Euro-Krise:Ein Deutscher soll die Griechen retten

Wie einst der legendäre Fußball-Trainer Otto Rehhagel: Der ehemalige EU-Spitzenbeamte Horst Reichenbach soll die Griechen retten. Er leitet eine neue Taskforce für Athen - und das trotz aller Ressentiments gegenüber den Deutschen.

C. Gammelin, A. Hagelüken und H.-J. Jakobs

In Griechenland haben Deutsche derzeit nicht unbedingt einen guten Ruf. Das Jahr 2004, als die heimische Fußball-Nationalmannschaft dank der Künste des Trainers Otto Rehhagel Europameister wurden, liegt lange zurück. Jetzt sind die Deutschen, mit Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze, für viele in dem Mittelmeerstaat die schärfsten Nörgler und unbarmherzigsten Kritiker, die in der Schuldenkrise immer neue Opfer verlangen würden.

Griechenland - Athen

Vor einer Kirche in Athen hängt ein Griechenland-Wimpel.

(Foto: dpa)

Und in einer solchen Situation tritt jetzt auf Geheiß der EU Horst Reichenbach als oberster Retter der Griechen an, ein langjähriger Spitzenbeamter in Brüssel, der Chef einer "Task Force Griechenland " wird. Die Truppe soll sich um die schnellere Auszahlung von EU-Fördermitteln zugunsten der am Boden liegenden griechischen Wirtschaft kümmern.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat den Sozialdemokraten geholt, der seit 2005 als Vizepräsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) gearbeitet hat. Reichenbach bringe "wertvolle Erfahrung und großes Expertenwissen für die Aufgabe mit", so Barroso, er freue sich, dass er "die wichtige Mission" annahm.

Es wird ein harter Job für den 1945 geborenen Kieler, auch wenn er viele Qualifikationen rund um Europa mitbringt: Kenntnis der Zahlen, des Finanzsystems, der Europa-Politik. Die Arbeit soll "sofort" beginnen, im September gibt Reichenbach seinen Posten an der EBRD-Spitze auf. Der promovierte Volkswirt koordiniert dann, von Brüssel und Athen aus, die Arbeit von EU-Experten.

Für die griechischen Behörden ist es eminent wichtig, dass alle bereitstehenden EU-Fördermittel genutzt werden, es handelt sich um bis zu 20 Milliarden Euro bis zum Jahr 2013. Achtzig Prozent wurden bisher nicht abgerufen: Einerseits, weil die Beamten vor Ort es nicht können, andererseits weil die Regierung in Athen aufgrund leerer Kassen nicht den nötigen Eigenanteil für Förderprojekte aufbringen kann.

Barroso hatte im Juni die Idee ins Spiel gebracht, Athen dieses Geld vorzuschießen, als Aufbauhilfe -- und als eine Art Zuckerbrot im Gegensatz zur Peitsche der harten Sparauflagen im Zuge von Notkrediten. Und der EU-Gipfel bewilligte Barrosos Idee, Experten nach Griechenland zu entsenden.

Dafür ist nun Reichenbach verantwortlich. Der dreifache Familienvater arbeitete vier Jahre an der Universität Kiel, bevor er von 1975 an für viele Jahre etliche ranghohe Posten in der EU-Bürokratie übernahm. So arbeitete Reichenbach bis 1997 zwei Jahre als Kabinettschef der deutschen SPD-Politikerin Monika Wulf-Matthies, die sich als EU-Kommissarin um die Regionalpolitik kümmerte.

Im Anschluss besetzte er in Zeiten der Rinderseuchen-Krise BSE den einflussreichen Posten des Generaldirektors für Verbraucherschutz; dann übernahm er die Personalplanung für 20.000 EU-Beamte, wofür ein wendiger Technokrat, ein "Trouble-Shooter", genau der Richtige war. Es folgte von 2004 bis 2005 die EU-Generaldirektion Unternehmen und Industrie. In London bei der EBRD war er zuletzt als Vice President for Risks and Resources tätig.

Verheiratet ist der neue Griechen-Retter im Übrigen mit einer langjährigen SPD-Europaabgeordneten, die im Wahlkampf 2009 in Berlin unter ihrem früheren Namen "Roth-Behrendt" antrat. Sie führe ihn als "Künstlernamen" weiter, erklärte die Politikerin.

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