EU-Sondergipfel:Er kommt, er kommt nicht, er kommt

Der Streit um einen EU-Sondergipfel zur Krise in Europa scheint entschieden: In der kommenden Woche soll nun doch über Griechenlands Hilfsersuchen entschieden werden - auf einem Sondergipfel.

Guido Bohsem und Martin Hesse

Die Sorgenkinder der Eurozone gehen in verschiedene Richtungen: Während Irland am Donnerstag von seinen Helfern Fortschritte bei der Sanierung bescheinigt bekam, drängte Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou die EU-Partner, sich rasch auf ein zweites Rettungspaket zu einigen. Erstmals sprach Papandreou ausdrücklich davon, dass seinem Land einen Teil der Schulden erlassen werden möge. Ein EU-Sondergipfel soll voraussichtlich am Dienstag darüber entscheiden.

Europäische Länder in der Schuldenkrise

Erst wenn sich die EU-Partner über die neuen Griechenlandhilfen geeinigt haben, will Berlin einem Gipfeltreffen zustimmen. Nun soll es Dienstag so weit sein.

(Foto: dpa)

Steuerschnüffler

Um von den Bürgern mehr Geld einzutreiben und Steuersündern auf die Schliche zu kommen, will der griechische Ministerpräsident zu ungewöhnlichen Mitteln greifen: Er setzt private Schnüffler ein. "Es gibt in Griechenland 14.000 Menschen, die dem Staat zusammen rund 36Milliarden Euro an Steuern schulden", sagte Papandreou der Financial Times Deutschland. Die Regierung wolle diese Gruppe jetzt über Privatfirmen angehen, weil sie den Eindruck habe, "dass der Verwaltungsapparat das nicht kann".

Irland hat dagegen offenbar keine Probleme, Steuern einzutreiben. Im ersten Halbjahr lagen die Steuereinnahmen bei 19,3 Milliarden Euro und damit knapp eine Milliarde Euro höher als geplant. Das ist einer der Fortschritte, welche die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) Irland am Donnerstag bescheinigten. Kontrolleure der Troika überprüfen vierteljährlich, ob Länder, die EU-Hilfen in Anspruch genommen haben, die damit verknüpften Auflagen erfüllen. Irland liegt nach dem Urteil der Prüfer voll im Plan. Finanzminister Michael Noonan sagte: "Wir haben die Haushaltsziele erreicht, wir haben die Bankenziele erreicht und wir haben die Reformziele erreicht."

Irland sei bis mindestens Mitte 2013 voll finanziert, sagte Noonan weiter. Zwar werde das Land im kommenden Jahr testen, ob es am Kapitalmarkt wieder Geld von Investoren erhält. Eine größere Tilgung von Anleihen - und damit neuer Finanzierungsbedarf - komme aber erst 2014 auf Irland zu. Die Ratingagentur Moody's hatte am Dienstag die Note für die Kreditwürdigkeit des Landes auf Ramschniveau heruntergestuft und erklärt, das Land brauche voraussichtlich ein zweites Rettungspaket.

Papandreou drängt zur Eile

Irland war das erste Land, das Ende 2010 den europäischen Rettungsfonds EFSF in Anspruch nahm. Die EU-Partner schnürten ein Paket von 85 Milliarden Euro, 23 Milliarden hat Irland bislang in Anspruch genommen. Zuvor hatte die EU Griechenland bilateral Geld geliehen. Die irische Regierung verpflichtete sich im Rahmen des Hilfsprogramms, den Haushalt zu sanieren, den Bankensektor zu stabilisieren und die Wirtschaft in Teilen zu reformieren.

Nach drei Jahren Rezession wächst die irische Wirtschaft seit Januar wieder, die EU-Kommission erwartet für das Gesamtjahr ein Plus von 0,6 Prozent. Im nächsten Jahr sollen es 1,9 Prozent sein. Anders als Griechenland oder Portugal verfügt Irland über eine starke Exportwirtschaft. Vergangenes Jahr waren die Ausfuhren so hoch wie die gesamte Wirtschaftsleistung. Dadurch hemmen die Sparmaßnahmen das Wachstum weniger stark als in Griechenland, das auch wegen der tiefen Einschnitte nicht aus der Rezession findet.

Papandreou drängt die EU-Partner angesichts der dramatischen Lage zur Eile. "Wenn wir nicht bald die Entscheidung haben, dass das zweite Programm Griechenland schützt und das Land seine tiefgreifenden Reformen unternehmen kann, wird das Programm selbst unterlaufen", warnte er. Am Mittwoch hatte die Ratingagentur Fitch die Bonitätsnote für Griechenland gesenkt, sie liegt jetzt noch eine Stufe über dem Status "zahlungsunfähig". Im Gespräch ist ein weiteres Hilfspaket der EU über erneut 110 Milliarden Euro. Allerdings streiten die Regierungen, ob private Gläubiger durch eine Umschuldung an den Lasten beteiligt werden sollen.

Erst einigen, dann treffen

Papandreou erklärte, sein Land könnte mit Geldern des Euro-Rettungsfonds EFSF und mit Kursabschlägen Staatsanleihen zurückkaufen. Finanzminister Evangelos Venizelos bestätigte am Donnerstag, Griechenland wolle die Schuldenlast durch längere Rückzahlungszeiträume, niedrigere Zinsen und wohl auch den Rückkauf von Anleihen abfedern. Unklar ist weiterhin, ob private Gläubiger auf diesem Wege zu einem Forderungsverzicht gezwungen werden sollen. Die EZB, die einer der größten Gläubiger Griechenlands ist, lehnt einen solchen Weg ab. Berlin besteht jedoch weiter auf einer Beteiligung der privaten Gläubiger. Und die Deutschen wollen hart bleiben: Erst wenn sich die EU-Partner über die neuen Griechenlandhilfen geeinigt haben, will Berlin einem Gipfeltreffen zustimmen. Die Pläne aus Brüssel, dieses Treffen schon diesen Freitag anzusetzen, waren damit zum Scheitern verurteilt. Nun soll es Dienstag so weit sein.

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