EU-Gipfel in Brüssel:Die fünf wichtigsten Punkte

Beim EU-Gipfel in Brüssel stehen fünf Themen ganz oben auf der Liste. Was den Staats- und Regierungschefs wichtig ist. In Bildern.

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Regierung plant Bankenabgabe

Quelle: dpa

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Stresstest und Finanzaufsicht

Die Europäer wollen auf dem Treffen der G-8- und der G-20-Staaten Ende Juni im kanadischen Toronto einen Prüfauftrag zur "Erforschung und Entwicklung globalen Finanzmarkttransaktionssteuer" erteilen. Der Weltwährungsfonds soll damit beauftragt werden. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel in Brüssel.

Europaweit wollen sie zudem "ein System von Steuern und Abgaben" einführen. Damit sollen die Verursacher der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise an den Kosten für die Bewältigung der Folgen beteiligt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Einigung. Dieser "sehr weitreichende Beschluss" sei nach längerer Debatte zusätzlich in das Abschlussdokument des EU-Gipfels aufgenommen worden, sagte sie nach den Beratungen. Sie sei "froh", dass alle 27 Mitgliedsstaaten eine gemeinsame Position erreicht hätten.

Zunächst hatten sich vor allem Großbritannien und Schweden gegen eine solche Steuer gewandt. Die Steuer könnte im Jahr 2012 eingeführt werden. Sollte es keine Einigung auf internationaler Ebene geben, will die EU prüfen, inwieweit eine Finanztransaktionssteuer in den europäischen Mitgliedsländern eingeführt werden kann. Die Regierung in London hat sich allerdings bereits gegen europäische Alleingänge ausgesprochen. Sie will auch die Entscheidung über die Art der Bankenabgabe allein in der nationalen Zuständigkeit belassen. Zugleich ist die Einführung der globalen Finanztransaktionssteuer auch deshalb sehr unwahrscheinlich, weil die G-20-Finanzminister bereits daran gescheitert sind. Zudem streiten sich die Regierungen darüber, wie sie mit den Einnahmen verfahren. Einige Länder wollen die erwarteten Milliarden zur Sanierung der überschuldeten Staatshaushalte verwenden, andere drängen darauf, das Geld in einem Fonds zu belassen, um bei künftigen Notfällen nicht wieder auf das Geld der Steuerzahler zurückgreifen zu müssen. (Cerstin Gammelin)

Börse Frankfurt - Bundesregierung will Bankenabgabe

Quelle: dpa

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Bankenabgabe & Transaktionssteuer

Die Europäer wollen auf dem Treffen der G8- und der G20-Staaten Ende Juni in Toronto dafür werben, eine Abgabe für Banken und die Besteuerung von Finanzgeschäften einzuführen. Damit sollen die Verursacher der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise an den Kosten für die Bewältigung der Folgen beteiligt werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warb vor Beginn der EU-Gipfels in Brüssel für einen breiten Konsens, "damit wir mit einer möglichst einheitlichen europäischen Position auftreten können", sagte Merkel. Sollten diese Positionen in Toronto nicht durchsetzbar sein, müsse über die europaweite Einführung beraten werden. Im Entwurf der Gipfelerklärungen bleiben die Formulierungen zu beiden Abgaben jedoch vage.

Die EU-Mitgliedstaaten wollten die Einführung einer Abgabe für Finanzinstitute empfehlen - die Ausarbeitung konkreter Details jedoch auf den Herbst verschieben. Eine Steuer auf Finanztransaktionen wurde in dem Entwurf zunächst nicht erwähnt.

Sowohl die Bankenabgabe als auch die Steuer auf Finanztransaktionen sind in den EU-Mitgliedsländern umstritten. Tschechien sperrt sich dagegen. Premier Jan Fischer sagte, die bisherigen Vorschläge zur Bankenabgabe seien "zu rigide". Großbritannien unterstützt Angaben eines Diplomaten zufolge zwar die Einführung einer weltweiten Bankenabgabe. Einen europäischen Alleingang lehnt die Regierung in London allerdings ab. Sie will auch die Entscheidung über die Art der Bankenabgabe allein in der nationalen Zuständigkeit belassen.

