Ethische Geldanlage:Kein Schnaps, kein Gift, keine Nackten

Genug von den großen Finanzkonzernen? Seit dem Lehman-Kollaps gelten mächtige Banken bei vielen Menschen als Inbegriff von Maßlosigkeit und Unmoral. Für Anleger gibt es zunehmend Alternativen, die ein paar Prozent Rendite bringen und das Gewissen beruhigen. Von Ökobanken bis zum islamischen Banking lautet das Motto: etwas weniger Gier.

Jannis Brühl

Erst die Welt an den Rand des Abgrunds führen und dafür dann noch Boni in Millionenhöhe einstreichen - so sehen viele Bürger die internationalen Großbanken. Wenig wird so stark als Symbol für Gier und Maßlosigkeit wahrgenommen, wie die Glastürme in den Finanzvierteln von London, Frankfurt und New York. Doch zu den konventionellen Großbanken haben sich in den vergangen Jahrzehnten Alternativen entwickelt - ob aus Sorge um die Umwelt, aus Religiosität oder einfach aus Furcht, dass wildgewordene Investmentbanker das eigene Geld verzocken. Ein Überblick.

Windkraft Umweltbank Ethikbanken Windrad

Regenerative Energieprojekte wie Windkraft sind wichtige Anlageobjekte für Ethik- und Umweltbanken.

(Foto: dpa)

Umweltbank

Es gibt Bio-Schnitzel, Baumwollhemden mit dem Label "organic" und fair gehandelten Kaffee. Der Kapitalismus wäre nicht er selbst, wenn er das Prinzip "Tue Gutes und verdiene dabei" nicht auch auf Finanzdienstleistungen ausweiten würde.

Die Nürnberger Umweltbank ist mit mehr als 80.000 Kunden eines der größeren Geldhäuser in Deutschland, die ethisch einwandfreie Investments versprechen. Neben der Geldvermehrung ist Umweltschutz ihr oberster Grundsatz.

Während ihr Geld für sie arbeitet, sollen Kunden nachts ruhig schlafen können. Die Bank investiert ausschließlich in Projekte, die mindestens ein Positivkriterium erfüllen, etwa regenerative Energiegewinnung oder Handel mit regionalen Produkten. Zudem darf keines der Negativkriterien auf ein Investment zutreffen: In Atomstrom wird beispielsweise nicht investiert, genausowenig in Unternehmen, die Gentechnik in der Landwirtschaft einsetzen. Die Umweltbank beschränkt sich auf 37 Aktien, die sie Anlegern anbietet, hauptsächlich Solar-, Windkraft- und Biogas-Firmen.

GLS Bank

Kritiker des globalen Bankensystems lieben die GLS Bank. Das Unternehmen gilt als Beweis, dass unkonventionelles Banking funktionieren kann: 1974 in Bochum gegründet, hat es in diesem Jahr die Grenze von 100.000 Kunden überschritten. Das Bilanzvolumen ist allein 2010 um mehr als ein Drittel gestiegen.

Sonnenenergie GLS Bank Ethikbanken Regenerative Energien

Herstellung von Solarzellen: Die GLS Bank verspricht saubere Investments.

(Foto: dpa)

Investiert wird wie bei der Umweltbank nach Positiv- und Negativkriterien. Die Kategorien sind breit gehalten und gehen über ökologische Vorstellungen hinaus. Energieeffizienz und erneuerbare Energien stehen auf der Positivliste, aber auch "entwicklungspolitische Ziele" oder "soziales Engagement" - und: "anthroposophische Medizin, Homöopathie, Pflanzen- und Naturheilkunde". Diese Tradition geht auf die Gründergeneration der Bank zurück, die aus dem anthroposophischen Milieu der siebziger Jahre kam. Deshalb gingen die ersten Kredite auch an Rudolf-Steiner-Schulen und Demeter-Höfe.

Ausgeschlossen sind Unternehmen, die Kinder für sich arbeiten lassen, "kontroverses Umweltverhalten" oder "kontroverse Wirtschaftspraktiken" an den Tag legen. Das Geldhaus legt auch andere ethische Kriterien an Investments an. Bei der GLS Bank sind Investitionen in Rüstung, Pornographie oder Tierversuche verboten.

Heute vergibt die Bank unter anderem die 100 Millionen Euro aus dem Mikrokreditfonds Deutschland. Das Konzept wurde ursprünglich von dem Ökonomen Mohammed Yunus in der Dritten Welt zur Armutsbekämpfung verbreitet. Seit 2010 soll es auch hierzulande Kleinunternehmer unterstützen. Wegen ihrer Erfahrung mit Entwicklungskrediten darf die GLS das Geld verteilen.

