Euro-Rettungsschirm:Deutschland muss 22 Milliarden Euro zahlen

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Die Finanzminister der Euro-Gruppe haben sich auf einen neuen Rettungsschirm für klamme Staaten geeinigt. Deutschland beteiligt sich an dem 500-Milliarden-Euro-Topf zu einem guten Viertel.

C. Gammelin, Brüssel

Die Finanzminister der 17 Euro-Länder haben sich am Montagabend auf die Finanzierung eines ständigen Europäischen Rettungsfonds (ESM) für klamme Partner geeinigt. "Wir haben alle Probleme gelöst, damit die Regierungen entscheiden können", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach dem Treffen.

Die Finanzminister der 17 Euro-Staaten haben sich in Brüssel auf einen ständigen Euro-Rettungsschirm geeignigt, der Garantien in Höhe von insgesqamt 620 Milliarden Euro umfassen soll. Im Bild (im Urzeigersinn von unten links): der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, Luxemburgs Finanzminister Jean Claude Juncker, die spanische Finanzministerin Elena Salgado, die französische Finanzministerin  Christine Lagarde und Italiens Finazminister Giulio Tremonti. (Foto: AP)

Damit ist die letzte Hürde auf dem Weg zu dem umfassenden Paket genommen, das die europäischen Staats- und Regierungschefs am Ende dieser Woche auf ihrem Gipfel in Brüssel beschließen wollen. Es verpflichtet die Länder unter Androhung von strengen Sanktionen, solider zu wirtschaften und Reformen anzupacken. Euro-Länder können bei Schuldenkrisen im letzten Notfall unter strengen Auflagen gerettet werden.

All diese Maßnahmen sollen helfen, künftigen Krisen vorzubeugen, die europäischen Volkswirtschaften wettbewerbsfähig zu machen, den Lebensstandard und die gemeinsame Währung zu sichern. Die nationalen Parlamente müssen dem Paket zustimmen. Deutschland wird rund 27 Prozent der Finanzierungskosten für den ESM übernehmen. Dieser Faktor berechnet sich aus den Anteilen, die Deutschland an der Europäischen Zentralbank (EZB) hält und dem Wirtschaftskraft per Einwohner.

Der ESM soll bis zu 500 Milliarden Euro an Krediten für klamme Partner bereitstellen. Davon sollen 80 Milliarden Euro durch direkte Einzahlungen der 17 Euro-Länder garantiert werden. Berlin muss insgesamt 21,81 Milliarden Euro an den ESM überweisen, die Hälfte davon bis 2013, den Rest in den folgenden drei Jahren. Die anderen 420 Milliarden Euro werden über abrufbares Kapital abgesichert. Da nicht alle 17 Euro-Länder die beste Bonität am Markt genießen, nämlich AAA, muss die Garantiesumme höher sein. Laut Schäuble sind insgesamt 620 Milliarden Euro an Garantien nötig. Deutschland wird davon knapp 170 Milliarden Euro bereit stellen.

Der ESM stellt die Hilfen als Kredite zur Verfügung. Er kann auch neue Staatsanleihen direkt von klammen Regierungen aufkaufen. Beides ist nur möglich, wenn die Euro-Finanzminister dies einstimmig beschließen und es keine andere Möglichkeit für das Land gibt, sich zu refinanzieren. Zuvor müssen die Europäische Kommission und der Internationale Währungsfonds (IWF) eine Schuldentragfähigkeitsanalyse vorlegen. Je nachdem, wie diese ausfällt, sollen auch private Gläubiger an den Kosten der Schuldenkrise beteiligt werden. Ab 2013 sollen zudem in alle Staatsanleihen, die Euro-Länder ausgeben, von vornherein spezielle Klauseln aufgenommen werden, die die Beteiligung privater Gläubiger vorsehen.

Portugal als erster Profiteur des Schutzschirms

Schäuble betonte, die Zahlungen an den ESM würden "weder den Schuldenstand erhöhen noch das Defizit". Dies sei möglich, weil der ESM als eine ganz neue Finanzinstitution gegründet werde. Dem Europäischen Statistikamt Eurostat zufolge werden Kapitalstock-Einzahlungen in eine solche Finanzinstitution nicht auf das Defizit angerechnet, weil eine entsprechende Gegensicherung vorhanden ist. Die Zinsen für Kredite des ESM sollen in Anlehnung an gängige IWF-Regeln berechnet werden. Diese berechnen sich aus den Refinanzierungskosten zuzüglich 0,2 Prozent Aufschlag. Nach drei Jahren steigen die Zinsen nochmals um 0,1 Prozent.

Am Rande der Beratungen wurde bekannt, dass Portugal schon Ende dieser Woche unter den Schutzschirm für klamme Euro-Länder flüchten könnte. Die politische Krise im eigenen Land "treibt uns in die Arme externer Helfer", sagte Portugals Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos. Schon an diesem Mittwoch könnte sich entscheiden, ob die Regierung in Lissabon finanzielle Hilfe aus dem bisherigen Euro-Rettungsfonds beantragt.

An diesem Tag stimmt das portugiesische Parlament über die geplanten Spar- und Reformpläne ab. Die konservative Opposition kündigte bereits an, die Pläne nicht mittragen zu wollen. In diesem Fall müsste Premier José Sócrates, der die sozialistische Minderheitsregierung führt, in Brüssel Hilfe beantragen. Portugal wäre das zweite Euro-Land, das unter den Schutzschirm flüchten könnte. Anfang Januar beantragte Irland Hilfen. Für Griechenland stellten die Euro-Partner im Mai 2010 ein separates Hilfspaket zusammen.

Die Länder, die nicht mit dem Euro zahlen, wollen mehrheitlich die Beschlüsse der Euro-Länder übernehmen. Am bereits beschlossenen "Pakt für den Euro" wollen bis zu sieben Länder teilnehmen. Polen, Dänemark, die zwei baltischen Staaten, Rumänien und Bulgarien wollen sich ebenfalls freiwillig zur Zusammenarbeit in der Steuer-, Sozial- und Rentenpolitik verpflichten. Ungarn will kurzfristig entscheiden. Schäuble warb abschließend um die deutsche Zustimmung zu dem Paket. Die gemeinsame Währung zu erhalten, liege "vor allem im deutschen Interesse".

© SZ vom 22.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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