Euro versus Dollar:Wetten auf die US-Währung

Ist der gute Lauf der europäischen Gemeinschaftswährung schon wieder vorbei? Devisenhändler jedenfalls sagen einen Trend zu einem schwächeren Euro vorher.

H. Einecke

Starker Euro? Das war einmal. Die Profis setzen wieder auf den Dollar. Zum Auftakt der Woche rutschte der Eurokurs zeitweilig unter 1,50 Dollar, eine psychologisch wichtige Marke. Binnen weniger Tage ist die europäische Währung um sechs US-Cent abgesackt.

Euro versus Dollar: Experten wetten plötzlich wieder auf den Dollar.

Experten wetten plötzlich wieder auf den Dollar.

(Foto: Foto: AP)

Das bedeutet im Zeitraffer ein hohes Abwertungs-Tempo. Eine ganze Reihe von Devisenhändlern sehen einen Trendwechsel vom Euro zum Dollar. Einen Kurs von 1,35 Dollar bis 1,40 Dollar halten sie im Laufe der kommenden zwölf Monate für denkbar.

Nach Angaben von Kornelius Purps, Stratege der Finanzgruppe Unicredit, hat Jean-Claude Trichet gewollt oder ungewollt die Euro-Schwäche ausgelöst. Die Marktteilnehmer hätten die jüngsten Aussagen des EZB-Präsidenten so verstanden, dass die Leitzinsen im Euroraum nicht weiter steigen, sondern eher fallen dürften. Der Unterschied zwischen den Leitzinsen in den USA und dem Euroraum ist nach Einschätzung von Purps die treibende Kraft im Devisenhandel.

Gegen diesen Trend käme nicht einmal die Finanzkrise an. "Wir kriegen eine zyklische Mega-Korrektur", sagt der Fachmann vorher. Er schätzt den Eurokurs in einem Jahr auf 1,40 Dollar. Eigentlich hätte die Wende bereits bei 1,50 Dollar eingeleitet werden müssen. Nur die überraschende Leitzins-Erhöhung der EZB vor vier Wochen habe den Euro auf den Kursgipfel von 1,60 Dollar getrieben.

Tatsächlich hatte Trichet in der Vergangenheit Fragen nach dem Wechselkurs des Euro mit dem Hinweis beantwortet, die USA setzten auf einen stärkeren Dollar. Auch der amerikanische Notenbank-Chef Ben Bernanke hatte Anfang Juni den Verfall des Greenback kritisiert.

Er machte die Dollar-Schwäche mitverantwortlich für die stark gestiegene Inflation in den Vereinigten Staaten. Damals rätselten die Märkte, ob die Notenbanken ihren Worten auch Taten folgen lassen würden, also im Zweifel Dollars kaufen würden. Als dies nicht passierte, schenkte man den Politikern zunächst keine weitere Beachtung.

Europa kann sich nicht abkoppeln

Stephan Rieke, Devisenfachmann der BHF-Bank, sieht in der deutlich verschlechterten Konjunktur im Euroraum den Auslöser für die Euro-Schwäche. Die EZB habe reagiert, indem Trichet ein schwächeres zweites und drittes Quartal einräumte. Damit seien die Befürchtungen, die Notenbank könne aufgrund der stark gestiegenen Inflation ein weiteres Mal die Leitzinsen erhöhen, endgültig vom Tisch.

Die These, Europa könne sich von der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA abkoppeln, erweise sich zum wiederholten Mal als falsch. Bereits in früheren Jahren war nach Rückschlägen in den USA die Hoffnung gekeimt, Europa oder Japan könnten einen eigenständigen Aufschwung durchhalten.

"Ja, das ist eine Trendwende", schätzt auch Rieke ganz klar die Hinwendung zum Dollar ein. Zwar werde der Eurokurs nicht weiter so fallen wie in den vergangenen Tagen. Aber mit kleineren Auf- und Abwärtsbewegungen schätzt er die Relation auf 1,40 Dollar im kommenden Jahr. Die Märkte würden damit rechnen, dass in den Vereinigten Staaten "die Bodenbildung bei den Immobilien beginnt".

Wetten auf die US-Währung

Angesichts der steigenden Inflation könnte die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen erhöhen, während die EZB wegen der Konjunkturflaute senken dürfte. Ob sich die beiden Notenbanken bei zwei, drei oder vier Prozent treffen, sei nicht so wichtig für den Wechselkurs. Der Abstand der Zinsen in den USA und im Euroraum sei bei längeren Laufzeiten bereits geschrumpft.

Im Devisenhandel werden Dollar und Euro am meisten getauscht, weil es sich um die beiden wichtigsten Währungen der Welt handelt. Dennoch gelten Spekulationen auf Devisen als besonders riskant. Denn die Dauer von Trends und ihre Wechsel lassen sich nicht vorhersehen.

Wert hat sich verdoppelt

Der Euro geriet nach seinem Start im Jahr 1999 zunächst in eine Schwäche-Periode, die seinen Wert gegenüber dem Dollar vor acht Jahren bis auf 0,8225 Dollar drückte. Damals griffen die Notenbanken in Europa, Japan und den USA zum letzten Mal gemeinsam ein und kauften Euros.

Seither hat sich der Wert des Euro gegenüber dem Dollar bis zu diesem Sommer verdoppelt. Auch wenn nun von einer Schwäche die Rede ist, bedeutet ein Eurokurs von 1,50 Dollar noch immer eine Stärke. Über den "wahren" Tauschkurs streiten die Experten.

Einige beziehen sich auf die Kaufkraft einer Währung, andere messen dem Handelsvolumen einer Volkswirtschaft Bedeutung zu, aber auch der Wirtschaftskraft. Die Unternehmen arrangieren sich mit dem Auf und Ab im Devisenhandel, indem sie sich gegen die Wertsteigerungen absichern. Aber dabei müssen sie den richtigen Trend treffen.

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