EU-Sondergipfel:Streit um Hilfe für Osteuropa

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Ungarn spekuliert auf einen milliardenschweren Notfonds für die osteuropäischen Länder - und stößt damit auf heftigen Widerstand. Nicht nur Kanzlerin Merkel erteilte eine klare Absage.

Der EU-Sondergipfel zur Finanz- und Wirtschaftskrise in Brüssel hat mit einem Streit um eine angemessene Unterstützung für die osteuropäischen Länder begonnen. Ungarn hatte vor dem Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs ein Papier vorgelegt, das besondere Finanzhilfen in Höhe von 160 bis 190 Milliarden Euro für die mittel- und osteuropäischen Staaten fordert.

EU-Ratsvorsitzender und tschechischer Regierungschef Topolanek (re.) mit Ungarns Regierungschef Gyurcsany: Ungarn hat mit seiner Forderung nach einem Milliarden-Notfonds einen Streit entfacht. (Foto: Foto: afp)

"Wir dürfen nicht zulassen, dass ein neuer Eiserner Vorhang entsteht und Europa in zwei Teile spaltet", sagte der ungarische Regierungschef Ferenc Gyurcsany, der sich noch vor dem Sondergipfel mit einer Reihe osteuropäischer Kollegen getroffen hatte. Ein Zusammenbruch der Finanzsysteme in der Region würde auch schwere Folgen für den Westen haben, gab er zu Bedenken.

Estland, die Slowakei und andere Länder lehnten die ungarischen Pläne jedoch ab. "Ich glaube nicht, dass es eine Notwendigkeit für spezifische Hilfe für mittel- oder osteuropäische Staaten gibt", sagte der estnische Regierungschef Andrus Ansip. "In manchen Euro-Staaten sind die finanziellen Probleme wesentlich größer als in einigen sogenannten neuen Mitgliedstaaten." Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico, dessen Land der Eurozone angehört, betonte ebenfalls die unterschiedliche Lage in den neuen Mitgliedstaaten.

Keine "Spezialkategorie Osteuropa"

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte den Forderungen Ungarns nach einem Milliarden-Hilfsfonds für ganz Osteuropa eine klare Absage. "Ich rate nicht dazu, hier mit Riesenzahlen in die Debatte zu gehen, sondern wir haben bisher gezeigt - gerade am Beispiel Ungarn - dass wir Staaten in Not helfen, und das werden wir natürlich über die internationalen Institutionen weiter tun." Sie fügte hinzu: "Aber hier für alle mittel- und osteuropäischen Länder die gleiche Situtation zu konstatieren, das sehe ich nicht."

"Es gibt keine Spezialkategorie Osteuropa", sagte auch der amtierende EU-Vorsitzende, Tschechiens Regierungschef Mirek Topolanek. Selbst Österreich, das wegen des starken Engagements seiner Banken von Zusammenbrüchen in ehemaligen kommunistischen Staaten besonders getroffen würde, rückte von der Forderung eines Osteuropa-Pakets ab. Die Lage der Länder in Osteuropa sei unterschiedlich, sagte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). "Und daher wäre ein Paket für alle falsch."

Merkel verspätet

Indes sprach sich Kanzlerin Merkel für eine europäische Unterstützung der Autoindustrie aus. Sie wolle vorschlagen, dass die Mittel bei der Europäischen Investitionsbank EIB für moderne Antriebstechnologie aufgestockt werden sollten. "Die wird sehr nachgefragt und ist ein Konjunkturimpuls."

Merkel war mit eineinhalb Stunden Verspätung beim Treffen der EU-Chefs eingetroffen. Nach Angaben aus Regierungskreisen hatte sie wegen eines Triebwerkdefekts ihres Flugzeugs in Hannover zwischenlanden müssen. Erst Stunden später konnte Merkel mit einer Ersatzmaschine der Flugbereitschaft der Regierung weiter zum EU-Gipfel fliegen.

© sueddeutsche.de/AP/dpa/afp/dmo/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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