Euro-Finanzminister gründen Zweckgesellschaft:Gegen den Sinkflug

Mit der Gründung einer Finanzgesellschaft machen die Finanzminister der Euroländer den Weg frei zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung.

Cerstin Gammelin

Das 440-Milliarden-Paket zur Rettung der Euroländer ist endgültig geschnürt. Die Euro-Finanzminister unterzeichneten am Montag in Luxemburg einen entsprechenden Rahmenvertrag. Über die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit streiten die EU-Länder dagegen weiter. Berlin und Paris sagten ein Treffen kurzfristig ab.

Treffen der Finanzminister des Eurogebiets

Treffen der Finanzminister des Eurogebiets: Der Rettungsschirm ist endgültig gespannt.

(Foto: dpa)

Erst nach stundenlangen Beratungen einigten sich die Euro-Finanzminister auf die letzten Details zur Gründung einer Zweckgesellschaft. Über diese Gesellschaft können die Euroländer bis zu 440 Milliarden Euro an Krediten aufnehmen und an notleidende Partner weiterleiten.

Diese Summe ist der Anteil, den die Euroländer an dem mit Weltwährungsfonds und Europäischer Kommission geschnürten, insgesamt 750 Milliarden Euro umfassenden Rettungspaket übernehmen. Die Euroländer garantieren für mögliche Kredite entsprechend der Anteile, die sie an der Europäischen Zentralbank halten. Die Gesellschaft werde "noch im Juni arbeitsfähig sein", sagte Jean-Claude Juncker, Sprecher der Euroländer. Der genaue Zeitpunkt hänge davon ab, wie schnell die Euroländer ihre Anteile übernehmen werden.

Der Streit geht weiter

Details über die Höhe der Kapitalausstattung wurden nicht mitgeteilt. Die Geschäftsführung soll in den nächsten Tagen bestellt werden. Juncker betonte, dass jeglichen Hilfen ein einstimmiger Beschluss der Euroländer vorangehen müsse. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn begrüßte die Zweckgesellschaft. "Jetzt können wir uns darauf konzentrieren, die Haushalte wieder in Ordnung zu bringen und die ökonomische Zusammenarbeit zu verbessern", erklärte der Kommissar.

Über "Modalitäten einer engeren Wirtschaftskooperation" beriet am späten Abend die Task Force des Rates unter Leitung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Beschlüsse wurden nicht erwartet, auch, weil das zeitgleich in Berlin geplante Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy kurzfristig abgesagt wurde. Grund ist der anhaltende Streit um eine Wirtschaftsregierung.

Das Treffen werde am kommenden Montag nachgeholt, hieß es in Paris und Berlin. EU-Diplomaten in Luxemburg führten die Absage auf die "unverändert tiefgreifenden Auffassungsunterschiede" zwischen beiden Ländern zurück. Offiziell hieß es, Zeitgründe seien für die Verschiebung verantwortlich.

Merkel und Sarkozy uneins

Merkel und Sarkozy streiten darum, ob die Regierungen der 16 Euroländer eine eigene Wirtschaftsregierung bilden oder ob alle 27 Länder enger miteinander kooperieren sollten. Sarkozy will die Wirtschaftsregierung der 16 Euroländer etablieren. Er hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy vorgeschlagen, dafür ein eigenes Sekretariat einzurichten und dringt darauf, diesen Beschluss endlich zu fassen. Merkel sperrt sich vehement dagegen. Sie will, dass alle 27 EU-Staaten enger kooperieren und hatte zuletzt im März vorgeschlagen, den Europäischen Rat als Wirtschaftsforum auszubauen. Zugleich zeigt sich die Bundesregierung bereit, in akuten Krisenfällen gemeinsam mit den Regierungschefs der Euroländer über Lösungen zu beraten.

Rehn und Juncker zeigten sich besorgt über die rapide Geschwindigkeit, mit der der Euro im Vergleich zum Dollar an Wert verliere. Der Kurs der Gemeinschaftswährung sank am Montag zeitweilig unter 1,19 Dollar. Analysten machten dafür vor allem schlechte Wirtschaftsdaten aus Ungarn verantwortlich. Die Regierung in Budapest hatte Ende vergangener Woche erklärt, dass sich die Haushaltslage trotz struktureller Reformen nicht verbessert habe.Rehn widersprach Behauptungen, Ungarn könne ein zweites Griechenland werden.

Juncker, erklärte, das größte Problem seien Politiker, die zu viel redeten. Diese sollten ähnlich wie Banken "mehr verbale Disziplin zeigen". Die Euro-Finanzminister empfahlen zudem, Estland zum 1. Januar 2011 als 17. Mitglied in die Währungsunion aufzunehmen.

Am Dienstag beraten die Finanzminister aus allen 27 Ländern, wie die Schuldenberge abgebaut werden können und die Wirtschaft angekurbelt werden kann. Spanien, Italien, Griechenland, Frankreich und Großbritannien werden berichten. Auch der ungarische Finanzminister sollte die Lage in seinem Land erklären. Am wichtigsten sei der Report aus Spanien, hieß es vor dem Treffen. Das Land habe Reformen und Sparpläne angekündigt, "die bis auf die Knochen gehen", sagte ein französischer EU-Diplomat.

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