Zudem streiten sich die Regierungen darüber, wie sie mit den Einnahmen aus der Bankenabgabe verfahren sollten. Einige Länder wollen die erwarteten Milliarden zur Sanierung der überschuldeten Staatshaushalte verwenden, andere drängen darauf, das Geld in einem Fonds zu belassen, um bei künftigen Notfällen nicht wieder auf das Geld der Steuerzahler zurückgreifen zu müssen. (Cerstin Gammelin)

May 29, 2002 file photo

Quelle: ag.ap

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Beitritt Islands

Die Europäische Union will Beitrittsverhandlungen mit Island aufnehmen. Dem haben nun auch Großbritannien und die Niederlande zugestimmt. Diese beiden Länder hatten sich gegen eine Mitgliedschaft Islands in der EU gewehrt, weil Island bisher die Entschädigung britischer und niederländischer Anleger verweigert, die durch den Zusammenbruch isländischer Banken Verluste in Milliardenhöhe erlitten hatten.

Niederländer und Briten waren am stärksten betroffen von der Pleite der Icesave-Bank. Daher knüpften London und Den Haag ihre Zustimmung für einen Beitritt Islands an eine Rückzahlung von rund vier Milliarden Euro. Die Summe entspricht in etwa der Hälfte der jährlichen Wirtschaftsleistung des kleinen Landes. Die Isländer hatten in einer Abstimmung gegen diese Rückzahlung votiert und die eigene Regierung so in eine missliche Lage gebracht.

Ausdrücklich wird Island nun von der EU ermahnt, dass Fortschritte in den Beitrittsgesprächen davon abhängen, inwieweit Island in diesem Punkt seine Haltung korrigiert. Die Aussichten der Geschädigten, die Milliarden im Rahmen eines geregelten Aufnahmeverfahrens zurückzubekommen, werden nun als ungleich größer eingeschätzt als bisher, heißt es aus Diplomatenkreisen.

Vor dem Zusammenbruch ihres Finanzsystems waren die Isländer mehrheitlich gegen einen Beitritt zur EU. Im vergangenen Jahr erhielt vor allem die Aussicht auf eine Einführung des Euro große Unterstützung, als Alternative zur geschwächten isländischen Krone. Jetzt scheint die Stimmung in der Bevölkerung wieder zu kippen.

Deshalb will die EU-Kommission möglichst noch im Juli mit den Gesprächen beginnen. Zwar hat der Inselstaat das Schengen-Abkommen ratifiziert und gilt als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums als sicherer Anwärter für den Beitritt, aber es bestehen noch Differenzen, etwa in der Fischereipolitik. Nicht zuletzt deshalb steht in der Schlusserklärung des Gipfels, das Ziel der Verhandlungen bestehe darin, "dass Island den Besitzstand der EU völlig übernimmt und dessen Anwendung und Durchsetzung gewährleistet".

Das bedeutet für Island, dass es im Falle eines Beitritts auch seine Fischgründe mit anderen EU-Staaten teilen müsste. Selbst gegen seinen Willen. (Julia Amalia Heyer)

Deutsche Wirtschaft erholt sich schneller als erwartet

Quelle: ag.dpa

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Stabilitäts- und Wachstumspakt

Seit Griechenland und andere Staaten im Schuldensumpf versinken und Spekulanten auf das Ende der Währungsunion wetten, ist es allen klar: Der Stabilitätspakt zum Schutz des Euro funktioniert nicht. Europas Regierungen beschlossen deshalb am Donnerstag, den Pakt zu verschärfen, damit die Mitgliedstaaten künftig die Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung einhalten und ihre Schulden nicht aus dem Ruder laufen.

Von 2011 an müssen die Regierungen ihre Etats bereits im Frühjahr nach Brüssel melden, so dass die EU-Kommission vor falschen Entwicklungen warnen kann. Damit würde Brüssel bereits kontrollieren, bevor die nationalen Parlamente den Haushalt beschlossen haben, was mancher Politiker als Eingriff in die nationale Souveränität sieht. Bei Verstoß gegen die Haushaltsgebote soll es künftig womöglich schärfere Strafen geben. Ob dies wirklich geschehen wird, steht aber noch nicht fest.

