tatsächlich gelingt, ist fraglich.

Was würde eine Inflation anrichten?

Was würde eine Inflation anrichten?

Wenn die Preise pro Jahr um nicht mehr als zwei Prozent steigen, ist die Europäische Zentralbank zufrieden. Eine solche Inflationsrate setzen die Währungshüter mit Stabilität gleich. Sollte die Geldentwertung höher liegen, steigen die Zinsen. So jedenfalls lautet das Versprechen, auf das sich die Glaubwürdigkeit der EZB gründet.

Das Problem ist, dass Inflation schwer wieder unter Kontrolle zu bringen ist, wenn sie einmal um sich greift. Die Auswirkungen der Preissteigerung kann man sich am besten in der Situation eines Rentners vorstellen. Wenn seine Lebenshaltungskosten stärker steigen als seine Bezüge, hat er am Ende des Monats immer weniger übrig.

Der Wert seiner Rente sinkt also, obwohl er eigentlich noch den gleichen Betrag erhält. Im Gegensatz zu den Berufstätigen, die von dieser Entwicklung ähnlich betroffen sein können, hat der alte Mensch wegen seiner körperlichen Gebrechen aber nicht einmal die Möglichkeit, sich etwas hinzuzuverdienen.

Um dem entgegenzusteuern, hat die EZB die Möglichkeit, die Zinsen anzuheben. Sie macht Geld damit teurer. Der Nachteil ist, dass dies einen negativen Effekt auf die Konjunktur hat.

Was kostet das Paket den Steuerzahler?

Was kostet das Paket den Steuerzahler?

Auch wenn viele es nicht glauben mögen: zunächst einmal nichts. Die 60 Milliarden Euro, die die Europäische Kommission als erste Verteidigungslinie bereitstellt, kommen aus dem EU-Haushalt oder müssen am Kapitalmarkt aufgenommen werden.

Reicht das Geld nicht aus, wollen die Euroländer denjenigen Partnerstaaten, die es allein nicht mehr schaffen, im zweiten Schritt bis zu 440 Milliarden Euro an bilateralen Hilfen zur Verfügung stellen. Dazu wird eine Art Fonds gegründet, der selbst Darlehen bei Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften beschaffen darf.

Für die Rückzahlung dieser Darlehen bürgen die teilnehmenden Regierungen, letztlich also die betroffenen Steuerzahler. Einen finanziellen Schaden aber erleiden die nur, wenn ein Kreditnehmer seine Schulden tatsächlich nicht mehr bedienen kann, wozu es in der Eurozone bisher noch nie gekommen ist.

Bis dahin könnte sich das Hilfsprogramm für die kreditgebenden Länder sogar als finanziell lukrativ erweisen, da sie sich das Geld billig leihen und teurer weiterverleihen können.

Wie viel jedes einzelne Land zum Gesamtpaket von 440 Milliarden Euro beisteuern muss, hängt von der Zahl seiner Einwohner und von deren Wirtschaftskraft ab: Die Bundesrepublik kommt dabei auf eine Quote von knapp 28 Prozent - die mit Abstand höchste unter allen 16 Euroländern.

Entsprechend müsste Deutschland maximal 123 Milliarden Euro zum Hilfsprogramm beisteuern. Im Extremfall könnte die Summe sogar noch weiter steigen, da Krisenländer, die Hilfe aus dem Topf benötigen, naturgemäß nicht zur Finanzierung der Mittel beitragen können.

Auch wenn die Beschlüsse der EU-Regierungschefs vom Wochenende also zunächst keine direkten Kosten nach sich ziehen: Das Haftungsrisiko für den deutschen Steuerzahler ist beträchtlich.

Was mache ich mit meinen Ersparnissen?

Was mache ich mit meinen Ersparnissen?

Für Anleger ist es in dieser Situation nicht einfach, die richtige Entscheidung zu treffen. Zwar legte der deutsche Aktienleitindex Dax nach der Entscheidung der EU-Finanzminister deutlich zu. Droht jedoch eine Inflation, dann ist eine Anlage in Wertpapiere nicht zu empfehlen.

Alles hängt davon ab, ob es die EZB rechtzeitig schafft, die Gefahren der Preissteigerungen auszuräumen. Im Moment ist ihre Politik noch nicht danach ausgerichtet. Laut früheren Ankündigungen will sie erst Ende des Jahres damit beginnen, den Geldhahn wieder zuzudrehen.

Sie hat jedoch im Laufe der Krise mehrmals Entscheidungen getroffen, die daran Zweifel aufkommen lassen - zuletzt, indem sie ankündigte, auch die Staatsanleihen von EU-Staaten zu kaufen.

Wer mit einer Inflation rechnet, hat in der Regel zwei klassische Anlagemöglichkeiten: Edelmetall und Immobilien. Die dahinter steckende Annahme ist, dass diese Güter in ihrem Wert stabil sind, vom Verfall der Währung also nicht betroffen sein werden.

Rechnen viele Anleger mit einer Inflation, investieren sie deshalb bevorzugt in Gold und Silber, Wohnungen, Land und Häuser. In der Regel kommt es dann in diesen Bereichen zu mitunter enormen Preissteigerungen.

Doch auch in diesem Investment lauert ein Risiko für den Anleger. Fällt die Inflation nicht so hoch aus oder wird sie schneller gestoppt als erwartet, führt das zu einem Preisverfall bei Gold und vielleicht auch bei Immobilien.

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