Während der Finanzkrise flüchteten immer mehr Kunden von den großen Instituten zu den Ökobanken, die Anzahl der Kontoabschlüsse dort vervielfachte sich.

Islamisches Banking

So sehen klare Ansagen aus: Jene, die wiederholt gegen das Zinsverbot verstoßen, werden "Insassen des Höllenfeuers sein und darin weilen". So steht es zumindest in Vers 275 der zweiten Sure des Koran. Gläubigen Muslimen gilt es als verboten, für verliehenes Geld einen festen Zinssatz zu verlangen. In der muslimischen Welt spielt islamisches Banking eine immer größere Rolle.

Islamic Banking Finance

Trader in der Saudi Investment Bank in Riad: Finanzgeschäfte im Einklang mit den Vorschriften des Koran bringen meist nicht die hohe Rendite von konventionellen Investments, sind aber dennoch ein globaler Wachstumsmarkt.

(Foto: Fahad Shadeed/Reuters)

Grundsatz ist neben dem Zinsverbot (auf arabisch riba) auch, maysir (Zockerei) zu vermeiden. Außerdem muss das Risiko zwischen beiden Seiten aufgeteilt werden. So soll gharar verhindert werden - das einseitige Wagnis, das Kreditnehmer beziehungsweise Versicherte bei konventionellen Krediten und Anlagen eingehen.

Für ihre Finanzprodukte müssen sich islamische Finanzmanager einige Umwege einfallen lassen, um sie schariakonform zu machen: Banken zahlen auf Giro- oder Sparkonten keine Zinsen. Allerdings können sie Kunden ein Geldgeschenk machen - was praktisch einem Ertrag auf das angelegte Geld entspricht. Oder Kunden werden gleich Teilhaber an der Bank und am Gewinn beteiligt. Für Investitionen in sukuk - islamische Fonds - erhalten Anleger keinen Zins, sondern zum Beispiel Mieteinnahmen aus den Immobilien des Fonds.

Die aufwändigen Konstruktionen, mit denen Zinsen, aber auch Investitionen in Alkohol oder Schweinefleisch, vermieden werden sollen, verteuern die Anlagen allerdings. Die Renditen sind im Schnitt geringer als bei konventionellen Geldanlagen.

Selbst die Deutsche Bank bietet im großen Stil islamische Finanzprodukte an, allerdings nur für Großkunden wie arabische Konzerne oder Staatsfonds. Für Privatkunden gibt es in Deutschland nur sehr wenige Angebote.

Christliche Banken

Auch das Christentum hat seine eigenen Banken, zum Beispiel die Steyler Bank. Sie wurde 1964 vom katholischen Orden der Steyler Missionare gegründet. Ihren Sitz hat sie im nordrhein-westfälischen Sankt Augustin. Grundsätze sind christliche Ethik und Ökologie: Waffenproduktion, Tierversuche, Umweltverschmutzung oder Atomenergie sind Ausschlusskriterien bei Investitionen für die Kunden.

Steyler-Bank in Sankt Augustin Christliche Bank

Zentrale der Steyler-Bank im nordrhein-westfälischen Sankt Augustin: Waffen, Tierversuche und Abtreibungen als Ausschlusskriterien, wenn die christlichen Banker das Geld ihrer Kunden anlegen.

(Foto: Steyler-Bank)

Wer hier investiert, sollte sich bewusst sein, dass sich daneben auch kontroversere katholische Wertvorstellungen in der roten Liste niederschlagen. Die Bank schließt Investitionen in Unternehmen aus, die Abtreibung, Embryonenforschung oder Pornographie unterstützen. In Tabak wird nicht investiert, in Alkohol auch nicht. Davon sind aber - in guter christlicher Tradition - Bier und Wein ausgenommen.

Die Steyler Bank ist Mitglied im Bankenzirkel CashPool. Ihre Kunden können auch an den Automaten konventioneller Partner wie Santander oder Sparda-Bank kostenlos abheben.

Der Fall eines anderen christlichen Geldhauses zeigt, dass die vorgeblich ethisch einwandfreien Banken nicht immer volle Übersicht über ihre Investitionen haben. Die Pax Bank, deren Kunden vor allem Angestellte und Unternehmen der katholischen Kirche sind, musste 2009 kleinlaut zugeben, in den umstrittenen britischen Rüstungskonzern BAE und das Pharmaunternehmen Wyeth investiert zu haben. Wyeth stellt unter anderem Anti-Baby-Pillen und Kondome her. Die Bank entledigte sich darafhin ihrer Papiere der beiden Unternehmen - und das reine Gewissen war wiederhergestellt.

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