Erneuerbare Energien:Weniger Geld, mehr Öko

Solarpanele boomen. Das ist aus ökologischer Sicht zwar gut, aber die Förderung der Sonnenergie kostet damit immer mehr. Paradox: Wird der Zuschuss nicht gekürzt, implodiert das System.

Michael Bauchmüller

Die Attacke gegen den Ökostrom ist in vollem Gange. Vor nicht allzu langer Zeit priesen selbst die großen Stromkonzerne noch die Vorzüge erneuerbarer Energien. Seit sie aber die Kernkraft zur Brückentechnologie umwidmen konnten, die angeblich dem erneuerbaren Strom zum Durchbruch verhelfen soll, wird der Ton rauer.

Montage einer Solaranlage

Die Zukunft des Ökostroms in Deutschland ist plötzlich gar nicht mehr sicher.

(Foto: dpa)

Mehr oder weniger verhohlen blasen sie zum Angriff auf die Ökostrom-Förderung. Mal geißeln sie die Belastung der Stromkunden, mal fordern sie, wie jüngst Eon-Chef Johannes Teyssen, ein neues, EU-weites System der Förderung. Die Zukunft des Ökostroms in Deutschland ist plötzlich gar nicht mehr sicher.

Tatsächlich liefert das System Grund zur Kritik - aber nur seines immensen Erfolges wegen. Bisher gibt es für Strom aus Wind, Sonne und Wasser fixe Preise. Er kostet mehr als anderer Strom, der Kunde bezahlt dies per Umlage. Wer Ökostrom erzeugt, kann seine Erlöse damit fest kalkulieren. Das System ist so reizvoll, dass es auch bei privaten Bauherren einen Boom ausgelöst hat.

Massenhaft pflasterten sie ihre Dächer mit Solarmodulen. Die Folge: Die Förderung wächst den Deutschen über den Kopf. Mehr als 13 Milliarden Euro dürften in diesem Jahr umgelegt werden, die Hälfte davon für Solarenergie. Das erhöht den Strompreis - und lässt sich zunehmend schwer vertreten, vor allem gegenüber Bedürftigen. Das System droht zu implodieren. Selbst der günstige Windstrom geriete dann in Mitleidenschaft.

Nicht anders sähe das bei einem neuen, EU-weiten Fördersystem aus, wie es auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger vorschwebt. Die bisherigen Garantiepreise würden hier einem komplizierten Quotensystem weichen. Damit aber ließen sich die Erlöse vieler Projekte kaum mehr kalkulieren, sie würden gar nicht erst finanziert werden. In Deutschland, wo Mittelständler, Stadtwerke oder Private den Ausbau der Öko-Energie stemmen, stünden viele Pläne zur Disposition. Der Umbau des Strommarktes, wie ihn auch das schwarz-gelbe Energiekonzept anstrebt, würde viel schwerer.

Für Deutschland wäre das fatal. Kein anderes großes Industrieland der Welt ist auf dem Weg zu einer umweltschonenden Energieversorgung so weit gekommen wie dieses. Mehr noch: Die Ökoenergien sind derzeit die einzige Perspektive für mehr Wettbewerb in der Stromerzeugung. Weil sich Eon, RWE und Co. beim Ausbau der erneuerbaren Energien hierzulande bisher zurückhalten, entstehen neue Windparks und Solaranlagen vor allem in Regie der kleineren Konkurrenz.

Ein größerer Plan

Die Attacken gegen den Ökostrom folgen daher einem größeren Plan: Käme der Ausbau zum Erliegen, wäre auch die Marktmacht der vier Stromkonzerne abgesichert. Dann dominierten sie weiter den Markt mit Kohle- und Atomstrom.

Paradoxerweise kann der Ökostrom sich nur behaupten, wenn die Förderung sinkt. Andernfalls würde vor allem die Solarenergie die Strompreise weiter steigen lassen; Eigenheimbesitzer mit Solardach bereicherten sich so auf Kosten von Mietern. Ähnliche Probleme ziehen bei der Biomasse auf. Auch hier sorgt die Förderung für einen Boom: Landwirte bauen im großen Stil nachwachsende Rohstoffe an, um daraus Strom zu erzeugen. Nur verteuert das vielerorts die Pachten, ergo steigen die Lebensmittelpreise. Der Anreiz lenkt zum unerwünschten Ziel.

Im Interesse künftiger Generationen führt am Ausbau der erneuerbaren Energien kein Weg vorbei. Nur damit lässt sich auf Dauer Strom, Wärme und Mobilität so bereitstellen, dass es weder dem Klima schadet, noch die Ausbeutung der globalen Ressourcen voraussetzt. Ob Deutschland als Modell für andere taugt, wird sich aber jetzt erst entscheiden: Ist dieses Land auch in der Lage, die Förderung so zu reformieren, dass sie den Ausbau nicht abwürgt, gleichzeitig aber einen Ausgleich findet zwischen den Interessen der Konsumenten und einer stärker werdenden Ökostrom-Lobby? Das wäre dann wirklich vorbildlich.

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