Eurokrise:Schulden für alle

Vorstoß gegen die Eurokrise: Luxemburg und Italien plädieren für eine europäische Schuldenagentur. Die Euroländer sollen gemeinsam für Verbindlichkeiten haften. Deutschland ist gegen einen solchen Schritt.

Cerstin Gammelin

Die Euroländer sollen künftig gemeinsam für einen Teil ihrer Staatsschulden haften. Das fordert der Sprecher der Euroländer, Jean-Claude Juncker, gemeinsam mit dem italienischen Finanzminister Giulio Tremonti. In einem Beitrag für die Financial Times, der an diesem Montag veröffentlicht werden sollte, werben die Politiker dafür, eine europäische Schuldenagentur zu gründen.

Sculpture showing the Euro currency sign is seen in front of the European Central Bank (ECB) headquarters in Frankfurt

Luxemburg und Italien haben einen neuen Plan gegen die Schuldenkrise ausgeheckt.

(Foto: REUTERS)

Darin sollten bis zu 60 Prozent der Staatsschulden jedes Eurolandes gebündelt und deren Finanzierung zentral über gemeinschaftliche Anleihen betrieben werden. Für den Rest müsse das Land selbst geradestehen. Juncker sagte der Süddeutschen Zeitung, dies sei "ein intelligenter Weg, um wirtschaftlich schwächere Euroländer auch künftig für Investoren attraktiv zu halten".

Juncker und Tremonti unterbreiten ihren Vorschlag unmittelbar vor dem Treffen der Finanzminister aus den 16 Euroländern an diesem Montag und eine gute Woche bevor die Staats- und Regierungschefs zum EU-Gipfel nach Brüssel kommen. Die Idee, durch gemeinsame Euro-Anleihen die Schuldenkrise in mehreren Euroländern zu bekämpfen, ist allerdings hoch umstritten.

Vor allem Deutschland und die Niederlande lehnen die Ausgabe gemeinsamer Euro-Anleihen ab. Unionsfraktionschef Volker Kauder erklärte am Wochenende, jeder Staat sei für sich selbst verantwortlich; der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager sagte, es sei "falsch, die unterschiedlichen Risiken zusammenzufassen".

Juncker zeigte sich dagegen überzeugt davon, dass die Währungsunion nur mit mehr Solidarität der Euroländer zu retten ist. Die umfangreichen bilateralen Hilfen hätten die Märkte nicht beruhigen können. Deshalb müssten diese Hilfen durch ein gemeinschaftliches Instrument ergänzt werden, erklärte er. Eine gemeinsame Haftung der Euroländer für einen Teil der Schulden würde Investoren anziehen und gleichzeitig die Regierungen zum soliden Wirtschaften anhalten. Bereits auf dem EU-Gipfel könne über eine europäische Schuldenagentur beraten werden.

Regierungen unter Zugzwang

Allerdings wollen die europäischen Regierungen bei ihrem Treffen bisher lediglich das Gerüst für einen ständigen Rettungsschirm beschließen, der den bisher bestehenden Mitte 2013 ablöst. Zentrales Element soll die Beteiligung privater Investoren an den Folgekosten von Staatskrisen sein.

Die Ankündigung führte jedoch zu großer Unruhe an den Devisen- und Anleihemärkten. Investoren zogen ihr Geld aus schwachen Euroländern ab. Irland musste unter den Rettungsschirm flüchten. Zudem wächst die Sorge, dass noch vor Weihnachten auch Portugal und Spanien Nothilfe beantragen könnten. Damit wäre der derzeitige Rettungsfonds ausgeschöpft.

So stehen die Regierungen unter Zugzwang, über alternative Vorschläge nachzudenken. EU-Diplomaten zufolge werden die Euro-Finanzminister bereits am Montag darüber beraten, den Rettungsschirm zu vergrößern. Er müsse "ohne den unmittelbaren Druck des nächsten Notfalls angepasst werden", hieß es in Brüssel. Meldungen, wonach die Bundesregierung sogar eine generelle Garantie für Staatsanleihen prüfe, dementierte eine Sprecherin. Bei dieser generellen Garantie würden die Euroländer gemeinschaftlich für die Anleihen eines Partners haften.

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