Europa: Angst um den Euro:In der Panikspirale

Die große Unentschlossenheit in Europa ist Gift für den Euro. Eine Währungsgemeinschaft muss ein Bund auf Ewigkeit sein, sonst schwindet das Vertrauen in das Geld.

Catherine Hoffmann

Seit Beginn der Woche raucht und brodelt es an den Devisenmärkten schlimmer noch als der Vulkan am Eyjafjalla-Gletscher. Die Börsen könnten noch Wochen und Monate Feuer spucken, glauben Wissenschaftler, die den Abgrund aus Staatsschulden, Nothilfen und Milliardenlöchern in Europa untersucht haben.

Griechenland, Reuters

In Griechenland demonstrieren die Einwohner gegen das Sparpaket.

(Foto: Foto: Reuters)

Analysten befürchten schon, dass gewaltige Fluten schlechter Nachrichten den Euro in die Tiefe reißen und die heiße Lava der Spekulation die Währungsunion zum Schmelzen bringt.

Das hören die Spekulanten gern, die mit gewaltigen Wetten gegen die Gemeinschaftswährung am Start sind. Es läuft gut für sie in diesen Tagen. Europa steckt in einer schweren Krise. Das zähe Ringen um die Notkredite für das überschuldete Griechenland hat der Währung geschadet.

Nun lassen Zweifel am griechischen Sparwillen die Kurse abstürzen. Nicht auszumalen, was geschieht, wenn sich Portugal und Spanien vom griechischen Virus anstecken lassen und mit Milliardenkrediten geheilt werden wollen! Es reichen schon Gerüchte darüber, um die Märkte zu erschüttern.

In der Logik der Händler ist es von den Nöten des kleinen Griechenland bis zum Bankrott des großen Spanien ein sehr kurzer Weg. Sind doch Staatsdefizite und Schulden überall auf dem alten Kontinent auf skandalöse Niveaus geschnellt. Prominente Ökonomen fordern bereits den Rauswurf der Sünder aus der Eurozone.

Theoretisch wird die Euro-Gemeinschaft durch wachsame Haushaltspolitiker beaufsichtigt, die darauf achten, dass der Stabilitätspakt nicht verletzt wird. In der Praxis werden die Staaten jedoch vor allem durch die Börsen diszipliniert, an denen Sparversprechen und Taten jeden Tag neu gewogen werden.

An den Preisen, die Anleger bereit sind für Anleihen verschiedener Staaten und den Euro zu zahlen, lässt sich ablesen, wie sie deren Zukunft beurteilen. Stündlich finden an den Finanzmärkten Umfragen zum Zustand der Währungsunion statt: über die Qualität ihrer Politiker und Notenbanker, die Attraktivität ihrer Wirtschaft und die Aussichten für morgen.

Das Urteil fällt vernichtend aus. Die Anleger sind unglücklich mit dem Griechenland-Deal; und das macht Politiker wie Notenbanker nervös. Sie sollten die Launen der Investoren ernst nehmen, aber nicht überschätzen.

Märkte führen ein Eigenleben. Und die Menschen, die dort handeln neigen zu Übertreibungen und Kurzsichtigkeit. Wie die Politiker haben auch die Anleger lange Zeit absichtsvoll weggeschaut, um nicht sehen zu müssen, wie sich die Schulden in Europa immer höher auftürmten.

Solange sinkende Zinsen den Mittelmeerländern einen beispiellosen Wirtschaftsboom ermöglicht und die Börsen in Lissabon, Madrid und Athen beflügelt haben, hat das keinen interessiert. Jetzt ist die Blase geplatzt. Und die Anleger folgen einmal mehr ihren Instinkten und wollen von den Schwierigkeiten Europas profitieren.

Dabei wird leicht übersehen, wie gut der Euro die Wirtschaftskrise gemeistert hat. Ohne ihn wäre Europa eine währungspolitische Trümmerlandschaft. Wenn es die D-Mark noch gäbe, würden Drachmen, Pesos und Escudos heute Achterbahn fahren - zum Leidwesen der Wirtschaft.

Das wissen die Politiker, sie sind bereit, die Lehren aus dem Hellas-Debakel zu ziehen. Europas Schuldenmeister Irland verfolgt längst einen vorbildlichen Konsolidierungskurs.

Griechenland ringt mit dem Sparschock. Portugal und Spanien tun alles, um ihre Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen. Dass es künftig in Europa ohne strengere Haushaltsüberwachung, härtere Strafen und mächtigere Kontrolleure nicht geht, ist allen klar. Es dauert aber, bis diese etabliert sind und wirken.

Was jetzt nottut, ist ein Machtwort von Europas Notenbankchef Jean-Claude Trichet, damit die Spekulanten kalte Füße bekommen und das Spiel mit der Euro-Angst ein Ende hat.

Dazu ein klares Bekenntnis der europäischen Politiker zum Euro mit all seinen Mitgliedern. Unentschlossenheit ist Gift für den Euro. Eine Währungsgemeinschaft muss ein Bund auf Ewigkeit sein, sonst schwindet das Vertrauen ins Geld.

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