Schon bisher kann die Europäische Union Strafen gegen Etatsünder verhängen; zum Beispiel kann sie Bußgelder auferlegen oder Subventionen aus dem Brüsseler Haushalt entziehen. In der Praxis haben die Regierungen dies stets verhindert. Kein Staat wollte bisher Strafen gegen einen Defizitsünder verhängen, die ihn später im Fall von Haushaltsverstößen selbst hätten treffen können.

Der deutsch-französische Vorschlag, Wiederholungsverschwendern Stimmrechte für wichtige Entscheidungen wegzunehmen, bleibt im Ungefähren. Dafür müsste der EU-Vertrag geändert werden. Die Regierungen vereinbarten außerdem eine neue Strategie, um Europa auf die Zukunft vorzubereiten.

Der Zehn-Jahres-Plan "Europa 2020" tritt an die Stelle der Lissabon-Strategie aus dem Jahr 2000, die Europa bis zu diesem Jahr zum stärksten Wirtschaftsraum der Welt werden lassen sollte, aber fehlschlug. Die neue Strategie hat die Schwerpunkte Forschung, umweltverträgliches Wachstum und Beschäftigung. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung sollen von derzeit 1,9 Prozent der Wirtschaftsleistung auf drei Prozent steigen. Künftig sollen drei von vier Bürgern Arbeit haben (bisher 69 Prozent der 20- bis 64-Jährigen). (Alexander Hagelüken)

Iranian President Ahmadinejad watches as soldiers march past during Army Day military parade in Tehran

Quelle: ag.rtr

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Schärfere Iran-Sanktionen

Im Gleichschritt mit den USA verschärft Europa seine Sanktionen gegen Iran wegen des Atomstreits. Der EU-Gipfel verabschiedete einen Katalog mit Handels- und Investitionsverboten, verlautete aus Diplomatenkreisen. Die neue Sanktionsliste sieht unter anderem das Verbot neuer Investitionen und technischer Unterstützung im Öl- und Gassektor vor. Zudem soll das Handelsverbot für Produkte ausgeweitet werden, die militärisch genutzt werden können.

Darüber hinaus will die EU die Konten der iranischen Revolutionsgarden einfrieren sowie weitere Reisebeschränkungen verhängen. Auch die Obama-Regierung erhöht den Druck auf Teheran und weitet ihr Embargo gegenüber iranischen Banken, Handelsgesellschaften und Reedereien aus.

Die Sanktionen gehen deutlich über die erst vorige Woche von den UN beschlossenen Strafen hinaus. Sie zielen vorrangig auf die Führungsspitze in Iran und auf Unternehmen der Revolutionsgarden, denen wichtige Teile des umstrittenen Atomprogramms des Landes unterstehen. Betroffen von den neuen amerikanischen Maßnahmen sind etwa die iranische Post Bank sowie fünf Subunternehmen der staatlichen Schifffahrtsgesellschaft, die als Tarnfirmen Geschäfte von anderen Staatsunternehmen übernommen hatten, die Washington bereits zuvor auf schwarze Listen gesetzt hatte.

"Iran wird nie aufhören zu versuchen, unsere Sanktionen zu umgehen", sagte Finanzminister Timothy Geithner. Die US-Regierung werde sich "andauernd und unerbittlich" bemühen, den "finanziellen Druck auf Iran zu intensivieren." Der US-Kongress arbeitet zudem an einem scharfen Gesetz, das Irans Ölexporte und Benzinimporte treffen soll. Die US-Regierung listet nun Handelsschiffe auf, die Teheran zuletzt umgeflaggt und mit neuen Namen versehen hatte, um dem bisherigen Embargo zu entkommen.

Auf der Liste finden sich auch zwei Versicherungen sowie 20 Firmen, die Handel mit Öl und petrochemischen Produkten betreiben. Darunter ist auch die Intra Chem Trading GmbH mit Sitz in Hamburg, die laut US-Informationen gänzlich Irans Petrochemical Commercial Company gehört. (Christian Wernicke/AP)

© sueddeutsche.de/AP/aha/gam/hey/cwe/stl
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