EU-Kommission sieht Verdacht auf Zinsmanipulation:Fahnder durchsuchen Großbanken

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Razzia in der Finanzbranche: Wegen des Verdachts auf Manipulation des sogenannten Euribor-Satzes hat die EU-Kommission ihre Fahnder in große internationale Banken geschickt. Berichten des "Wall Street Journal" zufolge beschlagnahmten sie zahlreiche Dokumente. Betroffen sein soll auch die Londoner Niederlassung der Deutschen Bank.

Einigen internationalen Großbanken droht mächtig Ärger mit Brüssel: Die EU-Kommission hat wegen des Verdachts auf Kartellverstöße mehrere Unternehmen durchsucht, die auf dem Derivate-Markt tätig sind.

Der Finanzplatz in London. (Foto: N/A)

Es werde vermutet, dass es im Zusammenhang mit dem Euribor-Zins zu einem Marktkartell gekommen sei, teilte die Kommission mit. Namen der betroffenen Unternehmen oder Länder nannte die EU-Behörde nicht. In Finanzkreisen hieß es aber, auch die Londoner Niederlassung der Deutschen Bank solle betroffen sein. Das Institut äußert sich dazu allerdings nicht.

Der Euribor (European Interbank Offered Rate) ist jener Zinssatz, den europäische Banken untereinander verlangen, wenn sie mit Einlagen handeln, die eine festgelegte Laufzeit zwischen einer Woche und zwölf Monaten haben. Er ist einer der wichtigsten Referenzzinssätze. So werden die Euribor-Werte unter anderem als Berechnungsgrundlage für andere Zinsprodukte wie etwa Swaps oder Futures genutzt.

Das Wall Street Journal hatte in seiner Mittwochausgabe berichtet, dass die Fahnder zahlreiche Dokumente beschlagnahmt hätten. Brüssel prüfe jetzt analog, ob auch der Euribor von den Finanzakteuren beeinflusst werde, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen der Zeitung. Die EU verspreche sich von den Dokumenten ein besseres Verständnis davon, wie die geschäftstäglich ermittelten Durchschnittssätze zustande kommen, zu denen rund 40 überwiegend europäische Bankhäuser ihre jeweiligen Angebotssätze übermitteln.

Für die Feststellung der Euribor-Zinssätze ist die Organisation Euribor-EBF zuständig. Deren Manager verunsichert die Aktion nicht: Der Euribor beruhe auf den gesammelten Informationen vieler verschiedener Banken, sagte der zuständige Manager Cedric Quemener dem Blatt. Damit deutete er an, dass eine Manipulation des Satzes schwierig sei.

Es ist nicht der erste Fall dieser Art: Im Frühjahr waren Banken schon einmal durchsucht worden. Seinerzeit ging es allerdings um den Zinssatz Libor (London Interbank Offered Rate), der ähnlich wie der Euribor vor allem im Geschäft der Banken untereinander zum Tragen kommt. Banken sollen während der Finanzkrise versucht haben, den Libor zu drücken, um Zinskosten zu senken und so das Ausmaß ihrer Probleme zu verschleiern. Damals standen Kreisen zufolge Großbanken wie Barclays , UBS und Citigroup im Fokus.

© sueddeutsche.de/Reuters/aum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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