Süddeutsche Zeitung

Euro: Starker Wertverlust:Mit Schwung in die Tiefe

Der Euro kennt keinen Halt: In Asien ist er weiter dramatisch abgerutscht - und liegt nun auf dem tiefsten Stand seit April 2006. Europas Zentralbank-Chef Jean-Claude Trichet steht enorm unter Druck.

Der Euro-Kurs hat an den asiatischen Börsen seinen niedrigsten Stand seit vier Jahren erreicht. An der Börse in Tokio lag der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung am Montag zwischenzeitlich bei 1,2243 Dollar.

Am Freitag hatte der Euro-Kurs beim Börsenschluss in New York bei 1,2358 Dollar gelegen. Händler machen die anhaltenden Zweifel an einer Bewältigung der Schuldenkrise in Europa verantwortlich für den Kursverfall.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet spricht bereits von der "schwierigsten Situation seit dem Zweiten Weltkrieg, vielleicht sogar seit dem Ersten", in der Europa nun stecke.

Trichet steht unter Rechtfertigungsdruck, denn der umstrittene Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) sorgt für Zündstoff. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler forderte gar als Konsequenz den sofortigen Rücktritt des EZB-Präsidenten.

Bundesbankchef Axel Weber müsse jetzt das Amt von Trichet übernehmen und nicht erst 2011, verlangte der FDP-Obmann im Bundestags-Finanzausschuss. Die EZB sei in der größten Vertrauenskrise ihrer Geschichte, für die Trichet die Verantwortung trage.

Weiter sagte der FDP-Politiker dem Handelsblatt (Montagausgabe): "Der Ankauf von Schrottpapieren ist das Fallbeil für den Euro. Wenn das so weitergeht, kauft die EZB bald auch alte Fahrräder auf und gibt dafür neue Geldscheine raus. Diese Entwicklung muss gestoppt werden."

Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Leo Dautzenberg, widersprach Schäffler. "Wir sollten nicht jede sachliche Frage mit einer Personaldiskussion verknüpfen", sagte der CDU-Politiker nach Angaben des Handelsblatts.

Es mache keinen Sinn, eine Debatte über die Geldpolitik der EZB mit der Frage nach der Zukunft Trichets zu "überfrachten". Zwar gelte es den Ankauf von Staatsanleihen zur Stabilisierung des Euros auch politisch zu prüfen.

"Hinsichtlich der Effizienz dieser Maßnahme steht aber eine abschließende Bewertung noch aus", sagte Dautzenberg. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sagte dem Tagesspiegel, der Ankauf der Staatsanleihen zur Stabilisierung des Euro sei keine Dauerlösung, sei aber "notwendig und alternativlos".

Trichet selbst verteidigte am Wochenende die Entscheidung der EZB, erstmals Anleihen bedrängter EU-Staaten aufzukaufen. "Mitnichten haben wir den Staats- und Regierungschefs nachgegeben. Bei unserer Entscheidungsfindung fließt allein unsere eigene Beurteilung der Situation ein. Wir hören nicht auf die 'Empfehlungen' der Regierungen, Märkte und Tarifparteien", sagte er dem Spiegel.

Eine inflationäre Wirkung dieser Maßnahmen bestritt er. "Wir schöpfen die zusätzliche Liquidität wieder vollständig ab, jeden einzelnen Euro", versprach Trichet.

Der EZB-Präsident trat zudem dem Eindruck entgegen, dass sich die Geldpolitik geändert habe: "Wir haben nie eine Sekunde gezögert, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, um Preisstabilität zu gewährleisten."

Die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten ein beispielloses Notfallpaket von bis zu 750 Milliarden Euro beschlossen, um den Euro zu sichern.

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