EU-Vergleich:Deutsche Bankkunden zahlen drauf

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Ein Vergleich der EU zeigt: Geldinstitute verlangen in Deutschland zu hohe Gebühren für Kontoführung und Bankkarten.

Martin Winter

Auf der Suche nach Gründen für ihr schlechtes Ansehen sollten Banker nicht nur über Boni und die Finanzkrise nachdenken. Sondern auch über den ganz normalen, durchschnittlichen Bankkunden. Denn der traut seinem Geldinstitut nur sehr bedingt über den Weg. Und das zu Recht, wie eine am Dienstag in Brüssel veröffentlichte Untersuchung der EU-Kommission in allen 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union ergab. Danach beklagen viele Verbraucher, dass sie etwa bei der Einrichtung eines Girokontos so "unverständlich" und "unzureichend" informiert werden, dass sie weder genau abschätzen können, welche Gebühren auf sie zukommen, noch in der Lage sind, die Angebote konkurrierender Banken miteinander zu vergleichen.

Das Gefühl undurchsichtiger Bankpraktiken ist so weit verbreitet, dass vier von fünf EU-Bürgern sich eine "klare und für Vergleichszwecke standardisierte Information" wünschen, heißt es im Bericht der EU-Kommission. Dass die Klagen der Verbraucher durchaus begründet sind, haben von der Kommission beauftragte Experten in einem weit angelegten Praxistest herausgefunden.

Mangelnde Transparenz

Quer durch die EU prüften sie die Onlineangebote von Banken und Sparkassen auf Klarheit über die Bankgebühren für bestimmte Leistungen oder Finanzprodukte. Dabei gelang es selbst den Spezialisten in zwei Drittel der Fälle nicht zu begreifen, welche tatsächlichen Gebühren entstehen. Sie mussten diese Banken um zusätzliche Informationen bitten, die die Geldinstitute aber oft nur zögernd erteilten. Zehn Prozent hatten außerdem wenige oder keine Informationen über Preise auf ihrer Internetseite, und jedes dritte Haus bot nur lückenhafte Tarifangaben.

Dieses Verhalten vieler Banken, denen die Kommissarin für Verbraucherschutz Meglena Kuneva vorwirft, "grundlegende Rechte der Verbraucher zu verletzen", hat für die Kunden wenigstens zwei gravierende Nachteile: Zum einen sind sie wegen der undurchsichtigen Gebührenstrukturen kaum in der Lage, die Angebote verschiedener Geldinstitute gegeneinander abzuwägen. Die Folge: Nur neun Prozent der Bankkunden wechseln nach Angaben der Kommission zu einem für sie günstigeren Geldhaus. In der Versicherungsbranche sieht es dagegen ganz anders aus: So wechseln nach Angaben der Kommission beispielsweise 25 Prozent der Autobesitzer jährlich zu einem günstigeren Anbieter.

Zum anderen hindert die mangelnde Transparenz die Bankkunden daran, die Möglichkeiten des europäischen Binnenmarktes auszunutzen. Fast kaum einer schaut sich jenseits der Grenzen seines Landes nach günstigen Angeboten um. So nutzen nach Angaben der Kommission etwa Franzosen das Gebührengefälle zwischen ihrem Land und Belgien (154 zu 58 Euro im Durchschnitt) nicht, ihre Konten über die Grenze in das ja auch frankophone Nachbarland zu verlagern.

Billig banken in Bulgarien

So lange es keine europaweite, "klare und standardisierte" und damit auf einen Blick vergleichbare Angebote für Kunden gibt, die ein Konto eröffnen oder einen Kredit aufnehmen wollen, so lange weichen auch die durchschnittlichen Gebühren für Konten, Bankkarten- und Kreditkartennutzung, Abbuchungen oder Schecks in der EU weit voneinander ab (siehe Grafik). Betrachtet man die Praxis der Banken in den einzelnen Ländern nach den Kriterien preiswert, einfach und durchschaubar, dann steht Italien nach Angaben der Kommission am Ende einer Liste, dicht gefolgt von den Ländern Spanien, Lettland, Frankreich und Österreich.

Deutschland landet laut Studie auf einem wenig schmeichelhaften 19. Rang, weil die Grundgebühren für Konten und die für den Einsatz der Bankkarte "sehr hoch" seien; am besten in der Rangliste schnitt im übrigen Bulgarien ab. Wie es in der EU-Kommission heißt, gibt es einen "deutlichen Zusammenhang" zwischen einfachen, klaren und durchschaubaren Bankangeboten und niedrigen Gebühren.

Angesichts dieser Lage forderte der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Charlie McCreevy, den Banken Transparenz "zu verordnen". Die Ergebnisse der Studie sollen Eingang in eine Verschärfung des Verbraucherschutzes finden. Und die von der Finanzindustrie für 1. November angekündigten "freiwilligen" Erleichterungen für den Wechsel von einer Bank zu einer anderen werde man, heißt es in der Kommission, "sehr genau" beobachten.

© SZ vom 23.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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